Die Entdeckung Puerto Américas

Huelva

The current situation

Portimão

Vila Real Do Santo Antonio

Man muss das Festland feiern wie es fällt.

Steuern zum Zeitvertreib

Rückblick aufs Festland:

Sagres (nicht der westlichste Punkt von Festlandeuropa)

Überfahren leicht gemacht

Nach vier Tagen auf See:

Schlafen zum Zeitvertreib

Nach einer Woche auf See:

Land in Sicht

Annehmlichkeiten für Landratten

Adeus Açores

So machen Robert und ich uns Anfang Juli auf den Weg nach Santa Maria, wobei wir beim Flug vielleicht ein bis zwei Mal auf den Ozean schauen und denken: Puh – ganz schön viel blau und weit da unten.

Am Abend vor dem Ablegen gibt es noch Referate zum Sundowner – damit wir auch ein Minenräumungsboot zweifelsfrei identifizieren können – und zentrale Fragen zum Stuhlgang an Bord werden detailliert besprochen. Stichworte: Drüberleger & Streichresultat (Details überlassen wir der Fantasie).

Santa Maria: Insel die aus Träumen geboren

ich hab dort mein iPhone verloren …

Marina Vila do Porto

Nach dem letzten Anlegerschluck des Jahres – den Seekranken unter uns geht es zum Glück wieder blendend – mutet uns die Insel mit dem kleinen Ort bei einer abendlichen Erkundungstour karibisch an. Ein gutes Beispiel dafür ist der Shack, bei dem wir uns um 21:30 Uhr noch Fast Food reinstopfen oder der wilde Hund, der uns beim Wandern attackiert. Zum Glück war er gar nicht wild, sondern angekettet, aber wir sind ja hier auch nicht in der Karibik. Dadurch ist es auch möglich, innerhalb von nur 12 Stunden das versunkene iPhone zu ersetzen.

Poço da Pedreira

Roland bricht am nächsten Tag zu einem Spaziergang auf, von dem er – wie nicht anders zu erwarten – erst kurz vor Sonnenuntergang zerzaust, ohne Schuhe, mit abenteuerlichen Erzählungen und schönen Fotos zurückkehrt.

Leuchtturm Farol de Gonçalo Velho & Aveiro, der höchster Wasserfall Portugals

Wir mieten uns einen Dacia Sandero, der uns in den nächsten Tagen mehrmals kreuz und quer über die Insel bringt. Am Ende können wir behaupten, jede einzelne Straße und jeden Feldweg von Santa Maria zu kennen. Wir besuchen Miradouros, Wasserfälle, Praias mit oder ohne Piscina Naturais, Leuchttürme, Felswände und Lehmfelder in den knalligsten Farben und Strukturen.

Barreiro da Faneca

Beim Rundwanderweg um den Vulkan Pico Alto bringt uns Reiseführer Roland seltener als erwartet in Lebensgefahr.

Pico Alto

Wieder Ponta Delgada

Wir verabschieden uns für diese Segelsaison wieder mit brandheißen News zu den Bierpreisen. Wir haben nämlich das teuerste Bier der Azoren entdeckt – ein kleines Especial für € 5 in der Bar des Parque Terra Nostra, für dessen Eintritt man bereits € 16 Eintritt hinlegt. Das ist immerhin der fünffache Preis im Vergleich zu den meisten besuchten Hafenkneipen. In diesem Sinne bis nächstes Jahr, wo wir den Plan haben, mit Mêlée wieder europäisches Festland zu erreichen. 

Pico: Pico Pico Pico Pico

Die kurze und auch kurzweilige Überfahrt von Faial nach Pico verbringen wir halb attraktiv segelnd, halb tuckernd mit frisch serviciertem Motor. Die Marina Lajes do Pico (ausgesprochen etwa Laschesch) erweist sich als zweischneidige Pico: Wir legen bei Hochwasser an dem instabilsten Schwimmsteg an, mit dem Mêlée jemals die Ehre hatte – die stegseitigen Klampen drohen auszureißen, alles quietscht und kracht. 6 Stunde später bei Niederwasser: Zuvor versteckte Steine und Stege steigen aus den Tiefen empor und bilden einen natürlichen Wellenbrecher gegen den heranrollenden Schwell.

Marina Laschesch do Pico, Pico

Nachdem wir am nächsten Tag an einen weiter innen liegenden Liegeplatz am Päckchen bei einem Bastlertraum von einem Boot wechseln, beschränkt sich die Hochwasserphase auf ein leichtes Wippen.

Ort Laschesch do Pico, Pico

Die Insel Pico erforschen wir per Bus. Da der Berg Pico, der namensgebende Vulkan der Insel und höchste Berg Portugals, zum einen eine hohe Wanderbereitschaft voraussetzt und zum anderen wolkenverhangen ist, verzichten wir auf dieses Spektakel. Mit den drei Buslinien können wir aber den Großteil der Insel Pico komfortabel in kurzer Zeit in Angriff nehmen. Laschesch ist klein, hübsch und einladend, Madalena hauptsächlich ein Fährdock.

Der Umstiegsort Piedade versprüht Südstaatencharme mit Harleylärm, zahnlosen Alten auf Mobility Scootern und übergewichtigen Truckern. Die USPs der Insel Pico sind Walfang und Weinbau – wir besuchen die jeweils themenbezogenen Museen und fassen unsere Erkenntnisse hier kurz zusammen (Wahrheitsgehalt annähernd 90 %):

Weinanbau:

Einst lebten auf Faial die Reichen. Diese besaßen auf Pico, der benachbarten Proleteninsel, ihre Sommersitze und Weingüter. Während die Topographie sich auf der Insel Pico zwar hervorragend für Weinanbau eignete, mangelte es leider an Erde und so brachten die Reichen den Boden einfach von Faial mit. Mit lokalem Lavagestein wurden sonnendurchlässige und äußerst komplizierte Labyrinthmauern errichtet – immer nach einem bestimmten System: Eine x Meter hohe Außenmauer, kleinere y-förmige Bereiche die wiederum durch z kleinere Muster untergliedert werden.

Darin werden bis heute – sie nennen es Weinstöcke – angepflanzt. Wir würden es eher als Weinpflänzchen bezeichnen. So entsteht der einmalige Pico-Wein mit Vulkangeschmack, der dann auf kleinen Schiffen nach Faial und von dort mit großen Schiffen in die ganze Welt transportiert wurde und wird.

Weinmuseum Madalena, Pico (nicht so traurig wie es klingt)

Walfang:

Der Walfang war auf der Proleteninsel Pico für lange Zeit ein überlebenswichtiger Zuverdienst vieler Familien. Strategisch platzierte Aussichtspunkte in den Bergen wurden genutzt, um die Waljäger auf die Spur vorbeiziehender Pottwalfamilien zu lotsen. Das System erinnert an die freiwillige Feuerwehr. Wurde ein Wal gesichtet, ertönte die Sirene und alle Whaler – vom Bürgermeister bis zum Tormann des örtlichen Fußballvereins – liefen zum Hafen und bestiegen die Boote.

Gejagt wurde auf Ruderbooten mit Gaffelsegel, bewaffnet mit Harpune und Lanzen. Nach teils stundenlangem Kampf wurde ein erlegter Wal schließlich an Land geschleppt, zerlegt und für den weiteren Gebrauch fertig gemacht. Obwohl dieses Prozedur nicht mit der kommerziellen, artengefährdenden Walfangindustrie zu vergleichen ist, fand es aufgrund der internationalen Abkommen 1987 ein Ende. Was bleibt, sind die riesigen Pottwalrampen – wir hielten sie für überdimensionierte Bootslipanlagen – in sämtlichen Häfen, und die jährlichen Regatten mit den originalen, liebevoll gepflegten Booten im Rahmen des Walfangfestivals. Und nicht zuletzt werden die Aussichtspunkte in den Bergen heutzutage genutzt, um Wale für die whalewatchenden Touristen zu erspähen.

Walfangmuseum Lajes do Pico, Pico (so traurig wie es klingt)

Unseren Erlebnissen auf Pico folgt eine starkwindige, schlechtwinkelige und schaukelige Nachtfahrt nach…. Saõ Miguel! Da sind wir wieder. Zermürbt insbesondere von den letzten 10 Stunden unter Motor, durchgehend stampfend mit zu hoher Drehzahl. Unsere neuen Segel sind mit über drei Wochen Verspätung immer noch nicht da. Den Anfang August nach Faial bestellten Ofen lassen wir umleiten nach Santa Maria. Was in zwei Wochen nicht möglich ist (wenn auch versprochen) klappt ja vielleicht innerhalb der nächsten 10 Monate. Pakete auf die Azoren zu schicken ist eine ganz besondere Herausforderung.

In dieser Stimmungslage erwartet uns zum Glück bereits am Empfangssteg ein freundliches Gesicht in Form von Roland. Nach dem obligatorischen Begrüßungs-Peter’s Gin Tonic, einem Pizzadinner und einer kurzen Nacht geht es gleich am nächsten Morgen direkt weiter Richtung Santa Maria, auf das wir uns schon besonders freuen.

Unsere derzeitige Etappe ist pure Wiedergutmachung. Konstanter Halbwind bereits seit mehreren Stunden mit einem selten dagewesenen Phänomen: Die Welle kommt aus der selben Richtung wie der Wind! Roland ist leider nicht ganz so fresh und schläft in Lee. Ich muss mich mit der Luvseite begnügen. Da kommt gerade eine ungünstig getimte Welle und mein iPhone geht über Bo-.,+ü –

Faial: Rückkehr mit Stil

Die Überfahrt nach Horta auf der Insel Faial ist wie erhofft kurzweilig und macht Spaß. Halbwindsegeln, gegen Ende richtig schnell dank Strömung. Eine Schildkröte grüßt uns unterwegs.

Das Einfahren in den Hafen fühlt sich diesmal etwas weniger aufregend an als beim letzten Mal, als wir 1.800 sm und 18 Tage auf See hinter uns hatten. Sentimentale Gefühle kommen trotzdem auf, als wir das Peter Cafe Sport schon von der Mole aus sehen. Wir freuen uns, dass wir nach dem Check-In den geschütztesten Platz der ganzen Marina ergattern, zwischen zwei Päckchenliegern an der Mole. Bei Niedrigwasser ist etwas klettern erforderlich.

An der altbekannten Mole von Horta

Unter diesen erfreulichen Voraussetzungen schaffen wir es sogleich, alle leckenden Stellen an Bord – das betrifft Diesel und Frischwasser – zu finden und zu reparieren. Als Lerneffekt nehmen wir mit, dass man als Druckausgleichsbehälter für das Frischwassersystem an Bord etwas mehr als € 15 im Campingbedarfsladen ausgeben sollte – am Besten aber gar nichts, weil dieser bei unserer Wasserpumpe gar nicht erforderlich ist. Und weil wir jedenfalls ein paar Tage hier liegen werden, gönnen wir auch unserem Flautenschieber ein Service, das ohnehin fällig war.

Unsere nächsten Tauchgänge sind auch fällig. Das legendäre Offshoretauchen mit Blauhaien schaffen wir leider nicht, dafür erkunden wir zwei Tauchspots im maritimen Schutzgebiet gleich ums Eck. Bemerkenswert ist insbesondere der zweite rund um einen spektakulären Unterwasservulkankrater. Wir sehen den drittgrößten Grouper des Atlantiks, Muränen, Oktopusse und ein paar schnucklige, gar nicht gruselige Barracudas.

Bisher haben wir von der Insel Faial, die doch fast 20 km lang ist, nur die Hafenregion von Horta gesehen. Das soll sich jetzt ändern! Wir mieten zwei lahme, aber doch spaßige Elektroroller und fahren erstmal die Serpentinen hinauf auf den Caldeira, den zentral gelegenen und spektakulären Überwasservulkankrater.

Wir erleben die typischen drei bis sieben azorischen Jahreszeiten, während wir den 8 km langen Rundwanderweg entlang des Kraterkamms erklimmen. Der Einblick in den Riesenkrater auf der einen und der Ausblick auf die Nachbarinseln auf der anderen Seite ist beeindruckend.

Vulkankrater Caldeira

São Jorge: Eine Kuh macht Muh, viele Kühe machen Käse

Die 42 sm lange Überfahrt von Terceira nach Saõ Jorge ist ziemlicher Kuhmist. Die angesagten – im Normalfall segelbaren – 7 bis 9 kn Wind reichen bei der vorherrschenden Kreuzsee einfach nicht aus, um Segel und Baum stabil zu halten. So motoren wir wieder einmal schaukelnd den Großteil der Strecke. Nach Erreichen der Ostspitze der 30 sm langen Insel Saõ Jorge erfasst uns eine bis zu 2,5 kn starke Gegenströmung und das Erreichen des Zielorts Velas verzögert sich. Die Kulisse, die uns geboten wird, ist allerdings beeindruckend. Aus den über und über grünen Felswänden entspringen Wasserfälle, die sich dramatisch in den Atlantik ergießen. Dazwischen kleine Fischerdörfchen wie Calheta.

Bei unserer Ankunft freuen wir uns auf José, den laut mehrerer Quellen vermutlich freundlichsten Hafenmeister der Welt. Tatsächlich empfängt uns aber nur Daniel, der vermutlich freundlichste Hafenmeisterpraktikant der Welt.

Beim Frühstück am Hauptplatz und vom Miradour des botanischen Gartens zeigt sich, sowohl der Ort Velas als auch die Marina sind klein, ruhig und beschaulich. Zumindest bis 21:18 Uhr. Denn um 21:18 Uhr fallen die Sepiasturmtaucher ein. Diese Vögel verbringen den Tag auf See und kommen abends zu ihren Jungen nach Hause, um ihnen stundenlang lautstark und einzigartig kreischend von ihren Erlebnissen zu erzählen. Mit einem Bestand von 500.000 Paaren auf den Azoren übertreffen sie die menschliche Bevölkerung um das Vierfache.

Velas, Hauptstadt des Käse

Mit einem gemieteten Opel Corsa erkunden wir die lange, schmale Insel. Neben den drei größeren Orten auf Saõ Jorge leben mehrere Menschen in sogenannten Fajãs – kleinen, oft schwer zugänglichen Siedlungen mit USPs. Zwei dieser Orte besuchen wir zunächst, wobei wir das Fajã dos Cubres über Serpentinenstraßen mit dem Auto erreichen können, von wo aus wir dann zum zweiten – Fajã da Caldera Santo Cristo – 4 km wandern. Hier angekommen finden wir uns in einer anderen Welt wieder – eine Lagune mit sanften grünen Hügeln, etwa 20 kleine Häuschen und eine Taverne bietet das malerische Surferparadies, das zwischen Felswänden und Atlantikküste versteckt liegt. Außer zu Fuß kann und darf der Ort nur per Quad aufgesucht werden. Soviel zur schwierigen Zugänglichkeit – das USP hier, neben dem Surfen, sind die speziell gezüchteten Muscheln, die um € 7 das Stück in der Taverne verzehrt werden können. Wir bestellen Käse und Cheeseburger.

Fajã dos Cubres bis Fajã da Caldera Santo Cristo

Nach der hügeligen Rückwanderung in der Mittagshitze kommen uns die beiden nächsten Ziele zur Abkühlung gelegen: Zuerst plantschen wir im Fajã Ouvidor in einem weiteren Naturpool, dann fahren wir zum Start des Wanderwegs auf den Pico da Esperança auf rund 1.000 m Seehöhe und bestaunen dort einen ähnlich beeindruckenden Ausblick wie zuletzt am Soufflé in Guadeloupe.

Fajã Ouvidor & Pico da Esperança

Parque Florestal das Sete Fontes & Farol dos Rosais

Terceira: Vamos a la Praia (da Vitoria) 

Von allen Azoreninseln ist Terceira auch eine. Wobei – unrecht tun wollen wir ihr dann auch nicht: Sie ist unter den neun Inseln jene mit der längsten Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung. 

Sehenswert ist der Hauptort Angra do Heroísmo. Mit seinen pastellbunten Häusern und steilen Pflasterstraßen wird die Bucht der Heldenhaftigkeit auch als Klein-Lissabon bezeichnet. Als älteste Stadt der Azoren gilt sie als UNESCO Weltkulturerbe. Die drei imposanten Kirchen in rosa, blau und gelb bimmeln stündlich um die Wette.

Eine besondere Landmarke im Süden der Insel ist der an die Hauptstadt angrenzende Monte Brasil, den wir mit all seinen Wanderwegen, Miradouren, Katzenkolonien und Weißwedelhirschen erkunden.

Monte Brasil

Es darf auch wieder getaucht werden! In Gehweite der Marina schlüpfen wir ins Equipment und düsen mit dem RIB los um auch die Unterseite des Monte Brasil zu begutachten. Wir sehen Adlerrochen vorbeifliegen, entdecken den zweitgrößten Stachelrochen des Atlantiks und entkommen handzahmen Oktopussen gerade so aus ihren Gärten. Der zweite Tauchgang führt uns auf die Ilhéus das Cabras, auch genannt Split Rock, wo wir eine Höhle erforschen und einige wirklich dicke Grouper mit unseren Taschenlampen belästigen.

Das Busnetz auf Terceira ist nett gemeint, aber unintuitiv und touristenfeindlich. Rund 30 Minuten warten wir vor dem Eingang des botanischen Gartens auf den Bus, bevor wir die Hoffnung auf letzteren aufgeben und stattdessen ersteren betreten. Die bunte Parkanlage führt durch Blumenbeete und über Flüsschen zu einem Obelisken mit Miradour.

Jardim Duque da Terceira

Piscinas Naturaia Biscoitos

São Miguel: Ey Mann, wo is’ mein Segel? 

Unser lang ersehnter Azorentörn ist endlich da! Vulkanbeobachtungen, Walbegegnungen, Weinverkostungen und ein bisschen Segeln stehen am Programm. Nach einer kurzen Nacht im Flughafenhotel Lissabon erreichen wir die Marina Ponta Delgada verschwitzt am späten Vormittag. Bereits jetzt wird uns klar – die angekündigten 25°C gehen sich nicht aus. Sämtliche Wetterberichte beziehen sich wohl auf die dauerhaft nebelvergangenen Inselmitten mit ihren Vulkankratern und üppigem Grün. An der Küste zeigt das Thermometer 32°C – Sommerurlaub.

Die ersten beiden Tage unseres atlantischen Urlaubs nutzen wir damit, Mêlée technisch und reinlich auf Vordermann zu bringen. Diesel tropft, Wasser tropft und Bernhard erklärt unsere marode Gasanlage nach akustischer Inspektion für sicher. Alles normal. 

Als wir zu Mittag einen großen Salat um € 6,50 bestellen wollen und uns die Kellnerin mit aufgerissenen Augen erklärt, dass das eine Portion für 10 Personen sei, merken wir wieder einmal direkt, wie günstig die Azoren doch sind. Bei einem Besuch der nahegelegenen Ananasplantage mit Besichtigung der Gewächshäuser inklusive Verzehr von Ananas-Caipirinhas und -Flambée lerne ich ein bisher verborgenes Talent von mir kennen – äußerst präzise den Reifegrad von Ananas zu bestimmen.

Nach Besuch unseres Stammlokals in Ponta Delgada begrüßt uns die Insel schon wieder mit einem Festival – Danke, danke, nur keine Umstände! Am Hauptplatz wird fröhlich hopsend ein Bierfest mit DJ zelebriert, zu Ehren der himmelwärts cruisenden Maria.

Als am nächsten Tag die Hoffnung stirbt, dass unsere neuen Segel noch geliefert werden – sie waren für Mitte Juli versprochen und sind nun offenbar am portugiesischen Festland verschollen – nutzen wir die Ausläufer des günstigen Nordostwinds und setzen unsere alten Segel Richtung Neuland. Nach acht sehr schönen Segelstunden und weiteren zehn flautebedingten, nächtlichen Motorstunden erreichen wir die Bucht vor Angra do Heroísmo auf der Insel Terceira.

Der morgendliche Geruch einer sich nähernden Insel ist auch nach nur 20 Stunden auf See etwas ganz besonderes. Noch besser wird das Ganze, wenn man auf den letzten Seemeilen von einer riesigen Delfinschule und zwei Pilotwalen begleitet wird. Die Marina selbst ist sehr schön, ruhig und unglaublich gut geschützt. Ah ja stimmt, es gibt auch Liegeplätze ohne permanentem Gezerre an den Leinen und Platschen des Hecks. Wir melden uns demnächst wieder mit Eindrücken der Insel Terceira.

Reparaturen im Regen

WAS BISHER GESCHAH: Im Juni letzten Jahres sind wir von einer einjährigen Mittelmeer- und Karibikrunde nach Europa zurückgekehrt. Genau genommen nach Ponta Delgada, der Hauptstadt der azorischen Insel Saõ Miguel, wo wir unsere Sunbeam 40 Mêlée vor 10 Monaten zurückgelassen haben. Mit Steffi & Georg und Johanna & Michi, besonders aber unserem Bootsbetreuer Thomas, hat sie in dieser Zeit dennoch ein paar Streicheleinheiten genießen dürfen. Eine willkommene Abwechslung zu dem ständigen Gezerre an Leinen und Klampen durch Schwell und abwechselndem befeuchtet werden durch Regengüsse und getrocknet werden mittels Entfeuchter. Jetzt ist es jedenfalls für uns an der Zeit, einmal selbst nachzuschauen wie es der alten Lady geht und ob sie fit für weitere kleine Abenteuer ist.

Vor unserem Flug auf die Azoren verbringen wir zwei Tage in Lissabon und erleben die portugiesische Kultur hautnah in allen Facetten. Beispielsweise wohnen wir folgendem uralten, jedoch wenig bekannten Ritual bei: Im doppelstöckigen Sightseeing-Bus werden zu romantischer Fado-Musik immer wild die Plätze gewechselt, sobald die Lichter des Tejo blinken. Ein heiteres und bizarres Schauspiel. Hier noch ein paar fotografische Impressionen vom Kurztrip nach Lissabon.

Heiter und bizarr auch das Festival Senior Santos Cristo dos Milagres, das uns bei unser Ankunft in Ponta Delgada zu später Stunde funkelnd und rhythmisch begrüßt. Zufällig erreichen wir die Azoren an ihrem hochheiligsten aller Feiertage, der fünf Wochen nach Ostern mit Paraden, Fressmeilen, Konfetti und Lichterketten gefeiert wird. Einen Ananas-Caipirinha ergattern wir zwar, leider aber um 22:30 Uhr nichts mehr zu essen. Die Menschenschlagen an den unzähligen Foodtrucks sind einfach zu lang und unsere Müdigkeit siegt.

Erst am nächsten Morgen verschlägt es uns nach einer Nacht im Hotel in die Marina, wo wir eine vorläufige Zutrittskarte erhalten, die nur bis zum nächsten Tag gültig ist (das wird weiter unten noch relevant). Am Boot zerlegen wir zunächst alles was uns in die Finger kommt. Nicht ohne Erfolg. Im Nu ist die Wasserpumpe, die uns schon seit langem durch Unzuverlässigkeit nervt, getauscht. Der kaputte Inverter und der ungenutzte Radio, der uns meist zu ungünstigen Zeitpunkten durch lautes Rauschen erschreckt hat, werden ausgebaut, wodurch wir etwas Ordnung in den Kabelsalat bringen. Die Duschbilgenpumpe und das AIS, deren Austausch/Reparatur auf unserer Liste stehen, funktionieren ohne unser Zutun wieder und Bootsbetreuer Thomas erinnert uns: Nichts reparieren, was nicht kaputt ist. Zwei funkelnagelneue Segel sind in Auftrag gegeben und Thomas wird sich in den nächsten Wochen um das Unterwasserschiff samt Seeventile und um das jährliche Motorservice kümmern. Alle weiteren Arbeiten sind Priorität B bis Z und stehen einem Urlaubstörn im Sommer nicht im Wege.

Eine Besonderheit der Maria Ponta Delgada ist die dramatische Knappheit an Zutrittskarten, die erforderlich sind, um den Steg und die Sanitärräume betreten zu können. Unsere provisorische Karte funktioniert schon nach wenigen Stunden nicht mehr. Als Lösung wird uns angeboten, in der Nacht einfach den 300 m entfernt stationierten Security zu holen, wenn wir aufs Klo müssen. Nachdem Frischwasser und WC am Boot aber noch eingewintert sind, hinterfrage ich diese Option kritisch und wir bekommen schließlich die höchstpersönliche Karte der Rezeptionistin aus dem Marinabüro bis zum nächsten Morgen geliehen. Am nächsten Tag gibt es dann eine eigene Karte für uns. Personalisiert mit Bootsnamen – Endlich! Als wir abends den Müll wegbringen blicke ich auf einmal in Bernhards weit aufgerissene Augen. Locker und lässig lässt er unsere hart erarbeitete Karte in den 5 Meter tiefen unterirdischen Glasmüllcontainer fallen. Also der Gang zum Security, um wieder auf den Steg zu gelangen, dann am nächsten Morgen der walk of shame ins Marinabüro. Eine Ersatzkarte kostet 55 €, die Kosten werden uns aber aus Kulanz (oder Mitleid oder Schuldbewusstsein?) erlassen.

Wie gehts jetzt mit Mêlée weiter? Unser Plan ist ein mehrwöchiger Urlaubstörn auf den Azoren kommenden Sommer, immerhin haben wir von den neun Azoreninseln erst zwei besucht. Mittelfristig denken wir eine Rückkehr ins Mittelmeer an. Das wird sich aber frühestens 2025 ausgehen.

Und jetzt noch zur, für viele wohl interessantesten Mitteilung: Die Bierpreise sind gestiegen. Statt 2 € für ein Krügerl gezapftes Superbock in der östlichen Hafenkneipe muss man nun schon 2,40 € hinlegen (eine Steigerung von 20% gegenüber 2023). In diesem Sinne: Saúde!

Captain’s Dinner

Unsere letzte Nacht an Bord der Mêlée sollte denkbar kurz werden. Nach drei Stunden Schlaf klettern wir noch im Dunkeln zwischen aufgestellten Pölstern, der offenen Bilge, Leinen und Springs auf den Fingersteg und sprechen unsere letzten Abschiedsworte für unbestimmte Zeit. Doch spulen wir zunächst 24 Stunden zurück:

Der erste Koffer ist mit Uschi und Pez schon am Weg nach Hause, zwei 10 kg Pakete geben wir am Vormittag in einer 1,5-stündigen Prozedur bei der Post auf und unsere beiden großen Reisetaschen sind bereits im Mietauto verstaut. Wir putzen, verstauen und vertäuen noch dies und das, als uns der Caretaker Thomas, in dessen routinierte Hände wir Mêlée für das nächste Jahr übergeben, einen kurzen Besuch abstattet. Er betreut mehrere Schiffe in der Marina, kontrolliert Leinen, Bilge, lüftet und entfeuchtet. Dank ihm parken wir am Vormittag nun auch noch ein fünftes Mal innerhalb der Marina Ponta Delgada um, um in einem möglichst geschützten Teil, hinter dem Wellenbrecher und den riesigen Tankern, untergebracht zu sein. Thomas ist zufrieden mit dem neuen Liegeplatz und nach ein paar Adjustierungen auch mit den Festmachern. 

Abends bleibt noch genug Zeit, um ein letztes Mal fein Essen zu gehen – Fisch steht am Speiseplan. Nach einem kurzen Bummel durch die Stadt entdecken wir ein schnuckeliges Restaurant und bekommen prompt den letzten freien Tisch. Wir bestellen beim freundlichen und etwas extravaganten Kellner das Highlight der Karte, den Fischeintopf für Zwei mit 30 Minuten Zubereitungszeit. Nach der Vorspeise – Oktopussalat – und fast einer ganzen Flasche azorischem Riesling, klirrt und scheppert es plötzlich und unser Kellner liegt hinter der Theke mit einer Speise am Boden, die verdächtig und köstlich nach Fisch und Meeresfrüchten riecht. Wortlos richtet er sich auf und schreitet voll besudelt aus dem Lokal. Seine zwei Kollegen kümmern sich um die wohlriechende Sauerei, bevor einer der beiden zu uns kommt, die leere Flasche Wein betrachtet und uns fragt, worauf wir eigentlich noch warten. 

Er erklärt uns schockiert, dass die Küche nichts von einem Fischeintopf weiß und deshalb noch nicht einmal begonnen hat, ihn zu kochen. Wir wollen ihn trotzdem haben, willens, nochmal 30 Minuten zu warten, und als Belohnung für unsere Hartnäckigkeit gibt es für uns noch eine Flasche Wein aufs Haus. Ob die Sauerei am Fußboden in Wirklichkeit unser Eintopf war, wird zwar negiert, doch die ganze Wahrheit werden wir wohl nie erfahren. Kurze Zeit später kommt unser wieder fein herausgeputzter Kellner zurück durch die Lokaltür, noch etwas blass, und macht sich wieder an die Arbeit, fühlt sich aber nicht mehr für uns verantwortlich. Dann kommt endlich unser großer, dampfender Topf mit fish stew, mit dreierlei Fisch, Garnelen und Muscheln und wir bereuen nichts. Recht überfressen, nach zwei Flaschen Wein und noch zwei Ananaslikören aufs Haus beginnt unsere letzte Nacht am Boot in dem Wissen, dass der Wecker für unseren Heimflug in 3 Stunden läuten wird.

Captain’s Dinner: Fischeintopf

Das macht immerhin den Abschied weniger sentimental. Frühmorgens werfen wir unser Schlüsselkarte für den Steg in die dafür vorgesehene Box, um wenige Minuten später zu bemerken, dass wir diese noch zur Ausfahrt aus dem Marinagelände brauchen. Nach kurzem Grübeln und Herumstreunen auf dem weitläufigen Areal finden wir einen schlafenden Nachtwächter, der überglücklich ist, uns um 4:30 Uhr den Schranken zu öffnen. 

Nach einem unbeschwerten, aber langen Reisetag kommen wir abends endlich zu Hause an und sind damit auch sehr ausgesöhnt und zufrieden. Beizeiten wollen wir noch ein Fazit zu unserem Auszeitjahr posten mit Zahlen, Fakten, Erfahrungen und Reisemottos. Jetzt legen wir uns aber erst mal in unserem Chaos schlafen.

São Miguel: Seen und gesehen werden

Unsere letzte Überfahrt von Faial nach São Miguel beschert uns die angenehmste Welle seit langem bei wenig Wind. Zwei Drittel der 150 sm motoren wir. Erneut schaffen wir es kurz nach Sonnenaufgang an der Zollmole unserer langfristigen Destination Ponta Delgada anzulegen. Wir bekommen einen schönen geschützten Platz im östlichen Teil der Marina. Im Laufe der nächsten Stunden und Tage werden wir noch zu insgesamt fünf Umparkmanövern gezwungen, fahren von einem Ende der Marina zum anderen und wieder zurück. Ein Platz wird uns weggeschnappt, der nächste ist zu groß, einer zu ungeschützt. Schade, dass es davon keine Luftaufnahme im Zeitraffer mit Benny-Hill-Titelmusik gibt.

Am Nachmittag kommen Uschi und Pez, die uns mit leeren Koffern beim Umzug helfen, mit dem Mietauto angerollt. Der traditionelle Begrüßungscocktail wird ersetzt durch 2 €-Krügerl im nächstbesten Beisel, wo wir zufällig auch noch köstliche Snacks bekommen. 

Mit besagtem Mietauto und besagten Begleitern machen wir am nächsten Tag einen Ausflug zu den Lagos das Sete Cidades im Westen der Insel. Wir kämpfen uns durch dichten Nebel und vermuten schon ähnlich viel zu sehen wie vom berüchtigten Soufflé auf Guadeloupe.

Wieder ein gelungenes Sightseeing

Doch siehe da – der Nebel rückt ein Stückchen höher und wir können vom Berg aus die imposanten Kraterseen in ihrem grünen Kraterbett sehen. Dann schauen wir uns dieselben Seen noch von Seenebene an und sekkieren Enten mit akkuraten Imitationen ihrer selbst.

Lagos das Sete Cidades mit Enten

Wir klappern in weiterer Folge noch die sehenswerten Plätze der West- und Südwestküste von São Miguel ab, darunter mehrere Miradoure mit Ausblick auf nebelverhangene Seen, schroffe Felsküsten, einen Leuchtturm und einen Esel. Alle Straßen sind gesäumt von Unmengen an riesigen, blau bis rosa blühenden Hortensien.

Sightseeingrunde mit Sicht

Doch noch immer steht die Kulinarik im Vordergrund unserer Zeit auf den Azoren. Hier ein Steak an der Mole, da ein Burger im Pub, dort eine Pizza im Hipsterlokal. Einmal bekommen wir zu unserem Dinner ein gratis Blueskonzert. Die Biergrößen sind ähnlich ungenormt wie in Italien. Beim Bestellen eines großen Biers bekommen wir einmal 0,2 l, als wir woanders ein kleines bestellen, bekommen wir 0,4 l. 0,3, 0,48 und 0,5 gibts auch.

Essen und packen

An den meisten unserer letzten Tage auf den Azoren sind wir damit beschäftigt, unsere sieben (oder eher tausend) Sachen in Koffer zu stopfen und Mêlée darauf vorzubereiten, auf ihrem sprichwörtlichen eigenen Kiel zu stehen. Einen halben Tag nehmen wir uns dann aber noch für einen Tauchgang und das ist gut so. Eine wichtige Erkenntnis des letzten Jahres für uns war es, sich absichtlich Zeit für Freizeit einzuteilen. Klingt blöd nach einem Auszeitjahr, aber auf einem Boot geht einem die Arbeit niemals, niemals aus. 

Wir erreichen die schnuckelige Tauchbasis bei grauem Himmel und dezentem Nieselregen. Für die sonst stressige Startphase wird hier eine Stunde anberaumt und wir fühlen uns gut und warm aufgehoben in unseren 7 mm Neoprenanzügen. Wir starten zu zehnt mit dem RIB und sind aufgeregt ob unserer ersten Rolle rückwärts vom Rand des Tauchboots in den 18°C kühlen Atlantik. Dann begegnen uns Delfine und die fröstelige Stimmung der Bootscrew wird sofort erhellt – diese Narren wissen wohl nicht, dass das eine schreckliche, stürmische Nacht bedeutet… Für den Moment freuen wir uns aber auch über unsere quietschfidelen Begleiter. Beim ersten Tauchgang stellen wir fest, dass es hier eine ebenso sehenswerte Unterwasserwelt wie in der Karibik gibt – bunte Fischlis, gigantische Barsche und Einsiedlerkrebse, Seesterne, nur der Meeresboden ist nicht ganz so bunt. Dann kehren wir zum Aufwärmen zur Basis zurück und der zweite Tauchgang, bei dem wir nur noch zu siebt unterwegs sind, zum Schiffswrack Dori ist unser liebster bisher. Ein beeindruckend erhaltenes Kriegsschiff aus dem 2. Weltkrieg, das von Schiffsschwärmen a la National Geographic bewohnt wird. Und ein Urzeitwesen: Ein mindestens 5 m langer Rochen, der sich im Sand neben dem Wrack friedlich ausruht und uns mit seinen tellergroßen Augen verfolgt. Auch für unsere Tauchguides ein noch nie dagewesenes Spektakel. 

Azorisches Abschlusstauchen

Zurück an der Oberfläche schmeckt das Dekobier, nach einer heißen Dusche, besonders gut, trotz anhaltendem Nieselregen und Nebel. Zum Abschluss werden feierlich die Schnorchel eingewintert.

Landfall in Faial

Mit den ersten Sonnenstrahlen entern wir also das weitläufige, dicht beankerte Hafenbecken von Horta auf der Insel Faial auf den Asorresch (so in etwa spricht man das aus). AM PÄCKCHEN LIEGEN wird hier großgeschrieben. Großgeschrieben wird in diesem Fall zusammengeschrieben. Zum Einklarieren legen wir uns gleich mal als Dritter längsseits auf ein türkisches Schiff – ohne Hilfe der Nachbarn, weil diese um 6:30 Uhr fairerweise noch schlafen. Nach dem Einklarieren werden wir zwei Plätze weitergeschickt und liegen dann, ebenfalls als Dritter, neben einem Katamaran – eines der letzten verbleibenden Boote der ARC-Flotte in Faial. Wenige Tage später will das innerste Boot weg, drei Boote legen ab, zwei wieder an. Noch einen Tag später legt ein Boot eines anderen Päckchens ab und ein Katamaran legt sich im Zuge dessen zu uns. Während dieser Manöver pfeifen wir fröhlich die Tetris-Melodie. Ein ständiges, buntes Hin- und Hergeschachtel. 

Einmal umfallen und wir sitzen beim wohlverdienten Bier im berühmten Peter Cafe Sport. Das Krügerl Bier ist nicht nur köstlich, sondern kostet 3,5 € und damit ein Drittel (nicht übertrieben) der letzten karibischen Biere auf den Bahamas. Ein absoluter Traum. Auch das Essen ist günstiger und besser. Nur die lokale Spezialität – Limpets – sind nicht ganz mein Fall.

Kulinarische Ergüsse

Sowohl die Landschaft als auch der Ort gefallen uns: Neben sanften, sattgrünen Hügel liegen Steilküsten, die ins Meer hinabstürzen. Von der Südküste hat man Ausblick auf die Nachbarinsel Pico mit ihrem beeindruckenden, namensgebenden Vulkan. Diesen sehen wir in allen Wetterlagen: klar, wolkenverhangen und zuletzt im dichten Nebel gar nicht. Das Wetter auf den Azoren wechselt mehrmals täglich zwischen verschiedenen Jahreszeiten hin und her. 

Horta, die größte Siedlung der Insel, ist gestaltet mit hübschen Parks, weitläufigen Plätzen und dekorativ, gepflasterten Gehsteigen. Gleich neben der Marina liegt wieder einmal ein Fort. 

Einsatz von EU-Geldern

Das gestalterische Highlight von Horta sind jedoch die Insignien tausender Boote, die in Acrylfarbe, teils mit beeindruckend schönen Gemälden, über fast 500 m mosaikartig das gesamte riesige Marinagelände zieren. In zweitägiger Arbeit hinterlassen wir auch unseren Stempel auf der Mole. Nach dem Grundieren lassen wir als Hinweis und Schutz der nassen Farbe zwei Wasserkanister und die Farben neben der frisch lackierten Fläche stehen, wie wir das bei anderen malenden Crews abgeschaut haben. In der Nacht dieses Samstag Abends stolpert jedoch leider eine feiernde Person mit ziemlich viel Schwung über Dunkelblau, wodurch ich Phase Zwei des Pinselns erst mal mit Korrekturarbeiten beginne. Der Rest der Bemalung funktioniert jedoch reibungslos und ich bin überraschenderweise ausgesprochen zufrieden mit dem Ergebnis. Wir sind gespannt, wie lang man uns sehen wird! 

Mêlée malt

Im Rahmen eines lokalen Festivals spielt eine Pianistin auf ihrem Klavier, das am Heck ihres Zweimasters mittels Spezialkonstruktion ausfahrbar montiert ist. Schon das zweite Bootskonzert das wir sehen, abgesehen von Kroaten mit Ziehharmonikas. Kleine Bier kosten 1 €.

Wir frönen den europäischen Verlockungen: Peters Gin Tonic, hervorragendes Thunfischsteak um unter 20 €, köstliche Backwaren in süß und salzig,…  Alles in allem gefällt uns die erste Azoreninsel so gut, dass wir uns fragen, warum wir eigentlich so weit weggefahren sind.

Unsere letzte Überfahrt, für vermutlich zu lange Zeit, führt uns auf die 150 sm östlich gelegene Insel São Miguel. Wir wechseln zwischen angenehmem leichtwindsegeln und motoren. Ein Abschluss, der einen das Segeln vermissen lassen kann.

Zurück nach Europa

Die Überfahrt von Bermuda auf die Azoreninsel Faial sollte am Ende 18 Tage und 16 Stunden dauern. Damit war sie für uns, obwohl 400 sm kürzer, sogar länger als die erste Atlantiküberquerung von den Kap Verden nach Grenada im November. Unsere gesamte Odyssee haben wir diesmal in einem langen Beitrag mit viel Gesuder zusammengefasst. In Teil 1 eine retrospektive Betrachtung, in Teil 2 ein tägliches Logbuch mit Emotionen frisch vom Schiff.

Rückblick

Logbuch

Rückblick

Schichtwechsel in 15 Minuten! Schiiiichtwechsel in 15 Minuuuten! schallt es vom Niedergang herab in den Salon. Als Antwort kommt ein schläfriges Grunzen. Diese Methode des Aufweckens hat sich als verlässlich herausgestellt, um pünktlich abgelöst zu werden. Es ist 03:00 Uhr, ein eisiger Wind weht, es schüttet, das Cockpit ist nass und salzig. Seit Tagen trocknet das Ölzeug nicht mehr komplett durch, was bedeutet, die Nachtschichten beginnen damit, dass man sich in kühles, feuchtes Gewand zwängt. So oder so ähnlich kämpfen wir uns durch große Teile dieser Passage.

Aber zurück zum Anfang: Wir sehen dem zweiten Startversuch nach den technischen Problemen im ersten Anlauf aus mehreren Gründen entspannter entgegen. Zum einen haben wir keinen Stress mehr, rechtzeitig zur ARC-Deadline auf den Azoren anzukommen. Das kann sich jetzt, dank vier Tagen Verspätung, gar nicht mehr ausgehen. Der Stress eines Massenstarts fällt diesmal auch weg, und am Vorabend haben wir es im Rekordtempo geschafft, die neuen Steuerseile fertig zu installieren und Mêlée wieder fahrtüchtig zu machen. Und nicht zuletzt scheint es diesmal ein besseres Wetterfenster für uns zu geben. 

Wie wir inzwischen aber wissen, gibt es im Vergleich zur Ost-West-Richtung kein perfektes Wetter. Ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen zieht über den Atlantik Richtung Osten, hunderte Seemeilen lange Fronten vor sich herschiebend. Eine passierende Front bedeutet immer schlechtes Wetter: Böigen, stürmischen Wind, Regen, Gewitter, Squalls. Ein Vermeiden ist meist nicht möglich, man kann nur versuchen, diese gut vorbereitet und möglichst kontrolliert über sich ergehen zu lassen und im besten Fall die Ausläufer zu nutzen, um schneller voranzukommen. Und dann gibt es noch das berühmte Azorenhoch, das im krassen Gegensatz dazu für tagelange Flaute sorgen und somit die Dieselvorräte gefährden kann.

Und wie haben wir das Wetter dann wirklich auf der Überfahrt erlebt? Einige Stunden zwischendurch sind die Bedingungen sonnig und angenehm, meistens fühlt es sich aber an wie der viel zitierte härteste Job Alaskas, mit durchdringender Kälte, Nässe und heulenden Winden. Wir rufen zweimal täglich Wetterupdates per Satellitentelefon ab, setzen jeweils vor dem erwarteten Aufrücken eines Tiefs, oder dem Durchzug einer Front die Sturmfock, ansonsten sind wir meist mit stark gereffter Genua und Großsegel unterwegs. In den seltenen schwachwindigen Stunden brauchen wir insgesamt 100 l Diesel – ein klassisches Azorenhoch erleben wir aber nicht. Die Nächte teilen wir ob der kalten und nassen Bedingungen in vier 2,5 h-Schichten auf.

Atlantikwetter: Grau in grau, grau mit Regen oder Regen mit Gewitter

Bei der Rationierung und Proviantierung haben wir gut kalkuliert. Bis zum Schluss – auch bei widrigen Bedingungen – gibt es täglich eine warme, frisch gekochte Mittagsmahlzeit, z.B. Milchreis, Chili, Risotto, deftiges Chorizo-Gröstl oder Mac’n‘Cheese. Das frische Gemüse reicht etwa für die Hälfte der Zeit, danach geht es an die Erdäpfel, den Kohl und an das buchstäbliche Eingemachte. Nach dem Aufessen der in Bermuda gekauften Brote backen wir drei frische Brote, die unterschiedlich gut gelingen. Kaffee kochen ist eine Höchstleistung, funktioniert aber meistens, wenn nicht gerade einer Salzwasser zum Kaffeekochen verwendet. Das funktioniert zwar auch, schmeckt aber nicht so gut. Trink- und Nutzwasser haben wir mehr als ausreichend, obwohl der Druckschalter der Wasserpumpe nach einer Woche erneut den Geist aufgibt und wir ab dann einen umständlicheren Frischwasserzugang haben. Abgesehen vom genannten Druckschalter und eines durchkorrodierten Solarpanelkabels – beides provisorisch reparabel – erleiden wir glücklicherweise keine gravierenden Schäden, insbesondere das frisch gewartete Steuersystem und der Autopilot machen einen fantastischen Job.

Hauptbeschäftigungen: Schlafen, essen & reparieren

Auf der Überfahrt besuchen und begleiten uns sieben Mal Delfine, kleine und größere Schulen, und wir sehen zwei Wale in der Ferne, inklusive zweier Sprünge. Erstaunlich für uns sind die abertausenden Quallen – Portugiesische Galeeren – die über die gesamte Strecke neben uns vorbeitreiben. Mit ihren bis zu 50 m langen Tentakeln werden sie auch floating terror genannt. Uns attackieren sie jedenfalls nicht, aber manche von den plastiksackerlartigen, blass-lila Gruselwesen kippen dramatisch um und stellen sich wieder auf, wenn wir knapp an ihnen vorbeifahren. Naja, schwimmen reizt uns bei den Temperaturen sowieso nicht. Was uns auch wieder überrascht, sind die Vögel, die uns täglich umkreisen, obwohl das nächste Land 1.000 sm entfernt ist.

Meeresbewohner der Hochsee

Am Abend von Tag 18, dem 8. Juni 2023 heißt es endlich Land in Sicht! als wir die Azoreninseln Faial und Pico vor uns aufragen sehen. Noch ein paar Meilen um das Kap herum, ab an den Zollsteg von Horta, und dann – im Sonnenaufgang – haben wir es geschafft! Hin und wieder zurück: Wir haben zwei Mal innerhalb eines Jahres zu zweit auf 40 Fuß den Atlantik überquert!

Logbuch

Tag 0

Nach einem Kuchenfrühstück packen wir unsere sieben Sachen, kaufen doch noch zwei Zwiebel und sind praktisch bereit zum Ablegen. Wäre da nicht die Zollbehörde. Bei unseren ersten drei Kontakten mit Customs & Immigration wurden wir sehr gut behandelt und zügig abgefertigt. Heute sehen wir bereits in der Früh eine Warteschlange, in der wir ab dem späten Vormittag dann selbst auch 3 Stunden verbringen. Das derzeitige Wetterfenster wollen viele nutzen und mit Vorder- und Hintermännern und -frauen tratschend meistern wir auch noch diese bürokratische Hürde. Am frühen Nachmittag werfen wir erneut die Leinen los.

Ein Schluck für Neptun: Hat er wohl nicht mitbekommen

Tag 1

Bedeckter Himmel, Welle, zügiger Am Wind Kurs. Wir kommen gut voran, die Bedingungen sind stabil, nur kämpfen wir mit Powernaps gegen die aufkommende Seekrankheit, die sich gern mal, in den ersten Tagen einer Passage, bemerkbar macht.

Tag 2

Es bleibt grau in grau, jedoch trocken. Die zweite Nacht bietet regelmäßige Wechsel in Windrichtung und -stärke, alles in allem stimmt der Kurs aber. 

Tag 3

Der Wind wird stärker, die ganze Nacht wird wie erwartet nicht schön. Wasser kommt über, Wellen krachen ohrenbetäubend gegen den Rumpf, alles scheppert und klirrt. Wir wechseln uns stündlich ab, reffen nach und nach, bis nur mehr ein kleiner Fetzen Großsegel uns gemeinsam mit der Sturmfock vorantreibt.

Sturmfock: Wenn es rau wird

Tag 4

Der ganze Spuk endet dann zum Glück früher als erwartet im Laufe des Tages und war mit einem einmaligen Aufblitzen einer 30 auf dem Windmesser auch nicht ganz so schlimm, wie vorhergesagt. Der Tag wird immer gemütlicher und wir platzieren Kleidung und Füße in den sehr vereinzelten Sonnenstrahlen zum Trocknen. 

Tag 5 – ¼ der Wegstrecke

Bei moderaten Bedingungen bemerken wir, dass unsere Solarpaneele keinen Strom mehr liefern. Der Fehler – eine gebrochene Kabelverbindung – ist rasch gefunden und behoben. Wir haben wieder Energie! Auch dank einer ruhigen Nacht und köstlichen Zucchiniburgern.

Tag 6

Der Wind dreht und bringt uns einen Raumwindkurs, später sogar einen Vorwindkurs, den wir mit Schmetterlingsbesegelung fahren. Schaukel, schaukel, schaukel, so kennen wir unsere Atlantikpassagen. Dafür sind wir flott unterwegs. Wir kämpfen mit dem Empfang von Wetterdaten. Eine unserer Lieblingsmeldungen: Failed to connect to network. Done.

Tag 7

In der Nacht erwischt uns ein Squall. Knappe 2 Stunden Platzregen und 25 kn bescheren einer von uns eine richtig ungemütliche Nachtschicht, während der andere gut schläft. Der Tag bietet uns grönländischen Nordwind.

Tag 8

Seefahrer fürchten den Sturm, mehr jedoch die Flaute – Käpt’n Blaubär. Nach einer langsamen, nur teils segelbaren Nacht folgt ein Tag gänzlich ohne Wind und wir genießen die relativ ruhige See. Zur Flautenfeier (man muss die Feste feiern wie sie fallen) gibts einen Riesentopf Chili und das erste selbstgebackene und ganz gut gelungene Brot dieser Überfahrt. 

Und endlich, endlich begrüßen wir erstmals Hochseedelfine! Eine riesige Schule begleitet uns zum Sonnenuntergang fast genau zwischen Bermuda und den Azoren. 

Tag 9 – ½ der Wegstrecke

Man plant und plant und dann kommt alles anders. Unausweichlich überrascht uns eine Front in den frühen Morgenstunden. Vor der ersten 30 auf der Windanzeige können wir noch die Sturmfock setzen und schon hüpfen wir Am Wind durch die Wellen und werden von See und Himmel nass gespritzt. In der Frage um Sturm oder Flaute: Flaute. Wir mögen lieber Flaute. 

Tag 10

Spaß macht das keinen. 

Tag 11

Ein Tag Leichtwindsegeln und Socken trocknen in der Sonne belebt die Gemüter. Zudem bekommen wir wieder erfreulichen Besuch von einer Delfinschule! Leider war das in den letzten Monaten immer ein Omen für eine stürmische Nacht. Wir werden sehen.

Trocknen

Tag 12

Es folgt eine stürmische Nacht, die in einen stürmischen Tag übergeht. Eine graue, ruppige See, die für uns eher wie das Polarmeer im Jänner aussieht als der Atlantik im Juni mit bis zu 39 kn Wind. Mittags gibts ein wärmendes Erdäpfelsüppchen im Nieselregen. 

Und wie wir so durch das graue, regengepeitschte Wasser segeln und uns fragen was Neptun noch für uns parat hält, zieht ein Gewitter auf. Die Blitze verfehlen uns und läuten fast schon das Ende dieses Horrortags ein. Ein Winddreher – und das selbe Gewitter erwischt uns zur Krönung nochmal. Dann folgt eine ruhige Nacht, in der wir im feuchten Ölzeug vor uns hinfrieren. 

Suppe wärmt Finger und Seele

Tag 13 – ¾ der Wegstrecke

Ein fast sonniger Morgen wird zu einer regenverhangenen Flaute. Wieder alles grau in grau. Am Nachmittag setzt dann aber wieder ein gut segelbarer Wind ein und wir freuen uns über kleine Dinge, wie trockene Füße, eine warme, 30-sekündige Dusche und Beans & Rice. 

Tag 14 

Bis Mittag können wir Leichtwindsegeln im Sonnenschein – am Nachmittag kämpfen wir uns wieder durch eine Gewitterwand. Delfine, Bringer des Sturms, begleiten uns im Bug. Das Radar, zum Aufspüren und Verfolgen von Squalls, ist im Dauereinsatz. Ein spannendes Phänomen ist, dass wir Blitze am Funk hören können: Melee, Melee, this is Blitz, Blitz. Over.

Tag 15

Ein Winddreher über die nächsten zwei Tage sollte uns auf unserem derzeitigen Am Wind Kurs direkt ans Ziel bringen. Es gilt: Wer fiert, verliert! (sponsored by SwdT)

Eine ruppige Welle von schräg vorn macht jede noch so kleine Handlung zum Work Out. Aber immerhin regnet es nicht. Tatsächlich sehen wir zum ersten Mal während dieser Passage mehr blau als grau. 

Tag 16

Redemption day. Großteils blauer Himmel, wärmende Sonne, moderater Wind. Wir düsen Am Wind auf einem immer besser werdenden Kurs und die letzten Wochen wirken gar nicht mehr so tragisch. Die Vögel, die uns umkreisen werden zahlreicher und langweiliger. Möwen statt Tropikvögel. 

Tag 17

Erst düsen, dann dümpeln wir endlich auf direktem Kurs zum Ziel. Angenehmes Leichtwindsegeln bei Sonnenschein. Zwei Tage Ausgleich für die letzten zwei Wochen – fair enough. 

Finales Leichtwindsegeln

Tag 18

Nach einer gemütlichen, großteils segelbaren Nacht bergen wir am Morgen die Segel endgültig und wechseln für die letzten knapp 100 sm auf die eiserne Genua. Dann sitzen wir unsere letzten Stunden ab. Um 6:30 laufen wir schließlich im Hafen von Horta ein. 

Nowhere and back again

Das Startsignal trötet, es geht los. Der Start von 30 Booten in der Bucht von Saint George’s ist der spektakulärste, den wir bisher hatten. Es geht nämlich gleich nach der Startlinie durch einen engen Kanal hinaus aufs offene Meer. Als die Boote sich hindurchzwängen, kommt eine Fähre entgegen – Planungsfehler? Naja, alles gut gegangen und bald können wir unseren ersten Kurs anlegen. Das Wetterrouting bereitet uns etwas Kopfzerbrechen, da es so aussieht, als bekämen wir an den Tagen 2-5 Gegenwind und danach hauptsächlich Flaute. 

Nicht lange später finden wir uns auch schon auf dem angemessenen letzten Platz der Flotte wieder und segeln bei sonnigem, aber kühlem Wetter auf gemächlichem Halbwindkurs. Die nächsten 12 Stunden sollten eher langweilig werden, abgesehen von hunderten Portugiesischen Galeeren, die hier wohl so etwas wie eine Plage sind. Ernsthaft mal – hoffentlich kommt keine über Bord geschwappt. In der Nacht müssen wir schließlich motoren, damit haben wir gerechnet. Wir tuckern also mittels Autopilot durch die Dunkelheit, bereits da fällt uns ein Klacken aus dem Ruderstand auf, wie wir es schon kennen, wenn die Ruderseile in der Anlage nicht ganz festgezogen sind. In den frühen Morgenstunden begegnet uns ein entspannter Buckelwal, der sich in 100 m Entfernung sonnen lässt. Und wieder zahlreiche Portugiesische Galeeren. Gruselig.

Da uns das seltsame Klackern des Ruders bei Tageslicht immer noch nervt, gehen wir der Sache auf den Grund. Mit Schrecken bemerken wir, dass das Steuerrad ohne Wirkung durchdreht, und finden sogleich auch die Ursache dafür: Ein Ruderdrahtseil ist nahe beim Quadranten gebrochen. Das kann doch nicht wahr sein. Vor 4 Monaten haben wir es in Grenada inspizieren und servicieren lassen, von einem Tausch wurde uns aufgrund seines guten Zustandes sogar abgeraten. 

Wir evaluieren die Situation. Steuern ist möglich, aber nur mit Autopilot, der vom Ruderseil unabhängig arbeitet. Sollte dieser ausfallen, und dazu neigen Autopiloten leider, bleibt uns nur noch die Notpinne als Steuermöglichkeit. Diese ist nur bei guten Bedingungen und mit viel Kraft handelbar. Wollen wir uns 3 Wochen voll und ganz auf den Autopiloten verlassen? Da wir bisher sehr langsam unterwegs waren, sind wir erst 70 sm von Bermuda entfernt und könnten auch umkehren. Eigentlich haben wir ein Ersatzruderseil für genau diesen Fall gekauft, doch auch nach zwei Stunden experimentieren gelingt es uns nicht, insbesondere in Fahrt mit dem Ruder in ständiger Bewegung, das Seil zu tauschen. Wir entscheiden uns für die Sicherheitsvariante und kehren um, Kurs Richtung Bermuda. Was für ein Rückschlag. Oder wie eine alte Seemannsweisheit (Danke Andi & Benni) besagt: Ist das Ruderseil gerissen, wird die Überfahrt beschissen. 

Immerhin mögen wir Bermuda sehr gern und es besteht Hoffnung, dass sich das Problem mit richtigem Werkzeug und einem Fachmann recht schnell lösen lässt. Eine Pizza ist hoffentlich auch drin. Wir starten also frohen Mutes unseren Rückweg, als die erwartete Kaltfront aufzieht. Wir haben nun eindeutig den besseren Kurs als die restliche Flotte, die gegen Welle und 25 kn ankämpfen muss. Eine ungemütliche, eisigkalte und finstere Nacht, die mit einer Brecherwelle, die uns um annähernd 90° krängt, ihren Tiefpunkt erreicht. In dieser Welle verlieren wir unsere bereitgelegte Notpinne (jetzt hängt alles vom Autopiloten ab!) und die gute Winschkurbel, Pia fliegt unverletzt durch den gesamten Salon und Bernhard wird über dem Auge von einer Powerbank getroffen. Das haben wir noch gebraucht. 

Etwas weniger frohen Mutes kommen wir, nach absichtlich sehr langsamer Fahrt, bei Sonnenaufgang zurück in Bermuda an, wo uns ein spektakuläres Anlegemanöver, nur zu zweit und nur mit Autopilotsteuerung glückt. 

Griselda, ein Boot unserer Gang, sowie Time Out, die wir in den Bahamas kennengelernt haben, sind noch in Bermuda und so fühlen wir uns bei der Rückkehr nicht so einsam und zurückgelassen. 

Wir bestellen eine neue, maßanagefertigte Notpinne, die innerhalb von einem Tag fertig wird. Für dieses Angebot kann man natürlich verlangen, was man will… Mit dem Ruderseil kann uns leider in der nächsten Woche niemand helfen und so machen wir uns an die Erforschung des Systems. Es ringt uns körperlich und geistig einiges ab, aber nach ein paar Stunden blicken wir durch. Mit Hilfe von Victor, einem neuen Crewmitglied von Griselda (auch eine spannende Geschichte, aber nicht unsere) gelingt uns bald der Tausch des ersten Seils. Aufgrund von Abnutzungserscheinungen am zweiten Seil wollen wir aber auf Nummer Sicher gehen. Bernhard besorgt weitere Ersatzteile in Hamilton und die lustige Bastelei geht mit Seil Nummer 2 weiter. Eine mühsame Arbeit mit emotionalen Höhen und Tiefen.

Beim gemeinsamen Abendessen mit der Crew der Griselda kommen wir zu unserer Pizza und jammern uns gegenseitig mit den unterschiedlichen Schicksalen der Zurückgebliebenen bzw. – gekehrten an. Gleichzeitig sind wir aber auch froh gerade nicht Am Wind durch eine Front segeln zu müssen. Vor uns liegt nun noch ein Tag mit viel Arbeit, denn natürlich muss punkto Tankfüllungen, Proviantisieren etc. alles nochmal wiederholt werden. Am Sonntag wollen wir gemeinsam mit Griselda und zwei weiteren zurückgebliebenem Booten der ARC Europe, einen neuen Versuch starten. Das Wetterfenster schaut etwas besser aus. Hätte alles schlimmer laufen können, die Stimmung könnte aber besser sein.

Heute gibt noch Kuchen zur Beruhigung der Gemüter und dann starten wir hoffnungsvoll Versuch Nummer Zwei.

Am Grunde des Ozeans

5:45 Uhr Tagwache, wieder einmal Freizeitstress. Meine neugewonnen Tauchskills wollen erprobt werden. Die Tauchbasis, die wir auserwählen, befindet sich am ganz ganz anderen Ende der Insel. Es dauert zwar zwei Stunden, bis wir dort sind, aber mit nur einmal Umsteigen in Hamilton ist es eine recht gemütliche Anreise. Bei der Basis angekommen wird uns mitgeteilt, dass der Tauchgang leider ins Wasser fällt (oder eben gerade nicht), weil ein Tauchguide krank ist. Nach dem Aufstehen im Morgengrauen und Rückversicherung am Vortag sind wir erst einmal niedergeschlagen. Die Gegend Dockyard, wo wir nun gestrandet sind, ist als ehemaliger royaler Umschlagplatz und heutiges Kreuzfahrtdock immerhin sehenswert. Wir spazieren zwischen 100 Jahre alter Dockinfrastruktur, die jetzt für allerhand Freizeitaktivitäten (Jetskiverleih, Restaurants, Mall,…) genutzt wird, herum. Gegen Mittag erwischen wir die zweite Fähre der Saison nach St. George’s und unser Heimweg verkürzt sich damit um 1 Stunde und 35 Minuten zum selben Preis. Außerdem, juhuuu, einmal mit 25 kn durchs Riff düsen macht auch Spaß. 

Royal Naval Dockyards

Unsere nun noch übrige Energie nutzen wir, um diverse kleine Reparaturen am Schiff abzuarbeiten, was uns effizient glückt. Am Abend findet die erste ARC-Veranstaltung statt, eine Happy Hour. Diese dauert 2,5 Stunden und das Bier ist 50 Cent günstiger (d.h. ein Seiterl Bier um 5,50$…). Trotz der Themenverfehlung eine nette Veranstaltung mit sehr gutem Fingerfoodbuffet. Wir fühlen uns gleich wieder gut eingemummelt in den Armen der ARC und erwarten mit Vorfreude die Ankunft unserer Gang der kleinen Boote, die aus Saint Martin anreisen. 

Am Rückweg zum Schiff darf dann mein Handy erleben, was uns heute verwehrt wurde – ein Tauchgang. Blub blub blub – 6 m in die nächtlichen Ankerbucht. 

Tags darauf klappt es dann endlich mit dem Tauchen. Wesentlich näher – wenn auch zu einem unerhörten Rekordpreis – finden wir eine Tauchbasis, bei der ansonsten alles ganz wunderbar klingt. Wir leisten uns den Luxus, denn Bermuda ist nur einmal im Leben! Es wird sich sehr gut um uns gekümmert und in drei Schichten Neopren mit Haube und Handschuhen sitzen wir bald am Tauchboot mit 20 Tauchbuddies. Unsere Tauchgruppe besteht dann aber nur aus uns, Guide Marlee und Farrah, der jüngsten Divemasterin der Gegend in Ausbildung. Wir ertauchen zuerst die Cristobel Colon, das mit 160 m Länge größte Wrack Bermudas – ein aufs Riff gelaufenes und posthum in tausend Teile gesprengtes Kreuzfahrtschiff. Im zweiten Tauchgang erkunden wir dann ein riesiges Riff mit mehreren Höhlen und Tunneln, die wir durchtauchen. Am Ende des halben Tages sind wir zwar durchgefroren aber höchst zufrieden mit diesen spannenden und auf gute Art fordernden Tauchgängen.

Tauchen in bermudischen Riffen

Am Abend dürfen wir eine Gombey Performance bestaunen, bei der der irgendwie gruselige, aber sehr beeindruckende und unterhaltsame Kampftanz der Insel dargeboten wird. Und Griselda, das erste Boot unserer Gang kommt an!

Event Location „Dinghi & Sports Club“

Markiert mittels Reitgewicht und Ankerboje liegt mein Handy seit nunmehr zwei Tagen am Grund der Bucht. Wir fassen uns nochmal ein Herz und schwimmen durch das eisige Wasser zur Boje. Nach mehreren Versuchen bei miserabler Sicht entdecke ich dann das schimmernde Objekt der Begierde und im nächsten Versuch erwische ich die glitschige Wasserleiche in 6 m Tiefe. Nach Frischwasserbad und einem Tag im Sack Reis muss das Projekt aber hinsichtlich der Reise nach Europa erst mal ad acta gelegt werden.

Wenige Tage vor unserer Abreise wechseln wir von unserem Ankerplatz auf die Towndocks, wo wir als drittes Boot im Päckchen liegen. Eine mehrmals tägliche, spannende Angelegenheit, zuerst über die italienische Grand Soleil 46 und dann die deutsche Hallberg-Rassy 54 (wauuu!!) zu klettern. Ein wunderbar geschützter Liegeplatz in nettem Ambiente gleich neben dem Rathaus. Am Abend findet die Siegerehrung für die Boote, die von Saint Martin nach Bermuda gesegelt sind, statt. Eine tolle Veranstaltung mit Rumverkostung und fantastischem Buffett, bei dem wir unsere Gang mit Zola dann fast vervollständigen. 

Zwei Tage vor Abreise füllen wir Diesel (in einem überraschend komplizierten Prozess) und Wasser. Leider müssen wir dann unsere Wasserpumpe, die uns seit Wochen mit Unzuverlässigkeit belästigt, kurzfristig für tot erklären. Gleichzeitig erklärt sich aber Jim von der TimeOut bereit, einen Blick auf ebendiese zu werfen. Mit Erfolg! Nach einer einstündigen Tüftel- und Puzzelsession springt sie zögerlich an und funktioniert seither wieder. Trotzdem besorgen wir am nächsten Tag noch eine Ersatzpumpe, was als Drohgebärde gegenüber unserer rezenten Pumpe genügen sollte, um sie am Laufen zu halten.

Beim gemeinschaftlichen Wetterbriefing erkennen wir, dass Wind und Wetter uns diesmal voraussichtlich nicht in die Karten spielen. Das Ziel ist jedenfalls Horta auf der Azoreninsel Faial, rund 1.800 sm entfernt. Wir rechnen mit knappen drei Wochen Fahrtdauer, verfolgen kann man unsere genaue Position dann wieder über den ARC Fleet Tracker (gratis App oder PC-Browser erforderlich). Da wir so viele Daten am Satellitentelefon übrighaben: Wir freuen uns sehr über E-Mails (bitte ohne jegliche Anhänge!) an melee@myiridium.net. 

Es gilt wieder einmal: Wir sehen (lesen, schreiben,…) uns auf der anderen Seite! Nicht ganz… aber weiter drüben als hier.

Have a bermudaful day!

🇧🇲 Steckbrief Bermuda 🇧🇲

360 Inseln & Koralleninseln, 20 davon bewohnt
Lage: etwa 1.500 km östlich von Florida
Hauptstadt: Hamilton auf Grand Bermuda Island
Amtssprache: Englisch
Währung: Bermuda Dollar (= US $)
Fläche: 53,4 km2
Einwohner: 63.800
Entdeckung: 1511
Staatsform: Britisches Überseegebiet

Die erwähnten 360 Inseln sind alle in so unmittelbarer Nähe zueinander gelegen und mittels Riff oder Brücken so verbunden, dass sich Bermuda anfühlt wie eine einzige, langgestreckte Insel, die rundherum durch ein riesiges Riff geschützt wird. Die einzige Möglichkeit den geschützten Bereich zwischen Insel und Riff zu erreichen ist eine schmale Durchfahrt ganz im Osten. St. George’s, unser Ziel, ist dann gleich die erste Anlaufstelle. 

Der erste bermudischer Vormittag, nach unserer bisher anstrengendsten Überfahrt, begrüßt uns mit Sonnenschein, Flaute und Kälte. Der erste Landgang führt uns vom Dinghidock wenige Meter in das älteste Pub der Insel. Das sagt schon etwas darüber aus, wie anders Bermuda im Vergleich zu den anderen karibischen Inseln ist. Mehrere Restaurants, Pubs und kleine Shops sammeln sich in dem höchst idyllischen Örtchen St. George’s um den dezent mit Musik beschallten und mit beschatteten Sitzgelegenheiten ausgestatteten Hauptplatz. Das Pub serviert uns große, gezapfte Bier. Zwar zu horrenden Preisen, aber immerhin keine kleinen Fläschchen. Schon beim Hinsetzen wird man nach dem Getränkewunsch gefragt – sehr europäisch anmutend. Essen auch sehr teuer, aber exquisit. 

St. George’s

Bei einem anschließenden Stadtbummel entdecken wir unter anderem eine hervorragend ausgestattete Drogerie und ein Espressomobil, wo wir jeweils zuschlagen. 

Am Montag steht die Zeit still. Zum einen zieht ein nicht ganz so tragischer, aber ungemütlicher Sturm über uns drüber, was eine Anlandung per Dinghi unnötig kompliziert machen würde, zum anderen ist Coronation Day. Als britisches Überseegebiet wird dieser hier zelebriert, was bedeutet, dass im Supermarkt Krönungstorten angeboten werden und ansonsten alles geschlossen ist. Besonders festlich begehen wir den Tag nicht, aber wir legen die Arbeit nieder, wie der König es gewollt hätte. 

Am nächsten Tag bläst der Wind immer noch stark, aber es heißt Arbeit nachholen und wir waschen Wäsche, erledigen Einkäufe und putzen. Am Abend gibts Pizza im The Wharf mit der Crew der Alma, die unser moralischer E-Mailsupport auf der Überfahrt nach Bermuda waren. 

Eine Woche vor Start der Überfahrt auf die Azoren öffnet dann das ARC-Office und wir können prompt unsere Sicherheitsinspektion erledigen. Alles safe auf der Mêlée!

Nach drei mehr oder weniger produktiven Tagen wird ausgeflogen: Unser erstes Ziel sind die Tropfsteinhöhlen ✨🧚 Fantasy Cave 🧚✨ und ✨💎 Crystal Cave 💎✨. Als Mitteleuropäer hat man schon mal Tropfsteinhöhlen gesehen, wir sind jedoch überrascht, dass diese auf einer so flachen Insel existieren. Der motivierte Tourguide ist sein Geld außerdem wert. Er erzählt uns, dass 1905 zwei Buben ihren Cricketball in einem sinkhole (zu deutsch heißt das wohl Doline oder Karsttrichter) suchten und dabei zufällig eine der beiden Höhlen entdeckten. Der nächstbeste, geschäftstüchtige Bermuderaner nutzte die Entdeckung prompt zu seinem kommerziellen Erfolg. 

Fantasy und Crystal Cave, Grotto Bay

Nach der Höhlenerforschung fahren wir mit dem Bus ein Stück weiter in die Hauptstadt Hamilton. Diese tut es uns an. Nicht nur, dass wir seit langem wieder einmal urbanes Flair erleben, fühlt sich diese Stadt für uns wie Klein-London an. Pubs, Geschäfte, ein Bankenviertel, ein Fort – bezaubernd. Besonders beeindruckt uns auch der örtliche  Businesslook, nämlich – Überraschung – Bermudashorts. Die pastellfarbenen 2,5 cm über dem Knie endenden Hosen werden wahlweise kombiniert mit Mokassins oder knielangen Strümpfen und Lederschuhen sowie Hemd und gegebenenfalls Krawatte und Sakko. Generell sind wir in der Stadt underdressed, werden aber trotzdem freundlich behandelt. Aus den Luxusbekleidungsgeschäften und zahlreichen Juwelierläden halten wir uns sicherheitshalber fern. 

Hauptstadt Hamilton

Das englische Flair sollte uns die nächsten Tage noch etwas begleiten. Bis dahin, please… have a bermudaful day!

Im Bermudadreieck

Unsere bisher anstrengendste Überfahrt bringt uns von den nördlichen Bahamas nach Bermuda mitten durch das berüchtigte Bermudadreieck. Für alle die sich schon immer gewundert haben, wo genau das liegt: Das Dreieck erstreckt sich zwischen Bermuda, Miami und Puerto Rico. Sturm, Regen, Flaute, Kälte, Mysterien – ein bisschen von allem erwartet uns. 

Unsere Route durchs Bermudadreieck

Wir verlassen also samstags nach einem letzten Sprung in den Marinapool unseren gemütlichen Liegeplatz in Marsh Harbour und werden gleich nach Ausfahrt aus dem Riff von Great Abaco Island von einer recht ungemütlichen Welle begleitet. Unser Ziel: So schnell wie möglich Richtung Osten abzuhauen, denn auf der direkten Kurslinie zieht ein Sturm nach dem anderen vorbei. Das wollen wir uns lieber ersparen.

Nach ein paar angenehmen Stunden folgt unser bisher wahrscheinlich schlechtester Tag auf See. Stündlich ziehen Gewitter über uns hinweg, jeweils begleitet von Regen, Regen, Regen und Sturmausläufern. Es kommen so viele Wellen über, dass man gar nicht weiß, ob das Cockpit gerade salzig ist, oder schon wieder mit Regenwasser gespült, oder schon wieder salzig, oder schon wieder… Nach einem Abend ohne Abendessen, dafür Seekrankheit und einem Morgen ohne Kaffee verbessert sich die Lage tagsüber nicht. Ein feuchter Sonntag, den wir mit alternierendem Schlaf nachholen unter Deck und hadern im Regen verbringen. Als Highlights zu erwähnen wäre die Sichtung mehrerer Alienwesen und UFOs. Das ist zwar für das Bermudadreieck sehr normal, nach Recherche stellt sich jedoch heraus, dass es sich einerseits um Portugiesische Galeeren handelt (hoffentlich wird keine an Bord gespült!) und andererseits um den Start einer Space X Rakete.

Nach einem weiteren Abend ohne Essen und einer weiteren anstrengenden Nacht begrüßt uns der Morgen des Montags nach 30 garstigen Stunden mit Sonnenschein. Wir lassen unser nasses Gewand, Pölster und Handtücher an der Reling, und uns selbst im Cockpit trocknen. Um das verpasste Essen nachzuholen gibt es einen Riesentopf käsige Pasta und am nächsten Tag ein deftiges Gröstl. Uns wärmend und schmausend verbringen wir zwei Tage immer noch auf einem östlichen Kurs um nachfolgenden Stürmen gleich effizient, oder noch ein bisschen großräumiger, auszuweichen zu können. Wir sind inzwischen in regem Austausch mit dem ARC Europe Boot Alma, die kurz vor dem Ziel beiliegend einen Tag auf See abwettern müssen, da der Sturm, dem wir halbwegs ausgewichen sind, gerade Bermuda unsicher macht. So gesehen haben wir ja da noch Glück gehabt mit unserem Wetterfenster! 

Wärmen zum Wochenbeginn

Am Mittwoch beschließen wir, dass wir jetzt weit genug Richtung Osten gefahren sind und nehmen direkten Kurs auf Bermuda. Gespannt warten wir auf den nächsten vorhergesagten stärkeren Wind. Dieser kommt nachts, zwingt uns zwar zu einem etwas schlechteren Kurs, aber nicht in die Knie. Tagsüber werden wir genauestens observiert von Weißschwanz-Tropikvögeln, denen wir jedoch scheinbar als Landeplatz zu suspekt erscheinen. 

Am Donnerstag setzt die Kälte ein. Wir sind flott, das Wetter ist angenehm, die Welle kommt von der Seite, was aber aufgrund unseres Halbwindkurses nicht zu störend ist. Nachts dreht der Wind Richtung Norden und es wir eisig kalt. Der Wind scheint direkt aus Neufundland zu kommen – brrr. Wir haben uns hier ja schon öfter beschwert, wenn es kalt war, aber wir sprechen jetzt von vier Schichten Gewand, Ölzeug, Haube, Schal, Handschuhe und sich im Windschatten der Sprayhood verstecken. 

Frieren am Freitag

Der konstante, aber eisige Nordwind bleibt uns bis kurz vor der Ankunft in Bermuda erhalten. Etwa 50 Meilen vor dem Ziel wird es dann flautig und wir motoren noch ein Stück – ideal zum Anlegen und Laden der Batterien. Tatsächlich müssen wir noch die gesamte Insel passieren, denn die einzige Einfahrt nach Bermuda befindet sich im Osten der Insel. Dazu mehr nächste Woche.

Nach einer aufregenden Einfahrt zwischen Riff und Insel legen wir am Samstag um 23:45 Uhr während eines Regengusses nach 8 anstrengenden Tagen auf See an der Zollmole in St. George’s an. Trotz dieser späten Stunde werden wir sehr freundlich von den Zollbeamten in Empfang genommen, Musik schallt aus dem Pub nebenan. Schnell ist alles wieder gut. Formalitäten, Ablegen, Ankern in einem letzten Regenguss, Anstoßen und dann endlich 10 Stunden durchschlafen im spiegelglatten Wasser, bei Flaute…

I think this is starting to end

Für die Ereignisse, die sich in der thematisierten Nacht in Marsh Harbour auf Great Abaco Island abspielen, fehlen mir fast die Worte, obwohl wir uns mittlerweile als geübte Blogger bezeichnen könnten. 

Leichter Südwind und Abendstimmung in der dicht beankerten Bucht – wir sind gerade fertig mit dem Abendessen. Bernhard hat uns mal wieder eine köstliche Lasagne zubereitet. Beim Wegräumen und Abwaschen beginnt es zu nieseln und wir freuen uns, dass wir uns gerade schon unter Deck eingemummelt haben. 20 Minuten später um 21:20 Uhr krängen wir. Krängen ist die Schräglage des Segelschiffs bei Halb- oder Am Windfahrt. Vor Anker passiert das üblicherweise nicht. Und doch legt es uns jetzt so schief, dass Gegenstände aus den Regalen fallen und vom Tisch rutschen. Was passiert denn hier? Ich vermute, dass wir im Sand stecken und uns eine Böe umkippen will. Dann krängen wir auf die andere Seite. Der Tiefenmesser zeigt 3,5 m – definitiv keine Grundberührung. Inzwischen Starkregen. Wir kippen wieder zurück nach backbord. Gegenstände festhaltend und einsammelnd versuchen wir selbst nicht umzufallen und herauszufinden, in welcher Lage wir uns befinden. 

Über uns zieht ein Gewittersturm, wie wir ihn noch nie erlebt haben. Dichtester Regen, dass man nicht den eigenen Bug sehen kann, Blitze und 50 kn Wind – das ist der stärkste Wind, den wir in unseren bisherigen Seglerkarrieren erlebt haben. Shit. Als Sicherheitsmaßnahme drehen wir den Motor auf, dann können wir nur hoffen, dass der Anker hält und dem Funk lauschen: Anyone dragging in Marsh Harbour? Scheinbar halten alle Anker der rund 30 Mitstreiter gegen den Sturm. Da der Wind aber die ganze Nacht über um 360° und in den ersten 20 Minuten um über 180° dreht, kommt es zu Annäherungen zwischen verschiedenen Schiffen, die sich über Funk organisieren und teils mit hoher Drehzahl in oder gegen ihre Ankerketten dampfen. Am Funkgerät vernehmen wir nach einer knappen Stunde auch den aufmunternden Funkspruch: I think, this is starting to end. Unglaublicherweise sind wir aus allem fein raus: Der Anker hält, keine Schiffe und kein Flachwasser in unserem Radius. Etwa eine Stunde fürchten wir uns unter Deck mit laufendem Motor, machen Kontrollblicke durch den dichten Regen und tracken dabei einen perfekten Kreis. 

Um bereit zu sein für weitere Ausbrüche dieser Art – das Wetterradar gibt mehrdeutige Informationen – richten wir uns zwei Kojen im Salon her und finden dann gegen Mitternacht, bei nur noch rund 20 kn Wind, Schlaf. 

Marsh Harbour, Great Abaco Island

Die restliche Nacht verläuft jedoch ruhig und der Morgen verhöhnt uns mit spiegelglattem Wasser und leichtem Südwind. Das Gefühl dieses nächtlich einsetzenden Starkwinds begleitet uns noch eine Weile.  

Am nächsten Tag sind wir aber gut beschäftigt mit Wäsche waschen, Gas füllen, Wasser um 60 $ kaufen etc. Vor unserer anstehenden 700 sm Passage nach Bermuda gönnen wir uns aber noch einen Tag Auszeit:

Im nahegelegenen Mermaid Reef, einem scheinbar künstlich angelegten Riff, treffen wir die frechsten Fische, die uns je begegnet sind. Rasch fühlen wir uns gestalkt und drehen nach einer kleinen Runde wieder um.

Mermaid Reef, Great Abaco Island

Mit Blick auf den malerischen Leuchtturm in Hope Town auf Elbow Cay verbringen wir dann einen ausgesprochen gemütlichen Abend. 

vor Hope Town, Elbow Cay

Vor der tatsächlichen Abfahrt gönnen wir uns noch eine Nacht in der Harbour View Marina wieder in Marsh Harbour, was das Befüllen diverser Tanks und Verstauen diverser Utensilien um einiges erleichtert. Zum Abschluss ein Captain’s Dinner. Leichter Südwind – unsere Zeit in der Karibik beginnt zu enden. 

Abschlussabend in der Harbour View Marina, Marsh Harbour

Nördliche Bahamas

Chillen vor Russell Island

Der neue Außenbordstinker bringt uns am nächsten Tag überraschend problemlos in die kleine, 1 sm entfernte Stadt Spanish Wells. In der ruhigen und beschaulichen Siedlung flitzen die Bewohner und Urlauber standardmäßig mit benzinbetriebenen Golf Buggys durch die Straßen. Schnell, langsam, zum Termin, Sightseeing, Gütertransport – alle Zwecke übernehmen die Buggys. Wir besuchen den sympathischen Buddha’s Snack Shack und konsumieren dort ein frittiertes Hendl, einen Ananasburger und die gesamte Wifi-Bandbreite. Lunchen macht in den Bahamas immer ein bisschen mehr Spaß als dinieren. 

Spanish Wells, Russell Island

Die letzte Nacht in dieser Gegend verbringen wir vor Egg Island, die selbst bei kreativer Interpretation in keinster Weise eiförmig ist. Die Bucht bietet keinen sehr ruhigen Liegeplatz, aber den optimalen Absprungsort zum Übersetzen in den Norden der Bahamas. Außerdem zahlt sich ein Landausflug aus, denn wieder einmal finden wir uns in wilder, zerklüfteter Mangrovenlandschaft wieder, mit kleinen Flüssen und einem großen Salzsee. Noch während wir dort herumwandern, merken wir, wie sich die Landschaft dank des Tidenhubs mehrmals täglich ändert und so entdecken wir in kleinen Wasserlöchern manche der uns bekannten Rifffische. Auf dem kurzen Weg zurück streikt der neue Motor wieder, und unsere Nachbarn schauen interessiert zu, wie wir die letzten Meter paddeln.

Egg Island

Tagwache 5:00 Uhr, denn der folgende Schlag auf die nördlichste Bahamasinsel Great Abaco Island wird gut zwölf Stunden dauern und wie überall in dieser Gegend will man aufgrund des flachen Wassers lieber nicht im Dunkeln ankommen, sondern bei noch gutem Licht und mit Eyeball Navigation den Ankerplatz erreichen. Die ersten Ankernachbarn starten bereits um 4 Uhr früh in dieselbe Richtung und den ganzen Tag überholen uns andere Segler und Motorboote mit demselben Ziel. Es wuselt auf der Route. Letztlich brauchen wir knapp 13 Stunden, von denen wir über die Hälfte gut segeln können. An unserem Planziel Little Harbour bekommen wir erstmals in den Bahamas keinen Ankerhalt, auch nicht nach drei Versuchen. Wir schaffen es aber noch vor Sonnenuntergang ins Lee der Insel Lynyard Cay, wo wir zwei Nächte verbringen. 

Lynyard Cay

Der Norden der Bahamas ist etwa anders als die Gegenden, die wir bisher besucht haben – und das waren durchaus weite Teile. Der Hauptinsel Great Abaco Island sind östlich fast durchgehend Riffe und kleinen Inseln vorgelagert. So fühlt es sich hier einerseits dank spiegelglattem Wasser und andererseits wegen der seegrasbedingten grünen Wasserfarbe an wie ein See. 

Nach einer Nacht vor Tilloo Cay segeln wir einen coolen Schlag im Zickzack zwischen Riffen und Sandbänken nach Marsh Harbour, von wo wir unsere Passage nach Bermuda starten wollen. In der großen, flachen Bucht liegen wir Seite an Seite mit zahlreichen anderen Monohulls, Katamaranen und Motortrawlern. An Land gibt es all die Infrastruktur, die wir brauchen: Wäsche, großer Supermarkt, Restaurants, Zoll – uns stehen noch ein paar organisatorische Tage bevor.

Einmal rund um Sugar Loaf Cay

Inzwischen laufen die Langfahrtvorbereitungen auf Hochtouren und wir schlichten und inventarisieren Konserven hin und her und machen erste Pläne für daheim. Nur noch zwei Monate und davon fast ein ganzes unterwegs mitten am Atlantik. 

E58 – Viel Lärm um Stinki

Starkwind, kalter Regen und ein Schwell, dass es nur so stampft, das sind unsere letzten Tage in der Marina in Nassau. Da besagter Schwell aufgrund unseres für diese Bedingungen ungünstigen Liegeplatzes die ganze Nacht ohrenbetäubend gegen den flachen Heckspiegel klatscht, übersiedeln wir für zwei Tage in die Bugkabine – eine Premiere und schön zu wissen, dass es keine Zumutung für unsere Gäste zu sein scheint. Wir verbringen viel Zeit an Land, gewöhnen uns an unsere tägliche Domino’s Pizza mit extra knusprigem Kräuter-Knoblauch-Rand und die tägliche Starbucks-Kaffee-Wifi-Kombi.

Da wir erst am nächsten Tag unsere neu befüllte Gasflasche abholen können, der Liegeplatz aber teuer und vor allem ungemütlich ist, ankern wir anschließend eine Nacht im Eastern Channel gleich vor der Marina. Es ist Freitagmorgen und wir genehmigen uns erstmals seit längerem auszuschlafen und zu entspannen. Das Highlight des verdächtig ruhigen Vormittags ist ein Amerikanischer Stechrochen, der direkt neben dem Boot aus dem Wasser springt – das können die anscheinend! 

Am Nachmittag lassen wir das Dinghi zu Wasser, um die Gasflasche abzuholen und ein paar letzte Einkäufe zu tätigen, doch unser bisher so treuer elektrischer Außenbordmotor streikt. Der Fehlermeldung E58 zufolge hat die Batterie einen ernsthaften Hardwarefehler und ist zu reparieren oder zu ersetzen… cool! Eine kurze Recherche zeigt, dass beides auf den Bahamas und insbesondere kurzfristig ein unmögliches Unterfangen ist.

noch immer Nassau

Wir wissen nicht genau, wie wir das freitags kurz vor Geschäftsschluss tatsächlich geschafft haben, aber eine knappe Stunde später stehen wir schwitzend mit einem brandneuen 3,5 PS Benzin-Zweitakt-Außenborder inklusive Sprit, einer neuen Gasflaschenfüllung und frischen Lebensmitteln an Bord der Mêlée. Noch einmal im Kanal vor Nassau ankern, das bedeutet in der Nacht aufgrund der Tidenströmung wieder die Wellen aufs Heck geklatscht bekommen. Dann heißt es wieder einmal: Nix wie weg hier! Und zwar in den Norden von Rose Island ins Snorkel Reef, das uns die Crew der Apatiki – mit der sich ein Treffen auf ein High Five im Eastern Channel beschränkt – empfohlen hat.

Das Snorkel Reef ist riesig und bietet mehrere Stunden Schnorchelspaß mit einer lebendigen Unterwasserlandschaft und den üblichen bunten Fischen. Wir genießen gleich zwei ruhige Nächte bei bestem Wetter mit Zeit für einen Strandausflug und der Gelegenheit, unser Unterwasserschiff zu reinigen. Wir schrubben und bürsten, bis der Großteil des glitschig-haarigen Bewuchses, alle Seepocken, Krabben und Muscheln entfernt sind und der Rumpf wieder kupfern glänzt – ein Knochenjob gefolgt von Muskelkater.

Snorkel Reef, Rose Island

Die nächsten beiden Wochen wollen wir zum karibischen Abschluss die nördlichen Bahamas erkunden und hoffentlich auch etwas genießen. Von Rose Island segeln wir kurzweilige sieben Stunden im Lee einer Insel- und Riffkette nach Eleuthera Island, wo wir gut geschützt ankern. Lee bedeutet in den Bahamas normalerweise trotzdem Wind, aber keine Welle. Im Verlauf des Abends beobachten wir wie rundherum dunkle Wolken aufziehen, gefolgt von Wetterleuchten und Blitzen in der Ferne. Gegen 21 Uhr zieht dann das Gewitter auch über uns drüber und es wird für kurze Zeit ruppig und regnerisch, immer begleitet von beeindruckenden Blitzen in allen Himmelsrichtungen. Auf eine dann doch ruhige Nacht folgt ein sehr ungemütlicher Morgen, da der Wind um 180° dreht. Wir flüchten in Folge weiter Richtung Norden vor die kleine Insel Russell Island, wo wir flaches, spiegelglattes Wasser vorfinden.

Current Settlement, Eleuthera Island

Als Jungfernfahrt unseres neuen Außenborders flitzen wir nach dem obligatorischen feierlichen Zündkerzenputzen in das nahe Strandrestaurant, schlürfen Cocktails und dinieren überdurchschnittlich gut, für bahamische Verhältnisse. Abgesehen von Lärm, Gestank und Benzin-Öl-Gemisch auf Haut und Haute Couture ein guter Einstand für den Motor. Stinki II stinkt nun mehr denn je.

Sandbar, Russell Island

Nach einer ruhigen Nacht und erneuter erfolgreicher Autopilotkalibrierung – diese stand seit Wochen an – lernen wir 2 sm weiter Brian Dale kennen: Ein kanadischer Seenomade, der mit Gitarre, Mikrofon und beachtlicher Soundtechnik an Bord seines über 50 Jahre alten Segelboots herumreist und die Leute mit seiner Musik begeistert. Nach persönlicher Einladung per Dinghi gibt er für uns und zwei Ankernachbarn ein kleines Privatkonzert auf seiner Farfalla. Den Abschluss des bis dahin wunderbaren Abends bildet dann Strike One des neuen Außenborders. Da er wiederholt abstirbt und der Wind aufgefrischt hat, zieht uns Brian mit seinem Dinghi nach Hause. Gilt das dann als Groupies abschleppen?

Brian Dale vor Spanish Wells, Russell Island

Thunderball & lightning

Noch psychisch und manche von uns körperlich gezeichnet von den schwimmenden Schweinen drehen wir noch eine kurze Schnorchelrunde, bevor wir 1 sm weiter Richtung Süden nach Staniel Cay tuckern. Dort sollen sich nicht nur ein Supermarkt und ein Restaurant befinden, sondern auch die Thunderball Grotto – ein Originaldrehort des gleichnamigen James Bond. Aufgrund vergangener Enttäuschungen in den Bahamas dürfen wir gespannt sein, was davon wirklich existiert. 

Big Major Spot

Wir planen unsere Ausflüge strikt nach der Tide. Zum morgendlichen Hochwasser schaffen wir es mit ein bisschen Glück gerade noch so unsere Einkäufe zu erledigen. Es ist nämlich Karfreitag und von 10 bis 13 Uhr sind die Geschäfte zu, damit alle in die Kirche gehen können. 

Vormittägliche Erledigungen auf Staniel Cay

Zum nachmittäglichen Niederwasser besuchen wir den beliebten und aus dem gleichnamigen James Bond bekannten Schnorchelspot Thunderball Grotto – eine Höhle, die nur bei niedrigem Wasserstand ihren Eingang, oder besser Einschwimm, für Schnorchler freigibt. Davor tummeln sich bereits viele Ausflugsboote und Dinghis. Sind wir wieder in eine Touristenfalle getappt? Nein! Es ist einmalig schön und der beeindruckendste Schnorchelspot, den wir bisher bewundern durften. Wunderschönes Wasser, tausende bunte Fische bereits vor der Höhle, ein Fischkindergarten und schließlich eine imposante Grotte mit mehreren verwinkelten, ertauchbaren Nebenhöhlen. Auch ohne entsprechendem 007 – Sean Connery, der übrigens der allererste Bond war, ein richtig beeindruckender Schauplatz. 

Nachmittägliches Schnorcheln in der Thunderball Grotto, Staniel Cay

Zum abendlichen Hochwasser besuchen wir letztlich das Restaurant des nahegelegenen Yacht Clubs und genießen endlich unseren ersten Bahama Mama – wie immer in Amerika und Umgebung – aus Plastikbechern. Das Essen ist wie überall in der Karibik eh gut, aber nicht richtig gut und dafür ganz schön überteuert. Blunzenstricker, bald sind wir zurück!  

Abendliches dinieren im Staniel Cay Yacht Club

Am nächsten Tag müssen wir uns aber wieder gen Norden sputen, da es für Alice und Wolfi einen Flug ab Nassau zu erwischen gilt. Nach einer Kombi aus Segeln und Motoren kommen wir in Norman’s Cay an, um am nächsten Tag hoffentlich zum letzten Mal die 30 sm nach Nassau bei erneuter Flaute zurückzulegen.

Unser vorerst letzter Ankerplatz zwischen Riff und Rose Island, nahe Nassau, bietet uns ein wunderbares Ambiente für einen Abschlussabend mit Hotdogs und Spielen und eine Abschlussschnorchelrunde mit zwei Schildkröten am nächsten Vormittag. 

Rose Island

Beim Zufahren auf New Providence Island irritiert uns ein Dröhnen. Etwa unser Motor? Ein anderes Boot? Musik? Gewitter? Richtig ist manches davon. In ziemlicher Entfernung erspähen wir ein kleines Cargoschiff, auf dem eine ostermontägliche Riesenparty veranstaltet wird. Gleichzeitig: Donnergrollen. Am Abend sogar zwei Blitze – das erste richtige Gewitter, das wir in der Karibik erleben. 

Kurz bevor uns Alice und Wolfi verlassen, verlässt uns das schöne Wetter nun für eine ganze Weile. Sturm, Schwell und Regen begleiten die beiden aus dem Land und lassen uns mit gleich mehreren Gründen zurück, ein Tränchen zu verdrücken. 

Mittlerweise sitzen wir seit drei Tagen im Regen, organisieren dies und das, putzen jenes und sonstiges und spazieren hie und da zum nahegelegenen Starbucks. Bitte wieder die Sonne aufdrehen, oder wenigstens den Wind etwas runter – danke!    

Harbour Club Marina Nassau

Schwimmende Schweine – schockierte Schnorchler

Nach dem Bezug der Mêlée zu später Stunde durch die Crew, dem erfolgreichen Einbau des neuen Kühlschrankventilators und dem notwendigen Proviantisieren am nächsten Tag sputen wir uns recht spät nach Hochwasser aus der Marina und schaffen es gerade noch so, nicht im Sand stecken zu bleiben. Den Schlag zu den nördlichen Exumas, den wir erst vor wenigen Tagen bei Flaute zurückgelegt haben, dümpeln wir jetzt in die umgekehrte Richtung bei ähnlicher Wetterlage dahin. 

Harbour Club Marina, Nassau

Wir erreichen Allan’s Cay am späten Nachmittag und starten sofort eine kleine Probeschnorchelrunde, um das neue Equipment, das sich Alice und Wolfi zugelegt haben, zu testen. Zudem holen wir den obligatorischen Begrüßungsrumpunsch nach, für den es uns am Vortag schon zu spät war. Am nächsten Vormittag wird die Schnorchelrunde schon etwas ausgeweitet und wir besuchen die dicht besiedelte Insel Leaf Island. Die Bewohner des Sandhaufens sind jede Menge Iguanas, die von Touristen mit Früchten an Stöckchen gefüttert werden. Wir haben leider keinen Salat für sie übrig, aber sie posieren trotzdem für unsere Fotos. Weiter gehts mit Flossenantrieb zu einem einzelnen Korallenbrocken, der mitten im weißen Sand des Flachwassers steht und in dem es von Fischlis aller Art nur so wimmelt.

Allan’s Cay

Gegen Mittag verholen wir uns vor die nahegelegene Highbourne Cay, wo wir am Weg nach Nassau schon geankert haben, und erkunden nun noch einmal zu viert bei ziemlicher Tidenströmung das weitläufige Riff. Wieder keine Haie. 

Nach diesem gemütlichen Einstieg machen wir am nächsten Tag ein paar Meilen Richtung Süden. Gegen den Wind sind wir langsamer als erhofft und erreichen am Nachmittag unser Plan B Ziel Shroud Cay. Der folgende Landausflug per Dinghi enttäuscht jedoch nicht. Wir befahren eine Lagune, die nicht karibischer aussehen könnte. Flaches, warmes Wasser, Sand, Palmen, Muscheln auf der einen, Mangroven auf der anderen Seite. Ohne weitere Highlights zu entdecken, genießen wir den Spaziergang durch den feuchten, muschelübersäten Sand. 

Shroud Cay

Doch jetzt wollen wir zum Plan A Ziel – Pig Beach! Was als spaßiger Am Wind Schlag beginnt, endet als elendiges Gestampfe unter Motor gegen die Wellen. Wieder schaffen wir den geplanten Weg nicht ganz und ankern für eine Nacht vor Pipe Cay. Der Sprung am nächsten Tag ist dann aber wirklich so kurz, dass wir noch vor Mittag die Meerschweine auf der Insel Big Majors Spot besuchen! 

Unsere Abenteuer und Erlebnisse auf dieser Insel hat Wolfi für uns von der KI chatGPT zusammenfassen lassen: 

Es war ein sonniger Tag auf den Bahamas, als Bernhard, Pia, Alice und Wolfgang mit ihrem Segelboot auf dem glitzernden türkisfarbenen Meer unterwegs waren. Sie waren beste Freunde und hatten sich für einen aufregenden Segelausflug entschieden. Der Wind blies ihnen sanft um die Nase und die Wellen trugen sie immer weiter hinaus auf das Meer.

Eines Tages beschlossen sie, eine mysteriöse Insel zu besuchen, von der sie gehört hatten. Die Insel war berühmt für ihre wilden Wasserschweine, die äußerst aggressiv sein sollten, wenn man versuchte, sie zu füttern. Trotzdem wollten die Freunde unbedingt diese Tiere sehen und vielleicht ein paar Bilder machen.

Als sie auf der Insel ankamen, bemerkten sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Atmosphäre war unheimlich und die Luft roch nach Gefahr. Plötzlich kamen die Wasserschweine aus dem Gebüsch und begannen auf die Freunde zu zu rennen und wild um sich zu beißen.

Bernhard griff zu seinem Zauberstab und sprach den Zauber Schildus! aus, um sich und seine Freunde zu schützen. Doch die Wasserschweine waren so zahlreich und aggressiv, dass sie sich nicht so leicht abwehren ließen. Pia erkannte, dass sie etwas anderes versuchen mussten und rief den Zauberspruch Verdunkelus! aus, um die Wasserschweine zu verwirren.

Doch das funktionierte nur für kurze Zeit und bald waren sie wieder von den Tieren umzingelt. Alice, die am meisten von den Bissen der Wasserschweine getroffen wurde, war inzwischen ohnmächtig geworden. Wolfgang erkannte, dass sie schnell handeln mussten, um aus dieser gefährlichen Situation zu entkommen.

Er zog seinen Zauberstab und rief den mächtigen Zauberspruch Pulverisierus! aus, der eine gigantische Staubwolke auf die Wasserschweine herabregnen ließ und sie vorübergehend blind machte. Die Freunde nutzten die Gelegenheit und flüchteten so schnell wie möglich zurück auf ihr Segelboot.

In Sicherheit und mit Alice in ärztlicher Behandlung, erkannten sie, dass sie ihre Abenteuerlust vielleicht ein wenig in Schach halten sollten. Aber sie wussten auch, dass sie ohne ihre Zauberstäbe und Zaubersprüche nie in der Lage gewesen wären, dieser gefährlichen Situation zu entkommen.

Voller Dankbarkeit und Ehrfurcht kehrten sie zurück zum Festland, und schworen sich, nie wieder unvorbereitet in eine gefährliche Situation zu geraten.

Auch wenn sich die Ereignisse fast genau so zugetragen haben, wollen wir noch ein paar kleine Richtigstellungen vornehmen. Also zurück zum Anfang: 

Wie empfohlen bringen wir den Schweinchen geschnittene Erdäpfel mit, sehen aber zu spät das Schild: Kein Futter an den Strand mitbringen, sonst wird man gebissen. Gesagt, getan! Als Bernhard versucht, vor den herangaloppierenden Schweinen zu flüchten und gleichzeitig das Gemüsesäckchen loszuwerden, zwickt ihn ein, zum Glück nicht ganz so großes Exemplar in den Popo. Die Schweinchen schnappen sich in Folge also den ganzen Sack Erdäpfel und verkrümeln sich damit in die Büsche. Der gemüselose und schockierte Bernhard bleibt mit einem blauen Fleck zurück. Genau dieselbe Geschichte hören wir auch von einer anderen Crew. Muss man wohl wissen. Ohne Futter am Start sind die Schweine dann immerhin friedlich und lassen sich aus sicherer Distanz betrachten. Zudem schwimmen ein kleiner Ammenhai und ein riesiger Hornhecht im flachen Wasser herum. Das wahre Highlight sind allerdings die komplett asozialen und fast schon zu klischeehaften Touristen. Nervtötende Kinder, die mit ihren Stöcken quiekende Ferkel sekkieren, und betrunkene Eltern, denen alles egal ist. 

Pig Beach, Big Major Spot

Soviel also zu dem lang ersehnten Superhighlight Pig Beach. Ein zweites vermeintliches must see wartet noch auf uns, doch dazu mehr in Kürze. 

Vice City Stories

Die Taschen gepackt, Mêlée vertäut geht es mit dem Taxi Richtung Flughafen. Öffentlichen Verkehr gibt es auf den Bahamas praktisch keinen – der würde das Taxigeschäft ruinieren, erklärt uns die ehrliche Taxlerin. Da das eigenständige Fliegen von Flugzeugen erst ab San Andreas möglich ist, steigen wir eben als Passagiere in die Maschine und lassen uns mit rund 400 kn SOG eine knappe Stunde lang durch die Lüfte befördern. Während mir bereits Hits der 80er-Jahre wie I just died in your arms tonight, Keep on loving you, Kids in America, Creatures of the night oder Atomic im Ohr herumgeistern, wird die Landschaft draußen bereits zu farblich übersättigten Polygonen.

Miami Beach fühlt sich an wie nach Hause kommen. Scheinbar endlos breite Strände direkt an der City, pinke Hochhäuser, der bunt beleuchtete Ocean Drive. Kindheitserinnerungen an die neonbunten, kantig gezeichneten 80er-Jahre werden wach, von temporeichen Fahrten mit teuren Sportwägen und actiongeladenen Verfolgungsjagden mit der Polizei, die meist mit dem Umlackieren des eigenen Autos endeten. Die Standorte der meisten versteckten Päckchen kann ich noch auswendig.

Miami Beach

Wir erleben den erwartet krassen Kulturschock, als wir in Vice City – äh, Miami Beach – ankommen. Menschenmassen, sechsspurige Straßen, Restaurants, soweit das Auge reicht und optimale Versorgungsmöglichkeiten für jede Situation. Im Air B&B versammeln wir unsere Gang – Alice und Wolfi, die uns in die Bahamas begleiten werden und Kathi, Flo und Roland, die gerade einen Florida-Roadtrip unternehmen. 

Ocean Drive, Miami Beach

Wir besorgen schon mal Tortillas und Müsliriegel, die in der Karibik gar nicht oder nur zu abartigen Preisen zu bekommen sind. Apropos teuer: Die Preise fürs Essen gehen sind hier genauso überhöht wie auf den Bahamas und for our convenience ist ein Trinkgeld von bis zu 25 % bereits mit auf der Rechnung. Zudem wird man ständig von lauter Musik beschallt, weil die Leute dann schneller essen und früher wieder gehen, wie uns Kathi informiert. U-S-A! U-S-A! Wir nutzen trotzdem das vielfältige Angebot und erfüllen unsere Hauptmission – jeden Tag Essen gehen – ganz ok. 

Die Nebenmission, ein Ersatzteil für unseren Bordkühlschrank zu besorgen, schließen wir dank einer schnellen Amazonlieferung und companion Wolfi mit Leichtigkeit ab, und so bleiben uns neben den geplanten Besorgungen tatsächlich ein paar Stunden, um Miami zu genießen. Wir erkunden Wynwood, ein ehemaliges Industrieviertel mit kunstvoll bemalten Fassaden und kleinen Bars und Miami Beach mit seinen Marinas und Stränden. Aus vertraulicher, aber nicht ganz überzeugender Quelle erfahren wir, dass am Strand Schusswaffenverbot herrscht, da die Waffen durch den feinen Sand beschädigt werden könnten.

Wynwood

Den Abschluss bilden Little Havanna, wo wir kubanisch snacken und Downtown, wo wir Runde um Runde mit der automatisierten, kostenlosen Einschienenbahn zwischen den Wolkenkratzern umherflitzen. Nur die Nebenmission Everglades ist aufgrund von Zeitmangel leider fehlgeschlagen. 

Downtown

Auf dem Rückflug vom Escobar International Airport zurück in die Bahamas sind wir dann zu viert, da Alice und Wolfi uns für 10 Tage an Bord der Mêlée begleiten werden. Wilde Verfolgungsjagden auf Miamis Straßen sind diesmal zum Glück ausgeblieben, dafür sind wir gut gesättigt und wieder voll Vorfreude auf ein paar einsame Buchten.

Metro Mover, Downtown

Falls unsere Mêlée die paar Tage alleine auf ihrem seichten Liegeplatz gut überstanden hat, werden die Exuma Cays das nächste Ziel sein. Die Erwartungen sind hoch – Schweine, Sandstrände und Korallenriffe warten darauf, eingehend erkundet zu werden. 

Bilderbuchbahamas

Endspurt Richtung Nassau! Doch davor noch ein kurzer Abstecher in die Exumas. In diesem beliebte Segelrevier wollen wir in naher Zukunft noch einige Zeit verbringen. Die Inselkette startet südlich von Nassau und erstreckt sich über gut 120 sm Richtung Süden bis Great Exuma. 

Eine etwas rollige Nachtfahrt bei leichtem Rückenwind führt uns als Vorgeschmack auf die Exumas auf die Insel Highbourne Cay. Auf der Fahrt dürfen wir eine riesige Delfinschule mit mehreren zuckersüßen Kälbern in unserer Bugwelle begrüßen. Entzückend!

Wir ankern in einer gut geschützten und netten Bucht im Norden der Insel in dem Moment, als der Wind komplett einschläft. Optimal. Am Nachmittag kommen wir das erste Mal in den Bahamas dazu, ausgiebig zu schnorcheln – kein Regen, keine Welle, keine Bullenhaie, ab unter Wasser! Wir liegen eher zufällig gleich neben einem weitläufigen und lebendigen Riff im seichten Wasser und besuchen alle unsere Lieblingsfische. Zum krönenden Abschluss begegnet uns noch eine gigantische Schildkröte mit Geleitschutz von gleich zwei Schiffshaltern (bzw. Schildkrötenhaltern). Mit Rumpunsch in der Hängematte und einem Tacodinner haben wir unseren ersten bahamischen Bilderbuchabend. Während es wärmer wird in den Bahamas, werden wir wärmer mit den Bahamas. 

Highbourne Cay

Dann geht es aber früh weiter, auf die letzte Etappe unserer Odyssee nach Nassau. Des Ankernden Freud ist des Seglers Leid – die Flaute hält an und wir dümpeln 30 sm bei kompletter Windstille und brütender Hitze dahin. Nahe der Marina, in der wir einen Liegeplatz reserviert haben, ankern wir noch eine Nacht vor Athol Island. Es ist fast ein Kulturschock, wie viele Ausflugsboote, andere Segler und Jet Skis vorbeibrausen. Als Ausblick bieten sich Strände mit Touristen, Luxusvillen und Hochhäuser dar.

Am nächsten Morgen fahren wir nur ein kurzes Stück nach New Providence Island, wo die Hauptstadt der Bahamas Nassau liegt. In der Harbour Marina werden wir freundlich empfangen von Schildkrötenretter und Dockmaster Peter dem Griechen und seinem Team. Unser Liegeplatz wird uns als besonders bahamisch verkauft – er ist nämlich zu flach für den Tiefgang der Mêlée. Kein Problem, sagt Peter, bei Niedrigwasser bekommen wir eine Unterwasserschiffreinigung mit Schlammpackung gratis dazu! Wir müssen ihm vertrauen, denn wir verlassen das Schiff für 3 Tage. Davor wird aber geputzt, proviantisiert, repariert und arrangiert, denn bald bekommen wir wieder Gäste, die wir abholen fliegen. Es liegen ein paar aufregende Tage am Festland vor uns!

Auch mal wieder ein Update zum Bootsleben: Seit mehreren Tagen ist der Ventilator unseres neuen Kühlschranks defekt (Drecksmodernesklumpert, der alte hat 30 Jahre durchgehalten!!). Das Problem lässt sich provisorisch gut beherrschen, da wir ihn einfach mit einem USB-Ventilator kühlen können und mittlerweile schon ein Ersatzprodukt besorgen konnten. In Athol Island streikt auch noch die Wasserpumpe. Wir verpassen ihr eine manuelle Spülung und füllen die Wassertanks bis zum Anschlag, was das Problem scheinbar gelöst hat. Außer mittlerweile drei verlorenen bzw. halbierten Schwimmködern zum Angeln ist aber alles intakt bei Schiff und Crew. 

Hund, Katze, Regen

Long Island sollte der zivilisierte Anlaufpunkt nach Tagen im Nirgendwo werden – Restaurants, Wifi, Supermarkt, mittwochs gratis Chicken Wings im Liquor Store etc. – aber alles nicht so einfach. Von den versprochenen Restaurants finden wir nur eines, das hat aber kein Wifi, geschweige denn gratis Essen, obwohl Mittwoch ist! Wifi finden wir dann nach 20 Minuten Gehweg im kühlschrankkalten Tourist Office. Wifi > Essen. Nach der eisigen Internetsession plündern wir den wirklich gut ausgestatteten, aber erwartungsgemäß sehr teuren Supermarkt. Noch teurer ist nur der Liquor Store – 3 $ für eine Dose 0,3 l Bier. 

Das einzige richtige Restaurant der Insel machen wir dann auch noch ausfindig und besuchen Tiny‘s Hurricane Hole am Abend mit dem Dinghi. Die Zufahrt ist bei Niedrigwasser so flach, dass wir den Außenborder nicht benutzen können, der Wind ist aber zu stark, um zu paddeln. Heldenhaft steigt Bernhard kurzerhand mit Schuhen aus und wartet durch das kniehohe Wasser mit Dinghi und mir im Schlepptau Richtung Dock. Das Restaurant ist dann aber wirklich sehr nett und zum Glück so informell, dass Bernhard dort barfuß nicht unangenehm auffällt. Der anschließende lange Rückweg gegen Wind, Welle, Nieselregen und Dunkelheit trübt dann die gute und wohlig gesättigte Stimmung kurzfristig noch ein kleines bisschen. 

Long Island

Auch der nächste Morgen begrüßt uns kalt und grau. Diese Wetterlage hält seit nunmehr drei Tagen an und sollte sich erst am übernächsten Tag endlich bessern. Der nächste Schlag führt uns wieder durch einen flachen Kanal in den Norden der Insel in die Calabash Bay, wo wir nach guten Segelbedingungen am späten Nachmittag ankern. 

Noch im Stockdunkeln starten wir unsere nächste Etappe gen Norden um 5 Uhr früh. Die Überfahrt bietet erneut einen gemütlichen Halbwindkurs und nach 10 Stunden erreichen wir die flache Bucht New Bight im Südwesten von Cat Island. Als wir bei Niedrigwasser in ca. 2,3 m flachem, und wie immer türkisem Wasser ankern, liegt der Vergleich mit einem Swimming Pool schon sehr nah. Da die nahegelegene Siedlung – diesmal wirklich! – Restaurants, Takeaway, Wifi, Supermarkt, Wäscherei, Bäckerei etc. etc. bieten soll, starten wir einen nachmittäglichen Landgang. 

Von den namensgebenden Tieren gibt es hier eigentlich keine, dafür begegnen wir am Rückweg von unserer Erkundungstour einem Rudel wilder Hunde. Während sie uns verbellen und näherkommen, bewaffne ich mich in Panik schon einmal mit Steinen vom Wegesrand. Bernhard, der mich zuerst noch auslacht, beginnt nach einer Minute ebenfalls, nach Nahkampfwaffen Ausschau zu halten. Zum Glück stimmt es, was man sagt – Hunde, die bellen, beißen nicht. Beziehungsweise verlieren sie mit wachsender Distanz das Interesse. Puh. Die Steine sukzessive wieder fallen gelassen, führt unser gruseliger Weg vorbei an einem verlassenen Farmhaus, ein paar Gräbern, einem Mangrovensumpf, einem ausgebrannten Auto, einem noch kokelnden gerodetem Waldstück, außerdem naht die schwarze Luft und eine Fledermaus schwirrt um uns herum. Vorbei am Krankenhaus und der Schule bringt uns der Pfad dann aber doch in die Zivilisation zurück. 

Auf den Schreck fahren wir dann rasch wieder mit dem Dinghi zurück zum Boot und werfen das erste Mal in den Bahamas den Griller an, da wir in Long Island frisches Gemüse erstanden haben, es einmal nicht regnet und auch der Wind das kleine Flämmchen an Deck zulässt.  

Den nächsten Vormittag verbringen wir mehrere Stunden in der großartigen Wäscherei und arbeiten Wäsche von drei Wochen auf. Bei der Dinghirückfahrt hat der Wind um höchstens 15° gedreht hat, sodass kurzfristig – natürlich genau wie wir mit der frischen Wäsche mit dem Dinghi unterwegs sind – eine ziemliche Welle in die Bucht hereinkommt. Es wäre zwar eine ironische Story, aber wir schaffen es zurück aufs Boot, ohne mit dem Dinghi zu kentern. 

Außerdem erstehen wir noch eine paar Lebensmittel im gut ausgestatteten Supermarkt und Kuchen und Weckerl in der Bäckerei, die hier tatsächlich existiert. Wir sind hin und weg von dem umfangreichen Angebot von Cat Island. 

New Bight, Cat Island

Von unserem Fixziel Nassau trennen uns jetzt nur noch zwei Etappen – eine 20-stündige auf die Insel Highborne Cay und ein 10-stündiger Schlag nach Nassau, wo wir einen Marinaliegeplatz reserviert haben. 

Bahama Glück – Bahama Pech… Jumentos Cays

Die Jumentos Cays: Die Inselkette im Südwesten der Bahamas ist beliebt aufgrund ihrer völligen Abgeschiedenheit von der Zivilisation. Über insgesamt 70 sm erstrecken sich ca. 50 sehr kleine bis winzige Inselchen. Sie sind unbewohnt, es gibt keine Infrastruktur, keine Handymasten.

Von Ragged Island, der Südspitze der Jumentos Cays, wo wir nach unserer stürmischen Überfahrt ankommen, segeln wir nach einem komatösen Schlaf ein paar Meilen nach Norden in die Middle Pen Bay auf Hog Island. Hier haben Segler vor vielen Jahren begonnen, ein kleines Lager mit Hütte und Grillplatz zu bauen, das stetig erweitert und verschönert wird. Durch diese, man kann es schon fast Infrastruktur nennen, ist die Bucht ein bekannter Sundowner-Treffpunkt für Langfahrer und Ruhesuchende. Da wir schon länger keine Menschenseele mehr gesehen haben, packen wir Bier und Screwdriver ein, setzen mit dem Dinghi über und schließen uns einer kleinen, aber illustren Runde an. Hauptsächlich treffen wir amerikanische Pärchen, die regelmäßig herkommen, aber auch eine Crew, die mit uns gemeinsam bei der ARC Europe von Bermuda auf die Azoren segeln wird. 

Hog Cay

Am nächsten Morgen nutzen wir das schöne Wetter für einen Spaziergang. Wir erkunden einen der vielen, ebenso von vorbeikommenden Seglern geschaffenen Wanderpfade, die nach dem Motto Folgt dem Schuh! mit angespültem Müll wie Flip Flops deutlich markiert sind. 

Bernie’s Trail, Hog Cay

Wieder zurück am Boot bin ich gerade noch beschäftigt mit dem Herrichten der Angelleine – zwei Minuten später liegt auch schon ein ansehnlicher Grouper (Zackenbarsch) am Heck der Mêlée. Ein Fischer hat neben uns angehalten und uns seinen frischen Fang verkauft. Auch gut! Erst mal ab in den Kühlschrank damit – er geht sich gerade so aus. 

Von Hog Island geht es auf die unspektakuläre Insel Buenavista Cay, die wir als kurzen, nächtlichen Zwischenstopp und zum Ausnehmen, Entschuppen und Filetieren des Groupers benutzen. Das gelingt für den ersten Versuch überraschend gut, und wir genießen frische Barschfilets in Limetten-Knoblauch-Marinade. Die zweite Hälfte des Fisches gibt es am nächsten Tag dann in einem ebenfalls wunderbaren Linsen-Grouper-Eintopf. 

Nächste Station: Flamingo Cay. In der kleinen, bestens gegen Wind und Welle geschützten Bucht Coconut Bay teilen wir uns den Ankerplatz mit fünf weiteren Monohulls, während in der Bucht vis-a-vis zwei Katamarane liegen. Alles fein säuberlich getrennt. Beim Einfahren in die Bucht sehen wir im klaren Wasser den Umriss eines Bullenhais, von denen vier Exemplare bekanntermaßen die Bucht bewohnen. Hier wird also besser nicht geschnorchelt, aber wieder erkunden wir per Dinghi die Insel und finden eine zerklüftete Landschaft mit Salzteichen, in denen tausende winzige, knallrote Shrimps wohnen. Diese waren einst das Futter der namensgebenden Flamingos, die die Insel aber schon vor längerem verlassen haben. Die kleinen schnuckeligen Shrimps gedeihen nun ohne Fressfeinde vor sich hin. 

Shrimpinsel Flamingo Cay

Und weiter geht es im wieder einmal recht streng gesetzten Zeitplan. Die letzte, nördlich gelegene Insel der Jumentos, die wir besuchen ist Water Cay – allerdings nur für einen Brunchstopp. Denn bevor ein länger dauernder Nordostwind uns das Leben schwer machen sollte, wollen wir Long Island erreichen und damit wieder zivilisierte Gefilde. 

Die letzte Etappe dorthin erweist sich als spannend, weil sie durch den flachen Comer Channel führt, den wir laut Seekarte nur bei Hochwasser passieren können. Außerdem ist es richtig ungemütlich, weil regnerisch, windig und kalt. Lange Hose-Weste-Jacke-Haube-kalt. Nach erfolgreicher Passage des Comer Channels, der dann gar nicht so flach war wie befürchtet, ankern wir also in der Thompson Bay auf Long Island, schlüpfen aus dem Ölzeug und wärmen uns erst mal mit einem heißen Tee auf. Die Wettervorhersage zeigt keine Besserung in den nächsten 48 Stunden. 

Wir wissen nicht, was wir von unserer bisherigen Zeit in den Bahamas halten sollen. Wunderbare Tage mit einsamen Stränden und gutem Wetter wechseln sich ab mit Sturm, Regen, Schwell und Kälte. Uns fehlen vor allem die konstanten Bedingungen, wie wir sie noch in den BVIs hatten, eigentlich in der ganzen Karibik bisher: Ostwind. Auf wolkenlosen Himmel und zwei Tage hintereinander schönes Wetter warten wir bisher vergeblich. Um es mit Jimis Worten auszudrücken: Come to the Bahamas, they said. It’s nice and warm, they said…

Lieblingsfarben & -fische

Nachdem wir von unserer Startinsel Great Inagua aufgebrochen sind, ankern wir im Hogsty Reef, einem von nur drei echten Riffatollen im Atlantik. Das hufeisenförmige Atoll wird begrenzt durch zwei Sandhaufen – einer davon mit defektem Leuchtturm. Die vorherrschende Flaute hält leider die Wellen nicht davon ab, über das Riff zu brechen und uns eine schaukelige Nacht mitten im Nirgendwo zu bescheren. 

Unser nächster Schlag führt uns nachts Richtung Nordwesten. Bei fast spiegelglattem Wasser gleiten wir mit einer leichten Brise mit supergemütlichen 3 kn durch den Ozean und erreichen Acklins Island am späten Vormittag. Der Ankerplatz bietet etwas Schutz vor Schwell, sonst aber im Grunde nichts. Wir warten hier zwei Tage auf segelbaren Wind und wollen eine herannahende Front für unsere Überfahrt auf die Jumentos Cays nutzen. 

Was für eine schlechte Idee! Statt der angesagten 30 kn (eh schon viel!) für eine halbe Stunde, erwarten uns in der Realität bis zu 45 kn und wir kämpfen uns in dieser stockfinsteren Nacht sieben Stunden lang durch einen waschechten Sturm mit Wellenbergen und Regengüssen. Im Zuge dessen müssen wir auch unseren Kurs ändern, um mit dem Wind im Rücken abzulaufen. Bis etwa 3 Uhr früh sind wir beide wach und halten uns mit Gebrüll und Gesang wach. Dann wechseln wir uns im 15 Minuten Takt ab, wobei wir jeweils unmittelbar einschlafen, wenn wir das Ruder übergeben. Statt vormittags kommen wir gegen 17 Uhr völlig hinüber auf einem gut geschützen Ankerplatz im Süden von Ragged Island an. Der Wind wird im Laufe des Tages schwächer und um 19:30 gehen wir ins Bett schlafen erst mal 12 Stunden durch. Crew und Schiff sind unversehrt.

Nachdem die letzten Tage über Wasser aber sonst nicht so viel los war, wollen wir im Folgenden mal die Gelegenheit nutzen euch in einer subjektiv-meeresbiologischen Pseudoanalyse ein paar unserer Lieblingsunterwasserbewohner der Karibik vorzustellen:

Sergeant Major: Ein etwa handgroßes, süßes Fischlein, das überall in der Karibik zu Hauf herumschwimmt. Klassisch fischförmig mit dunklen Streifen und gelbem Rücken beäugen sie uns zumeist ganz neugierig und unerschrocken. Wir salutieren, wenn wir ihnen begegnen. 

Prinzessinnen-Papageifisch: Wäre der Name nicht schon lustig genug, haben sie stets ein entzücktes, aber leicht verlegenes Lächeln auf dem Schnabel. Dabei wirken sie mit ihrer teils beeindruckenden Größe von fast einem Meter und ihrem besonders hübsch schimmerndem Schuppenkleid immer volksnah und hocherfreut einem zu begegnen. 

Gelbschwanzschnapper: Dieser eher unscheinbar aber köstlich aussehende Fisch begegnet uns das erste Mal auf Pidgeon Island vor Guadeloupe und bleibt uns durch seine besonders zutrauliche Art in Erinnerung. Wir schwimmen ihm ein Stückchen nach, wenn man aufhört ihm nachzuschwimmen kommt er zurück und schwimmt um uns herum. Wir nennen ihn besonders kreativ Frechfisch. 

Königs-Feenbarsch: Diese winzigen, halb orange, halb violetten Fischlein verstehen das Konzept von Oben und Unten so gar nicht. Wir begegnen ihnen mehrmals beim Tauchen, wo sie sich kopfüber in kleinen Überhängen verstecken. Oben ist da, wo das Riff nicht ist – egal ob horizontal, vertikal oder verkehrt herum. 

Zweifarben-Gregory: Diesem interessanten Fisch begegnen wir in den Bahamas das erste Mal. Üblicherweise blau-gelb, war unser Exemplar weiß-weiß, dennoch nicht weniger territorial. Er hat es sich unter unserem Schiff gemütlich gemacht und unseren gesamten Kiel, inklusive der Badeleiter zu seinem Territorium erklärt. Seine geringe Größe, von etwa einer Handfläche, macht er mit Aggressivität wett. Beim Rausklettern aus dem Wasser hält Bernhard ihn mit zwei Flossen an den Händen fern, was Gregory nicht davon abhält immer wieder auf ihn zuzuschwimmen. Was für ein wütender Zwerg.  

Gartenaale: Diese etwa 30 cm langen, bräunlichen Würmchen sind die Nachbarn, die man nicht haben möchte. Vor Peter Island in den BVIs ankern wir über einem Schwarm (?). Nähert man sich auf einen Meter, verschwinden sie im Boden. Nach wenigen Sekunden tauchen sie wieder senkrecht auf, stänkern und drohen einem mit der Faust, die sie gerne hätten. 

Große Tümmler: Endlich, endlich sehen wir unsere ersten karibischen Delfine! Sie besuchen uns in der Bucht in Acklins Island. Bernhard hüpft gleich ins Wasser uns kann sich bis auf ein paar Meter nähern. Da sie ein Junges dabei haben wollen sie aber nicht spielen. Der magischen Kraft eines Bootsbugs können sie sich aber doch nicht entziehen und so begleitet uns die ganze Schule von etwa 20 Großen Tümmlern aus der Bucht hinaus. 

Man merkt, wir haben seit längerem keinen Kontakt zu anderen Menschen gehabt, dafür viele neue Fischfreunde und -feinde (ich schau dich an, Zweifarben-Gregory). 

High Noon in Matthew Town

Nach 36 Stunden Motorfahrt kommt kurz vor Ankunft auf der südlichsten Bahamasinsel Great Inagua  – auch Wilder Westen der Bahamas genannt – ein Wildwestwind auf, der uns daran hindert, vor dem Port of Entry Matthew Town zu ankern. Wir wettern also die erste Nacht in einem exponierten, doch windabgewandten Riff ab. So weit entfernt vom Land im Nirgendwo haben wir noch nie geankert. Den kleinen Hafen erreichen wir am nächsten Morgen. Schwarze Balken schieben sich von oben und unten ins Bild und die folgenden Szenen muss man sich in Breitbild und sepia vorstellen. Die Tür zum Sheriffsdepartment schlägt auf und zwei Gestalten betreten die Szenerie. Es sind der Sheriff und sein Deputy, die uns insgesamt 380 $ abknöpfen – so teuer sind wir noch nirgends eingereist!

Szenenwechsel. High Noon auf der Suche nach Lunch. Hoch über uns kreisen die Geier. Die Sonne am Zenit, ein räudiger Straßenköter versperrt uns den Weg. Müde, aber forsch hält er auf uns zu. Nur mit einer Finte gelingt es uns, ihn abzuhängen. Staubbedeckt doch unversehrt betreten wir den Saloon. Völlig ausgestorben, doch die Barfrau serviert uns zwei hungrigen Reisenden Burger. Abblende. Der nächste Tag. 

Wir sichern uns einen Liegeplatz am Verladedock, um unsere Wasser- und Dieselvorräte zu füllen. Hafenmeister George schickt ein Telegramm an die beiden Tankstellen der Stadt, die beide absagen, da ihre Zapfhähne trocken sind. Seit längerem ist kein diesellieferndes Dampfschiff mehr vorbeigekommen. Er stellt mir also seinen Bekannten Onetooth Joe vor, einen pensionierter Salzfabrikarbeiter, der in der ganzen Stadt dafür bekannt ist, haarige Angelegenheiten zu regeln.

Wir tuckern in der Nachmittagshitze kreuz und quer durch die Geisterstadt. Gesäumt von wenigen, teils verfallenen Häusern, rollt über die geradlinigen Straßen höchstens ab und zu ein verdorrtes Grasbüschel. Wir unterhalten uns und ich erfahre, dass Joe schon seit seiner Geburt hier in der Stadt lebt. Ob es hier immer so ruhig ist? Yes, very quiet, all the time. Wo bekommt man denn hier frisches Gemüse? Am Markt, aber nur wenn die schwimmende Postkutsche gerade angelegt hat. Sie kommt nur einmal pro Woche und die Vorräte sind dann schnell vergriffen.

Wir bleiben vor Joes Haus stehen. Ich schaue mich um und sehe gleich neben dem Grundstück einen rosaroten Salzsee. Auch hier ist es komplett ruhig, nur ein paar Kojoten heulen in der Ferne. Joe steigt aus und verschwindet hinter dem Haus, ich warte im Auto. Nach drei Minuten kommt er mit einem menschgroßen Fass wieder und lädt es ein. 

Als nächstes halten wir an einer verlassenen Tankstelle. Joe steigt aus, klopft an eine Seitentür, nennt das Passwort und spricht dann mit einer Frau, die mir bekannt vorkommt – sie hat uns gestern im Saloon unsere Burger serviert! Joe kommt zurück und wir fahren um den Block in einen Hinterhof, in dem ein weißer Tanktruck steht. Als das Fass gefüllt ist, zahle ich bei der Saloon- & Tanktruckfrau einen überhöhten Bargeldbetrag ohne Rechnung und wir machen uns noch rechtzeitig vor dem Abendrot auf den Rückweg. Ich will mich mit 10 $ für Joes Hilfe bedanken. Er will lieber 20 $. Ich habe immerhin gut eine Stunde seines turbulenten Tages in Anspruch genommen und es ist ja nicht seine Schuld, dass das üblicherweise angebotene Dieselservice genau heute nicht in Betrieb ist. 

Zurück in der Jetztzeit fahren wir mit frisch gefüllten Tanks und Vorratskammern Richtung Norden in die Man O War Bay. Die 380 $ zum Einklarieren erlauben uns, in den Bahamas mit maximal sechs Leinen gleichzeitig maximal fünf Fische pro Person und Tag zu fischen. Also jetzt oder nie. Wir checken uns im nächstbesten und einzigen Angelladen improvisiertes und überteuertes Equipment zum Fischen mit Schleppleine und bringen diese erstmals aus. Insofern erfolgreich, da wir uns nicht damit verletzen. Kurz vor Ankunft am Tagesziel beißt dann ein wohl etwas zu großer Fisch unseren halben Wobbler ab. Werten wir als Teilerfolg. Im spiegelglatten Wasser der Man O War Bay werfen wir dann noch ein paar Mal die Schleppleine aus und sind fasziniert, dass Fische scheinbar aus dem Nichts spawnen und sich für die Leine interessieren. Anbeißen will aber keiner und eigentlich sind wir darüber fürs Erste gar nicht so unglücklich. Eins nach dem anderen. Jedenfalls haben wir einen neuen Skill freigeschaltet, der ab jetzt geübt wird. 

Gravitation

Prolog

Bei einem gewöhnlichen Hochrasanztrauma, etwa bei einem Frontalzusammenstoß zweier Personenkraftwägen mit 100 km/h, wirken negativ beschleunigende Kräfte im menschlichen Körper auf verschiedene Weise. Bänder, Muskeln und Sehnen zerreißen, es zerbersten und zersplittern Knochen, Nervenstränge im zentralen Nervensystem werden irreversibel durchtrennt und nicht zuletzt werden lebensnotwendige innere Organe wie Herz, Hauptschlagader und Lunge schlichtweg durch- und abgerissen. Physikalisch anders jedoch verhält es sich in dem seltenen Fall, wenn die Gravitation zu einem entscheidenden Faktor wird, beispielsweise wenn eine Masse von 50 Tonnen von oben herab auf ein Wasserfahrzeug und deren Besatzung fällt. 

21:45 An Deck der Mêlée

Ein markerschüttender Knall. War etwa der Großbaum übergeschlagen, wie damals auf der Etappe von Saint Martin auf die British Virgin Islands, als während eines nächtlichen Frontdurchzugs der Großbaum überschlug? Routiniert, wenn auch etwas verschlafen, vollzog sie die üblichen Kontrollblicke: Segel, Leinen, Ruder. Alles in bester Ordnung. Woher also dieser Lärm? Ein Rundumblick in den monderhellten Ozean, der sich um den Rumpf der kleinen Slup in schier endlose Weiten auszudehnen scheint, ließ der attraktiven Rudergängerin das Blut in den Adern gefrieren. Backbord, achteraus etwa 10 Bootslängen entfernt eine Wasserfontäne in der Ausdehnung mehrerer Lkws. Die Detonation eines Mörsers? Welchen Grund sollten diese verdammten Puertoricaner haben auf sie zu schießen? Die Stelle des Geschehens fest im Blick und unfähig, in ihrer Schockstarre auch nur einen Finger zu rühren, sah sie erstmals die Umrisse der Gestalt.

21:44 Unter Deck der Mêlée

Er konnte gerade noch ein schwaches Flackern wahrnehmen. Dann war es finster. Alle elektronischen Geräte, die überlebenswichtigen Instrumente und Lichter, die der Navigation durch diese fordernde Passage dienten, waren ausgefallen. Verdammt, murmelte der lumpig gekleidete Mittdreißiger. Unter seinem Bart und der ungezähmten Lockenmähne waren noch deutlich die Züge des stattlichen, jungen Mediziners zu erkennen, der noch vor weniger als einem Jahr eine angesehene Spitalsposition innehatte. Ob das Blackout wohl das gesamte Schiff betraf? Sofort war ihm klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Um sich eine erste Orientierung zu schaffen, blickte er aus dem Bullauge der Achterkabine und konnte das Bild nicht fassen, das sich ihm darbot. Obwohl sie mitten im offenen Nordatlantik unterwegs sein sollten, sah er in hohem Tempo Kirchen und alte Gemäuer vor seinen Augen vorbeiziehen. Was war da oben los? Kurz zweifelte er an seiner Entscheidung, sein Leben in die Hände einer Frau gelegt zu haben, die er erst seit 18 Jahren kannte. Sich schüttelnd wie die Schäferhündin Mira, nachdem sie einen Schneeball direkt aus der Luft gefangen hat, versuchte er den Gedanken aus seinem Kopf zu verdrängen. Keine Zeit für Zweifel, er musste sofort herausfinden, was da vor sich ging. Gerade in dem Moment, als er beinahe an Deck angekommen war, vernahm er einen durchdringenden Schrei von oben. Nein, kein Schrei, eher Gebrüll. Er riss die Augen auf und stellte erstaunt fest, dass er noch in seiner Kajüte lag. Beim Blick nach draußen bemerkte er, dass sie sich, wie zuvor während seiner Wache, umringt von monderhellten Wellen befanden. Der kurzen Woge der Erleichterung, schon wieder nur schlecht geträumt zu haben, folgte ein erneuter Adrenalinschub. Die gellenden Rufe von oben waren real und drangen eindringlich in sein Ohr. Was hatte seine Mitreisende in eine derartige Panik versetzt? Kurz nachdem er aus der zweckmäßig eingerichteten Kabine geklettert war, stieß er sich den Kopf am Durchgang zur Kombüse, wo noch das schmutzige Geschirr des Abendmahls lag. Das wäre wohl seine Aufgabe gewesen. Fluchend eilte er weiter den kurzen aber beschwerlichen Weg nach oben, den panischen Schreien entgegen.

21:46 Wieder an Deck der Mêlée

Auch wenn er rechtzeitig oben angekommen wäre, hätte er die dunkle Gestalt zu seiner rechten nicht wahrnehmen können. Zu sehr brummte ihm noch der Schädel vom zuvor erfolgen Zusammenstoß mit der Mahagonitäfelung. Das Sternenbild, das vor seinen Augen flimmerte, würde der Kunstliebhaber unter anderen Umständen sogar als anmutend empfinden, wäre es nicht begleitet von einem stechenden Schmerz im Bereich des Frontallappens. So konnte nur seine aufgelöste Begleiterin die Schwanzflosse des massiven Meeressäugers erkennen, der nur wenige Meter entfernt von ihrem Schiff, das ihr in diesem Kontext auf einmal wie geschrumpft vorkam, aus dem Wasser emporgesprungen war. Wal, Wal, Wal! konnte der Freizeitkapitän nun endlich das Geschrei entziffern, als er sich die Stirn rieb, wie Stunden zuvor noch den aromatischen Parmesan über eine Portion Spaghetti. Auch wenn er sich einbildete, an genau der Stelle, auf die seine langjährige Begleiterin zeigte, noch eine kleine Turbulenz im Wasser glitzern zu sehen, konnte er es dennoch nicht glauben. Ein Wal? Hier, mitten im Walschutzgebiet und ausgerechnet zur Walsaison? Unmöglich. Sie musste übermüdet sein. Hatte er ihr zu viel zugemutet? All die langen, einsamen Nächte durch Sturm und Regen können einem zarten Gemüt wie ihr ordentlich zusetzen. Sie wäre nicht die erste Seefahrerin, die aufgrund des Schlafentzuges unter Halluzinationen leidet. Was kommt als nächstes, etwa Meerjungfrauen?, grummelte er halblaut vor sich hin und begann einem Gedanken über diese mythischen Kreaturen nachzuhängen, als er durch das abschwellende Flimmern in seinen Augen und den starren Blick in die Ferne die massige dunkle Gestalt nun ebenfalls wahrnahm.

21:46 Immer noch an Deck der Mêlée

Es geschah wie in Zeitlupe: Zuerst brach der Kopf eines etwa 15 Meter großen Buckelwals durch die mondbeschienene Wasseroberfläche. Er stieg empor und empor, bis die Gravitation Überhand nahm und der Meeressäuger mit einem gewaltigen Knall bauchlinks auf dem dunklen Ozean aufschlug und aus dem Blickfeld seiner verstörten Beobachter verschwand. Dann folgte noch die Fontäne. Walbreit und hoch wie ein Leuchtturm spritzte das verdrängte Wasser gen Nachthimmel wie das Blut aus einer angestochenen Bauchschlagader. Noch mehrere Minuten starrten die Segler Richtung Horizont und begannen sich schließlich vorsichtig in Sicherheit zu wägen. Keiner der Beiden bemerkte, was inzwischen auf der elektronischen Seekarte ihres Bordcomputers unheilvoll zu blinken begonnen hatte.

Epilog

7.200 Minuten nach diesen traumatischen Eregnissen erreichten sie ihr Ziel: Die Bahamas. Hier wollten sie beginnen die Geschehnisse jener Nacht aufzuarbeiten, oder sie immerhin in Rumpunsch zu ertränken. 

Was weißt denn du von Lee Bay?

Rendezvous. Das ist Französisch und bedeutet, nach dem Frühstück mit dem Fernglas nervös nach einem heranbrausenden Tauchboot Ausschau zu halten. Dieses Erlebnis hatten wir zuerst vor Anker auf Norman Island, wo wir diesmal das legendäre Discoschiff Willy-T nur aus sicherer Entfernung erleben. Gekonnt legt die heute gut besetzte Royal Blue längsseits an Mêlée an und wir steigen mit unseren sieben Sachen über, um zu den heutigen Tauchplätzen zu fahren. Auch für Jimi mit zigmillionen Tauchgängen im Logbuch eine Premiere. 

Rendezvous in Norman Island, dann Tauchen Pelican Island & The Indians

Nachdem die Tauchcrew uns wieder auf unser eigenes Boot übergeworfen hat, geht es auch gleich weiter nach Little Harbour auf Peter Island, wo wir nach Monaten wieder einmal unser, nicht gerade geliebtes, Ankern mit Landleine vollführen müssen. Jimi meldet sich freiwillig als Anlandschwimmer und das Manöver funktioniert perfekt. Mit Buganker und zwei Landleinen endet der Tag aufgrund der heutigen Tauchgänge recht früh.

Bei unserem zweiten Rendezvous am nächsten Tag erleben wir unsere vorerst letzten beiden Tauchgänge, während Pia ihre Open Water Diver Praxis erfolgreich abschließt und sich somit frisch zertifizierte Taucherin nennen darf. Bei den heutigen Tauchgängen gibt es Buckelwalgesang zu hören – leider haben wir sie nicht gesehen – sowie Rochen, Kofferfische und einen gut getarnten kleinen Feilenfisch zu sehen. Wir haben in den letzten Tagen also eine wirklich intensive Tauchzeit erlebt.

Rendezvous in Peter Island, dann Tauchen im Angel Fish Reef, Norman Island und Black Forrest, Peter Island

Danach steht es uns wieder frei, hinzufahren wohin auch immer wir wollen und wir entscheiden uns dafür noch eine Nacht in der entspannten Bucht Little Harbour zu bleiben. Beim Schnorcheln rund um das Boot verfolgen wir interessiert einen Stechrochen und entdecken eine Copia a.k.a. Schiffshalter, die sich wohl in Mêlées Kiel verliebt hat. Als Schmankerl des Abends bereiten wir für Jimi ein Quiz vor mit dem Titel: Ist das ein nautischer Begriff!?, in dem erraten werden muss, ob Dinge wie SesambeschlagLippsieglerSteven oder Bullenstander tatsächlich existieren. Da das für uns Moderatoren augenscheinlich lustiger war als für Jimi, rächt er sich später mit einem Ist das ein Fisch!?-Quiz. Beide Versionen sind übrigens auch in unserem Onlineshop bestellbar! Mit dem Code quiz2023 erhältst du nur heute 10 % Rabatt.

Erkunden & quizzen in Little Harbour, Peter Island

Der nächste Tag ist ein regnerischer. Diesmal regnet es ungewöhnlicherweise stundenlang fast durchgehend, während wir in der Hauptstadt Road Town proviantisieren und lunchen. Langsam aber sicher nähert sich unsere Zeit mit Jimi dem Ende, und so segeln wir in kleinen Etappen Richtung Flughafen. Auf dem Weg dorthin ankern wir vor Buck Island, dem offenbar einzigen Platz in der Karibik, an dem nur Monohulls ankern. Heute beginnt für uns eine, seit dem Mittelmeer nicht erlebte, regenfreien Leichtwindphase, die zumindest 6 Tage anhalten sollte. 

Brunchen und quizzen in Buck Island

Vor der winzigen Insel Marina Cay entdecke ich beim Schnorcheln einerseits einen scheuen karibischen Riffhai, andererseits praktiziere ich Speed-Schnorcheln, bei dem ich mich mit dem Dingi über das Riff hinterherziehen lasse, all die schönen Fische im Schnelldurchlauf sehe und gleichzeitig hoffe, dass ich den Jagdtrieb der Barracudas nicht provoziere.

Ausflug in die Schnöselmarina Scrub Island vom gratis Ankerplatz vor Marina Cay

Die für den vorletzten Abend auserkorene Lee Bay stellt sich als völlig ungeschützt heraus, sodass wir schließlich in der White Bay auf Guana Island wie am Vortag neben einem kostenpflichtigen Bojenfeld ankern. Ein Hail-Mary-Ankerwurf auf 13 Meter Tiefe gelingt beim ersten Versuch. So können wir den weißen Strand der Bucht, die wir uns mit drei Megayachten und einem Hubschrauber teilen, für einen Spaziergang mit exzessiver Fotosession nutzen (nicht gesponsert von Mount Gay). Stilechte Karibikromantik.

Karibikkitsch in Guana Island

Praktischerweise ist der Zutritt zu allen Stränden, selbst auf den vielen privaten Inseln, öffentliches Recht auf den BVIs. Der Tag endet, wie so viele, mit Ti-Punch, Gitarre und Sonnenuntergang am Vorschiff. 

Ti-Punch, Gitarre und Meer vor Guana Island

Bellamy Cay auf Beef Insland besticht durch die Nähe zum Flughafen – es sind tatsächlich nur 5 Gehminuten vom Dinghidock zum Terminal. Deshalb bildet diese Bucht den logischen Abschluss des Törns mit Jimi. Das Captain’s Dinner am letzten Abend findet im Loose Mongoose statt, einem nach Hurricane Irma komplett neu errichteten, architektonisch ansprechenden Strandrestaurant, das die perfekte Mischung zwischen sophisticated und casual bietet.

Abschiedsessen in Beef Island

Als wir Jimi nach der langen Zeit am nächsten Tag mit ein paar unterdrückten Tränchen verabschieden, schmieden wir bereits Pläne für die nächsten Etappen. Den ursprünglichen Plan, noch ein paar Tage auf den BVIs zu bleiben, geben wird aufgrund der herannahenden Flaute sicherheitshalber auf. Der nächste Fixpunkt ist nämlich Nassau Ende März. 

Just deconnect your washing machine for extra power

Ich, in der einen Hand ein Geodreieck, in der anderen einen Apfel, kreuze lernwillig bei der Tauchbasis in Nanny Cay auf. Während ich mich hinter Jimi und Bernhard verstecke, fangen die beiden in ihrer Routine schon mal an das Tauchboot zu beladen. Meine Theorieeinheiten beschränken sich auf einen kurzen Kreuzerltest, der ein Kinderspiel sein sollte, hätte ich das e-learning schon abgeschlossen. Mangels (stabilem) Wifi hab ich aber erst ein paar Absätze gelesen. Zum Glück versucht PADI aber scheinbar nur komplette Dussel auszufiltern und ich bestehe das Quiz mit 100 % (ohne Schummeln!) – juhuuu! In den BVIs ist das Meer das Pool und so werd ich mit dem gesamten Equipment auch gleich aufs Tauchboot geladen. Eine glückliche Fügung des Schicksals erlaubt uns, das Tauchboot für uns alleine zu haben: Jimi und Bernhard tauchen mit ihrem nordirischen, halbwitzigen Guide Kyle und ich mit meiner New Yorker Instructorin Kelsey. Der Einfachheit halber kommen beim nächsten Tauchgang noch eine Cathy und eine Casey dazu.

Während die fortgeschrittene Gruppe auf ihrem ersten Tauchgang in der Kelly Cove Pediküreshrimps (Darling, wie schauen denn deine Nagelhäute aus!?), Gruselmuränen und Zwickkrabbler (die echten Namen der Fische muss man erst im Advanced Kurs lernen) beobachten, plantsche ich mit Kelsey im Flachwasser und lerne Dinge wie: Was passiert, wenn ich mir beim Winken den Atemschlauch aus dem Mund ziehe und wie klaue ich einem anderen Taucher artgerecht die Maske, wenn ich meine vergessen hab. 

Tauchen Kelly´s Cove

Bei Tauchgang Nummer 2 auf Pelican Island sind wir alle gemeinsam unterwegs und haben Spaß mit einer ausgesprochen zutraulichen Schildköte namens Spikey oder Speedy oder so ähnlich. Vielleicht war der Name auch ein bisschen weniger unpassend. Außer dass es, besonders nach dem Auftauchen, richtig kalt ist, ist es ein wunderbarer Vormittag. Ich fühl mich noch nicht gerade routiniert, hab aber schon viel neues gelernt. 

Tauchen Pelican Island

Zurück in Nanny Cay machen wir mit der Tauchbasis für die nächsten Tauchgänge Rendezvous aus. Das heißt, sie holen uns aus einer Bucht mit dem Tauchboot ab und wir sind nicht gezwungen weiter in der teuren Marina zu liegen, sondern können wieder gratis vor Anker nächtigen. Für uns ein optimales Angebot, das sogar für Jimi neu ist.

Nach Frühstück im Cafe, proviantisieren und Wasser füllen verbringen wir am nächsten Tag noch eine gemütliche knappe Stunde an der Tankstelle und warten auf den Lkw, der die Tankstelle betankt. Beim Ausfahren aus der Marina werden wir von einer wütend herumspringenden Lady mit Tröte angehupt und angepöbelt, da sie entweder die Größe ihres Katamarans oder die Größe unserer sehr schlanken Mêlée über- oder die Breite der Zufahrt unterschätzt. Wir können sie einem früher belauschten Funkspruch zuordnen, in dem sie ein anderes Schiff auf Kanal 16 anpöbelt, es solle sich doch an die Vorrangregeln halten, wobei die Antwort des anderen Schiffs in etwa so ausfällt: ähm, ja eh!?

Am Weg nach Peter Island macht sich Jimi als Rudergänger damit vertraut, wie sich das Boot in Böen verhält. Aha, wenn die Böe kommt, krängt das Schiff, wenn die Böe aufhört fallen wir unkontrolliert ab, machen keine Fahrt mehr und können das Ruder nicht bewegen. Momeeeeent. Nach kurzer Recherche dieses doch eher ungewöhnlichen Phänomens bemerken wir, dass wir uns in einer Fischerboje verfangen haben. 20 Minuten und ein paar Muschelschnitte später sowie den glücklicherweise nicht erforderlichen Einsatz einer Person im Wasser schaffen wir es uns ohne Folgeschäden aus der Lage zu befreien. 

In der White Bay beziehen wir einen windigen Ankerplatz und werden von riesigen Tarpons umzingelt. 

White Bay, Peter Island

Vor unserem nächsten Tauchgang machen wir noch einen Stopp auf Cooper Island, wo wir leider das langfahrerfeindliche Bojensystem der BVIs unterstützen: 40 $ für eine Boje ohne sonstige Leistungen. Den Fehler machen wir nicht nochmal, aber sei es wie es ist, das angrenzende Resort bietet ein nettes Ambiente mit inselgebrautem IPA und der nahegelegene Steinhaufen ein spektakuläres Schnorchelerlebnis: Wir sehen zum ersten Mal einen Hai – ein hübscher Ammenhai, der sich schnell verzupft sowie er uns sieht. Außerdem zu unserer einen Seite ein kleines Riff mit süßen Fischchen und auf der anderen Seite tiefere Gewässer mit einem riesigen Schwarm riesiger Tarpons, deren Bewegungsmuster an Dementoren erinnern. 

Schnorcheln und Studieren in Manchioneel Bay, Cooper Island

Jimi schiebt am nächsten Tag noch eine Tauchsession ein, da ihm zwei Tage Pause zu lang waren und wir nutzen den Vormittag und das Wifi des Cafés um unsere Heimreise zu buchen (aaaaaaaaaah!) und brav e-zu-learnen.  

Ende Juni werden wir von den Azoren nach Hause fliegen und unsere Mêlée für voraussichtlich ein Jahr in der Marina Ponta Delgada zurücklassen.

Der Ti-Punch, die Gitarre & das Meer

Am Vormittag unseres ersten Tags auf den British Virgin Islands fahren wir nur ein kleines Stück Richtung Süden, um auf der Insel Virgin Gorda die berühmten Baths zu besuchen. Ein Haufen gigantischer, rundgewaschener Steinbrocken auf einem malerisch weißen Sandstrand. Wir schnorcheln an Land, klettern über Felsen und folgen einem versteckten Pfad von Bucht zu Bucht. Eine wirklich wunderschöne Szenerie, mit denen uns unser Sehnsuchtsort willkommen heißt. Nachdem wir mit Jimi einen richtig guten und gut ausgestatteten Fotografen mithaben, will ich mal keine weiteren Worte verlieren: 

The Baths, Virgin Gorda

Nach diesem wunderschönen Einstand schippern wir gleich am selben Tag noch weiter an die Westspitze der Hauptinsel Tortola (was für ein piratiger Name!) in die Soper’s Hole. Unsere kommenden Tage, sowie folglich unsere gesamte Törnplanung, sollten geprägt sein von der Suche nach einer Tauchbasis, die unsere, mal wieder sehr diversen Ansprüche erfüllen kann: Jimi als professioneller Divemaster, der eh schon alles gesehen hat, Bernhard, der sich gerade wieder in der Materie einlebt und ich, die sich nach Tauchgang Nummer 1 gleich zum Open Water Diver ausbilden lassen möchte.

Soper’s Hole, Tortola

In der Hoffnung, eine schnuckelige Tauchbasis auf der westlich gelegenen Insel Jost van Dyke gefunden zu haben, brechen wir frühmorgens dorthin auf. Nach dem Ankern folgt mit der Frau im Tauchshop das wahrscheinlich mühsamste Gespräch meines Lebens: Wie Open Water Diver?? Ein Boot kann sie mir anbieten für 710 US-Dollar pro Tag. Mindestens zwei Tage wären notwendig, um den Schein abzuschließen. Wie Anfängerin? Nein, nein ich muss schon alle Voraussetzungen erfüllt haben bevor sie mich abzocken. Ob mir klar sei, dass ich ein 250 Seiten Skript zu lesen habe?? Die zwei anderen Typen mit ihren absurden Wünschen (Tauchen!?) bringen sie dann vollkommen aus dem Konzept. Als wir verwirrt von Dannen ziehen wollen, erfahren wir vom Chef noch telefonisch, dass unsere Vorstellungen an diesem Ort nicht verwirklichbar sind. Immerhin Klarheit.

Wir verbringen also den restlichen Tag damit, das Internet umzudrehen, um eine andere Schule zu finden, die einen kompletten Anfängerkurs anbietet. Nach einer Koffeinüberdosis aus dem nächstbesten Café wanken wir als zitternde Zombies in die berühmte Foxy Bar, um das Koffein mit Rumpunsch auszugleichen. Mäßig erfolgreich: Cocktails überteuert, das Personal lahm, Wifi schlecht – das Ambiente ist allerdings einmalig und der Ortswechsel war es, jedenfalls für einen Drink, wert. Und wir finden schließlich mit den Blue Water Divers in Nanny Cay auf Tortola eine Tauchschule, die mich ausbilden will und unterdessen Jimi und Bernhard mit ein paar Tauchgängen bespaßen kann. In zwei Tagen gehts los! 

Jost van Dyke

Um die Wartezeit zu überbrücken zeigt uns Jimi die Welt des Ti-Punch: Man schneide ein Stück Limette in kleine Stückchen, gebe diese gemeinsam mit einem Teelöffel Rohrzucker in ein Glas und gieße es mit braunem Rum (vorzugsweise Mount Gay) auf. So verbringen wir von nun an die eine oder andere tatenlose Stunde. 

Unsere Tauchpläne lassen noch Zeit für einen Abstecher nach Norman Island in die riesige Bucht The Bight. Hier liegt das berühmt-berüchtigte Partyschiff Willy T vor Anker – ein unwahrscheinlicher Ort. Zwei Minuten Dinghyfahrt entfernt von Mêlée werden wir in eine andere Welt gezogen. Mitten am Wasser hat man hier Wiener Gürtelflair. Wir nippen ein paar Caribs, probieren Conch Fritters, tanzen zu Musik der 2000er und Jimi und Bernhard springen schließlich vom ersten Stock des Boots ins Wasser. Der Vergleich mit Wien wirkt nach dieser Auflistung etwas weit hergeholt, das Ambiente des Willy-T trifft es aber genau. Der Rest des Abends verschwimmt zwischen Tarpons und Ti-Punches. Szenenwechsel.

Norman Island

Nachdem in der Nähe der Tauchbasis in Nanny Cay leider nicht geankert werden kann, verbringen wir früher als erwartet wieder zwei Tage in der Marina. Diese ist jedoch mit warmen Duschen, Pool, Café, Restaurant und letztendlich der Tauchschule so gut ausgestattet, dass sie ihr Geld tatsächlich wert ist. Beim Anlegen werden werde ich mit positivem Sexismus (A lady on the wheel!? I can‘t believe it!!) und nützlicher Hilfestellung vom Steg begrüßt. Wir stellen uns im Tauchshop vor und zur Abendgestaltung kocht Jimi uns einen unvergesslichen kreolischen Eintopf mit smoked herring und selbstgemachten Dumplings. Kaum zu glauben, dass ich das in Zusammenhang mit geräuchertem Fisch sage – es war köstlich! 

Nanny Cay mit smoked herring und Virgin Cocktails

Morgen beginnt meine Ausbildung zur Taucherin! Als Musterschülerin geh ich zeitig ins Bett (meine Crew nutzt auch gleich die Gelegenheit für einen ausgiebigen Schönheitsschlag). Was mich wohl erwartet? Die Schulbank drücken mit Theorie? Übungen im Marinapool? Hibbel Hibbel. Gute Nacht. 

Rausgeblasen aus Sint Maarten

Unsere windige Woche mit Johanna & Michi neigt sich dem Ende entgegen. Obwohl wir keine ruhige Nacht und keine malerische Schnorchelbucht gefunden haben, wirken sie zum Glück vom Segeln nicht ganz abgetan.

Seit langem führen wir wieder einen fliegenden Crewwechsel durch. Kurz nach unserem umständlichen Anlegen in der Simpson Bay Marina steigt Jimi, der schon seit einer Woche in Sint Maarten urlaubt, aus den Tiefen seines letzten Tauchgangs empor und wir treffen uns in seiner Stammbar. Mit seinem Mietauto können wir uns zu fünft dann sogar noch auf zwei kleine Ausflüge begeben: 

Zum einen der berühmt berüchtigte internationale Flughafen von Sint Maarten mit dem unmittelbar angrenzenden gefährlichsten Strand der Welt. Aus sicherer Distanz beobachten wir wie im Minutentakt kleinere Privatjets und gar nicht so kleine Passagierflugzeuge über unsere Köpfe brausen und Landen. Noch spektakulärer sind jedoch die Starts, bei denen die Düsen den gesamten Strand aufwirbeln, Taschen ins Meer wehen und den Badegästen und Schaulustigen ein Sandpeeling verpassen. Ein windiges Spektakel auf dieser windigen Insel.

Princess Juliana International Airport

Zum anderen schaffen wir es genau zum Sundowner noch in die malerische Indigo Bay, wo wir mit einer Runde Bier und Wellenplantschen auf das erfolgreiche Zusammentreffen in der Karibik anstoßen. 

Indigo Beach

Ausklang im Lagoonis, Simpson Bay

Am Abend des nächsten Tags setzen wir über zu den British Virgin Islands – ein Sehnsuchtsort. Seglerparadies, Strände, Schnorcheln! Die Überfahrt bietet alles: Nachdem wir bei gemütlichen Bedingungen starten, nimmt der Wind gegen Abend zu, hört fast auf, nimmt dann stark zu inklusive dramatischem, nächtlichem Reffmanöver, nur um dann gänzlich aufzuhören und uns zu 30 sm unter Motor zu zwingen. Während der Fahrt wird musiziert, gegessen, ein Kreuzfahrtschiff befreundet und Jimi ans Seefahrtleben gewöhnt.

Unsere erste Anlaufstelle sollte die östlich gelegene Insel Virgin Gorda sein. Am späten Vormittag ankern wir nach ein paar morgendlichen Powernaps vor Great Harbour und klarieren ein. 

Da wir ab hier ein neues Reisekapitel starten, gibt es zum Abschluss von Saint Martin noch eine Anekdote aus Guadeloupe:

Wir befinden uns gerade in Deshaies mitten im Ankermanöver. Parallel zu uns wirft ein weiteres Boot den Anker. Bei genauerer Betrachtung besteht die Crew aus nur einem Mann, der splitterfasernackt zwischen Bug und Ruderstand hin und her hopst, um sein Manöver zu vollführen. Der Wind dreht und das Boot präsentiert uns sein Heck, auf dem in großen Lettern der Bootsname zu lesen ist: Full Moon. Direkt darüber am Steuer der full moon ihres Kapitäns. 

Venteux, windy, winderig

Saint Martin ist kompliziert. Die kleine Insel ist zweigeteilt in den französischen Teil Saint Martin und den holländischen Teil Sint Maarten. Der holländische Teil ist aber nicht wirklich holländisch, sondern ein autonomes Land des Königreichs Niederlande. Logo. Verschiedene Amtssprachen, Währungen und Gesetze auf einer Fläche die kleiner ist als Linz – immerhin die gleiche Zeitzone.

Nach einer super Überfahrt erreichen wir also den französischen Teil dieser seltsamen Insel. Die Anse Marcel bietet neben zahlreichen Schildköten in trübem Wasser einen ungemütlich schaukelnden Liegeplatz, was sich in weiterer Folge als das kennzeichnende Merkmal dieser Insel herausstellen sollte.

Am nächsten Morgen beziehen wir früh unseren reservierten Liegeplatz in der angrenzenden Marina – unser erster Hafen seit etwas über einem Monat. Während der Einfahrt stoßen wir wohl mit einer Schildköte zusammen. Eine heftige Erschütterung im Rumpf, aber keine sichtbaren Schäden. Hier haben wir nun zwei Tage Zeit zum Putzen, Aufräumen und Erledigen von kleinen Arbeiten bevor unsere zweiten karibischen Gäste Johanna & Michi landen. Nach einem fleißigen Tag rösten wir gerade Zwiebel an fürs Abendessen als Michi anruft: Wir sind jetzt da, bitte abholen! Wiiiiiiiiiee…? Nach 20 Minuten der Verwirrung dürfen wir also aufgrund eines kleinen Datumsverdrehers unsere ersten Überraschungsgäste auf der Mêlée begrüßen. Recht sauber ist es schon, Essen gibts auch genug, rasch ein Begrüßungsrumpunsch gemischt – willkommen an Bord! Zum Glück sind wir schon im richtigen Hafen im richtigen Land. Den Bonustag und auch noch den nächsten halben Tag nutzen wir, um unser marodes Steuerrad neu zu beziehen. *bling*

Anse Marcel

Nach einem gemütlichen Tag in der Marina folgt die letzte ruhige Nacht für eine Weile. Die folgende Woche ist geprägt durch Wind, Schwell, Wind, Wind und die vergebliche Suche nach Schutz.

Erstes Ziel mit neuer Crew ist die nur 3 sm entfernte Nachbarinsel Anguilla. Anguilla ist auch komisch. Um irgendwo vor Anguilla ankern zu dürfen ist eine Lizenz erforderlich- so weit, so normal. Ankern über Nacht ist allerdings ausschließlich in zwei definierten Buchten erlaubt…

Nach einer wilden, aber spaßigen Überfahrt ankern wir in der nördlich gelegenen Road Bay – Wind und Geschaukel. Auch die beiden Ausflugsziele Pidgeon Island und Sandy Island, die wir am nächsten Tag besuchen, bieten eben dies. Zudem Strandbars, die aber geschlossen sind, beeindruckend schöne, aber scharfkantige Muscheln, türkisblaues, aber trübes Wasser und einen beinahe außer Kontrolle geratenen Anlandungsversuch in der Brandung mit dem Dinghi. Es folgt eine weitere windige und schaukelige Nacht in der Road Bay. Beim Ausklarieren am nächsten Tag trifft Bernhard die Kellnerin der Cocktailbar von letzter Nacht wieder – heute ist sie nämlich im Dienst als customs officer. Wir segeln auf der Suche nach einer windgeschützten Bucht zurück nach Saint Martin. Immerhin ist der Wind noch gut segelbar und wir freuen uns über eine sportliche Am-Wind-Fahrt nach Süden.

Anguilla

Auch die Bucht vor der Hauptstadt der französischen Inselhälfte Marigot bietet keinen Schutz vor Wind und Welle. An unserer Boje ist es sogar noch ungemütlicher als ankernd, zudem werden unsere Festmacherleinen schwer in Mitleidenschaft gezogen. Dann verbringen wir eben mehr Zeit an Land, denn die Stadt ist es wert. Marigot ist belebt, attraktiv und leistbar. Für uns der lebenswerteste Ort, den wir in der Karibik besucht haben. Wir strandeln, besteigen das Fort Louis und essen hervorragenden Fisch.

Marigot

Zwei Tage später hat der Wind immer noch nicht nachgelassen und wir machen jetzt ernst mit unserer Suche nach Schutz. Ganz im Westen von Saint Martin befindet sich eine riesige halb französische und halb holländische Lagune, die Simpson Bay Lagoon. Wir fahren von Süden in die Bucht und klarieren zum ersten Mal in den niederländischen Antillen ein. Ankernd zwischen motorisierten Megayachten und Luxussegelschiffen werden wir aber noch immer von 25 kn angeblasen, obwohl ganz Saint Martin zwischen uns und der Windrichtung liegt. Immerhin schafft es die Welle nicht herein. Bei nur noch wenig Geschaukel verkrümeln wir uns unter Deck und zelebrieren einen windgeschützten Taco- und Spieleabend.

Kurzfristig organisiert Bernhard für die nächsten zwei Nächte einen Liegeplatz in der Simpson Bay Marina, um den anstehenden, selten gewordenen Crewwechsel möglichst einfach zu gestalten. Beim Anlegen dürfen wir mal wieder Zeugen eines Hafenkinos werden diesmal sind wir aber mittendrin und irgendwie doch völlig unbeteiligt. Nachdem uns Bernhard unter windigen Bedingungen gekonnt in die Parklücke schiebt empfangen uns am Steg drei Marineros, die jeweils zwei konträre Pläne verfolgen wie genau das Boot zu vertäuen sei. 45 Minuten später und unter Einbezug eines Dinghis und dreier Nachbarboote dürfen wir die letzte Leine fixieren. Für uns gibts zwischendurch nicht viel zu tun außer das Geschehen interessiert und mit viel Kopfkratzen zu beobachten. Wir beobachten zum Beispiel den Versuch, den Bug des Nachbarboots mit Hilfe des Dinghis in Windrichtung zu schieben, diesen dann nicht zu fixieren, gefolgt von verwunderten Blicken der Marineros, warum das Boot sich wieder zurückbewegt und dann den selben Versuch nochmal – immer und immer wieder. Als schließlich der letzte Marinero in seinem Golfwagen abbraust legen wir unsere Leinen nochmal neu. Das war interessant. Daraufhin ein Manöverschluck – sogar bereits mit einem neuen Crewmitglied…

Antigua – Urlaub bei Reich und Schön

Wir verlassen Guadeloupe also wetterbedingt spontan zwei Tage früher als geplant. Für die Etappe nach Saint Martin, wo wir endlich wieder Gäste auf unserer Mêlée begrüßen dürfen, haben wir die Wahl:

– die westliche und direktere Route über Montserrat und St. Kitts & Nevis

– oder die nördliche Route über Antigua & Barbuda (nicht zu verwechseln mit Barbados, Bahamas oder Bermuda)

Unter anderem deshalb, weil auf Montserrat ein aktiver Vulkan steht (wir sehen ihn von weitem dampfen) und große Teile der Küste nicht befahrbar sind, entscheiden wir uns für das buchtenreiche Antigua.

50 Seemeilen nördlich von Guadeloupe erreichen wir in finsterer Nacht das Ankerfeld vor Jolly Harbour an Antiguas Westküste. Die Ansteuerung ist dank zahlreicher beleuchteter Tonnen einfach, der Anker hält, der Wind lässt nach. Als Belohnung verschmausen wir noch frisch zubereitete Cheeseburger mit Coleslaw – Mitternachtssnack. 

Einmal Ausschlafen, dann geht es zum Einklarieren, was wie auf allen nichtfranzösischen Inseln eher aufwendig ist. Der Weg führt nacheinander zu Anmeldung, Port Health, Customs, Immigration, nochmal Customs, Port Authority und schließlich zur Kassa. Jede der genannten Stellen ist ein eigenes Büro, aber immerhin liegen alle direkt nebeneinander. Da recht wenig los ist, dauert der Prozess insgesamt nur eine Stunde. Einige East Carribean Dollar ärmer und ein paar Stempel im Reisepass reicher sind wir clear to go. Zum Vergleich: Auf den französischen Inseln Martinique und Guadeloupe haben wir jeweils null bis drei Euro gezahlt, haben 5 Minuten Daten in den Customs-Computer eingetippt und waren damit fertig einklariert. Beim ersten Mal hat mich zwar die französische Tastatur noch ins Schwitzen gebracht, doch inzwischen habe ich damit schon Routine.

Wir erleben Antigua als Urlaubsinsel der Reichen und Schönen. Zahlreiche Buchten sind von hübschen, unaufdringlichen Luxusresorts eingenommen, von weißem Sandstrand und Palmen geziert, gepflegt und sauber. Wir recherchieren: In den Hotels, vor denen wir geankert haben, kostet eine Nacht zwischen 800 und 2.000 €. Naja, für uns wars gratis, und bei dem freien Wifi haben wir auch mitgenascht. 

Carlisle Bay

Die zweite Nacht verbringen wir in Falmouth Harbour, einer großen, geschützten Bucht im Süden der Insel mit mehreren Megayacht-Marinas. Wir ankern, düsen mit dem Dinghi an Land und finden einerseits eine recht günstige Cocktailbar, andererseits eine authentische sardinische Holzofenpizzeria, wo wir uns für eher teures Geld zwei Pizzas mit aufs Boot nehmen. Bezahlt wird beim zigarrenrauchenden Besitzer Giovanni persönlich.

Südküste: Falmouth & English Harbour

Der Wind dreht für ein paar Tage nach Norden und verpatzt uns damit den Plan eines Abstechers nach Barbuda. Ziel dort wäre der famose zartrosa Sandstrand vor dem Privatanwesen, inklusive kleinem Flughafen, von Robert De Niro gewesen. Stattdessen fahren wir wieder zurück nach Jolly Harbour zum Tanken, Wasser füllen und Ausklarieren – natürlich wieder mit allen bürokratischen Instanzen. 

Jolly Harbour

Wir verbringen noch eine Nacht in der sehr seichten Deep Bay. Seit über hundert Jahren liegt hier das Wrack eines ausgebrannten Frachtschiffs, das ich schnorchelnd aufgrund der schlechten Sicht aber nur in Grundzügen erkennen kann. Die Bucht soll uns als Ausgangsort für die 90 Seemeilen-Passage nach Saint Martin dienen. Unsere erste richtige Nachtfahrt in diesem Jahr bietet 13 Stunden stressfreies und flottes Halbwindsegeln, mit freundlicher Unterstützung unseres Autopiloten. Im Morgengrauen tauchen am Horizont die Lichter von Saint Martin auf…

Soufflé & Bouillone

Von Basse Terre aus, der Hauptstadt Guadeloupes, wollen wir die Insel erkunden. Diesmal auf eigene Faust mit Mietwagen. Zum Glück sind wir in Frankreich und leihen einen himmelblauen Renault Twingo – etwas untermotorisiert in Anbetracht der Serpentinen mit bis zu 18 % Steigung, die uns bevorstehen.

Basse Terre

Aber keine Mietautos am Sonntag – und so begehen wir an unserem ersten Tag hier die Stadt und das überraschend sehenswerte Fort Delgrès. Wir als historisch nicht so arg Interessierte sind begeistert vom Ausblick und dem gepflegten grünen Rasen. So europäisch wie hier mitten im Fort hat es bisher in der Karibik noch nirgends ausgesehen (Stichwort Heimatmuseum Groß Schweinbarth).

Fort Delgrès

Am nächsten Tag schlängeln wir uns dann aber motorisiert die Serpentinen nach oben, um den Vulkan La Soufrière (liebevoll auch Soufflé) zu bestaunen. Der Weg zum eigentlichen Vulkankrater ist leider wegen Sturmschäden gesperrt. Dann gibts noch den imposanten Lac Flammarion, einen dampfenden See. Der Weg zum See ist komplett nebelverhangen. Zu Sehen gibts für uns nix, dafür mit Sturm, Nebel und Kälte ein kleines bisschen Heimatgefühle. Am Fuße des Soufflé wurde allerdings für Besucher eine heiße Quelle hergerichtet – genau das richtige nach so einem Schitag. Also plantschen wir ein wenig in dem nach verdorbenen Eiern stinkenden und mit gehirnfressenden Amöben verseuchten Wasser und wärmen uns auf. 

Soufflé

Die zweite Station des Tages ist ein Zoo. Sehr nett gestaltet mit Hängebrücken und mitten in den Dschungel integriert liegt der Parque des Mammales. Vorbei an Papageien, Affen und Ewoks (da bin ich doch ziemlich sicher), mitten durch das Lemurengehege und über einen Hängebrückenpark – so verbringen wir ein paar gemütliche Stunden mit regenwaldtypischen Schauern alle paar Minuten. 

Parque des Mammales

In der letzte Station des Tages, dem Wasserfall Cascade aux écrevisses nimmt Bernhard ein weiteres Bad – diesmal aber weniger stinkend und eher belebend. 

Cascade aux écrevisses

Nach drei Tagen ankernd vor Basse Terre nehmen wir unseren üblichen Tagesrythmus wieder auf – Richtung Norden fahren, ankern, chillen, Richtung Norden fahren, ankern, chillen. Die beiden nächsten Ankerplätze bieten jedoch Highlights: 

In Bouillante ist der Name Programm. Eine heiße Schwefelquelle mündet hier ins Meer und mit zahllosen anderen Warmbadern entspannen wir uns im bis zu 40°C heißen Wasser. Obwohl wir bei den üblichen 27°C warmes Wasser gewöhnt sind, hat diese Temperatur doch eine nachhaltig tiefenentspannende Wirkung. Wie Therme, nur gratis und ohne Fußpilz. Dafür wieder schwefeliger Eiergestank.

Pidgeon Island, zwei kleine Felshaufen, denen gegenüber wir ankern bietet das unglaublichste Schnorchelerlerlebnis, das wir bisher bestaunen durften. Keine seltenen Tiere, keine neuen Fische, aber alles an Unterwasserwelt was wir bisher gesehen haben mal 100. Gigantische Schwärme verschiedener Fische, die allesamt um uns herumwuseln gemischt mit Einzelgängern, die sich aus nächster Nähe betrachten lassen und fast schon frech um einen herumschwimmen. 

Pigeon Island

Der letzte Stop auf Guadeloupe ist für uns Deshaies, eine hübsche Bucht, die über und über voll ist mit Segelbooten. Dass wir hier eher unabsichtlich keine Fotos gemacht haben ist nicht weiter schlimm, denn die Bucht ist zu sehen in den elf Staffeln der Serie Death in Paradise

Wir wollen dann eigentlich noch in das Riff im Norden der Insel und einen kurzen Abstecher auf die andere Insel Grand Terre machen. Wind und Welle verhindern dies jedoch und da wir bereits ausklariert haben, planen wir kurzerhand um und düsen Richtung Antigua, wo wir nach 13 Stunden Am Wind Segeln nachts die Westküste erreichen. 

Weiche Popos und Lungenflügel

Noch beeinträchtigt vom Rumpunsch des Vortags lassen wir Dominika in unserem Kielwasser und motoren bei vollkommener Flaute gen Norden. Spiegelglattes Wasser und eine 0,0 auf der Windanzeige – ein Anblick der sich erstmals seit dem Mittelmeer darbietet. Unser Tagesziel sind die Îlets de Saintes, eine kleine Inselgruppe, die dem französischen Guadeloupe vorgelagert ist. Wir ankern vor dem Hafen und können bei Dosennudeln einen wunderbaren Sonnenuntergang genießen. Zum Glück haben wir immer einen ganzen Haufen Notfallfutter mit dabei – vorrangig für schwierige Überfahrten, nützlich aber auch bei Kater und fehlendem Lieferando. 

Den nächsten Morgen verbringen wir an Land des kleinen, touristischen Ortes Terre de Haut bei einem petit dejeuner mit Galettes und Expresso. Nach Proviantieren, Strandeln und Einklarieren verlassen wir unseren Ankerplatz, um eine der anderen Saints-Inseln aufzusuchen und in unserer auserkoren Bucht dürfen wir ein Hafenkinospektakel der Extraklasse bestaunen.

Îlets de Saintes

Zunächst das Phänomen Hafenkino: Wenn jemand auf einem Boot sich ungeschickt oder unseemännisch anstellt sind die Crews aller umliegenden Boote angehalten das Szenario schamlos zu beobachten und halblaut zu kommentieren. Ein echtes Hafenkino ist es aber meiner Meinung nach nur, wenn die Crew im Mittelpunkt des Geschehens lautstark herumbrüllt. Da ich mittlerweile selbst schon an vielen dummen Situationen beteiligt war oder zumindest Verständnis für viele Lagen habe, hat das Hafenkino etwas an Reiz verloren. Die zwei Katamarane, um die es hier gehen soll, sind aber eine Liga für sich.

Als wir in die Bucht einfahren, liegen sie ankernd am Päckchen. Wir sind noch auf der Suche nach einem passenden Platz, als sie den Anker aufholen und scheinbar vergessen, dass sie noch miteinander vertäut sind. Unter lautem Knacken und Krachen stoßen die Hecks der Katamarane zusammen und die Crews lösen erst dann die verbliebene Leine. Sie fahren weiter in die Bucht und einer der Katamarane versucht dann erneut zu ankern, diesmal Bug an Bug mit einem bis dahin unbeteiligten Boot. Der Anker hält nicht, sie holen ihn wieder auf und ziehen, wenig überraschend, den Anker des armen Unbeteiligten nach oben. Alle an Bord des Kats versuchen kopfkratzend und stilecht mit Zigarre im Mund ihren Anker wieder von der fremden Kette zu befreien. Wo kam die denn her!? Die Katamarane ankern daraufhin, wieder am Päckchen, deutlich weiter außen in der Bucht und wir beobachten die Leidtragenden, wie sie noch eine halbe Stunde später keinen gut haltenden Ankerplatz mehr mehr finden. Unterdessen ankern wir uns in die beste Position in der Bucht uns fragen uns wie wir es geschafft haben, nicht Teil dieses Chaos zu werden.

Nun aber weiter nach Guadeloupe. Die Insel besteht aus zwei Hauptinseln, der kleineren Grand Terre (ja, tatsächlich) und der größeren Basse Terre, die zueinander angeordnet sind wie zwei Lungenflügel (sie selbst nennen es Schmetterling). Unser Plan sieht vor von Süden ins Brustbein, also in die Mitte der beiden Inseln zu fahren und dann entlang der Westküste nach Norden zu segeln. 

Am nächsten Morgen erreichen wir nach 5 Stunden wunderbaren Segelns, inklusive einer hierorts sehr selten gebrauchten Wende und Navigation durchs Riff, Point à Pitre, die größte Stadt der Insel. Effiziente Segeltage mit einer kleinen Herausforderung machen immer noch mehr Spaß als alles andere! Von unserer ziemlich privaten Bucht aus, die vom Nachbarboot mittels Rottweiler beschützt wird, besuchen wir die Stadt. Eine herbe Enttäuschung. Alles, alles hat geschlossen um 16 Uhr, menschenleer und abgeranzt. Wir holen uns ein Eis und sind raus hier. Am nächsten Tag wird in der Stadt demonstriert, vielleicht hängt es ja damit zusammen. 

Point à Pitre

Vorbei am imposanten Museum für Sklaverei und Sklavenhandel fahren wir nur ein kleines Stück Richtung Süden, wo wir eine Nacht an der Boje gegenüber der Marina verbringen. Die Marina bietet ein ganz anderes Bild. Ein eigenes schnuckeliges Dorf mit Shops und Restaurants. 

Eine weitere Minietappe führt uns raus aus dem Riff vor die winzige, unbewohnte Insel Gosier – ein besonders idyllischer Sandhaufen mit Leuchtturm. Am späten Nachmittag ziehen hier die Landtouristen ab und Segelcrews machen es sich mit Sechsertragerl gemütlich. Wir spazieren die Insel einmal auf und ab, erklimmen den Leuchtturm, sammeln hübsche Korallen und entdecken unsere Zuneigung zu Einsiedlerkrebsen.

Îlet du Gosier

Diese niedlichen Miniversionen von Davy Jones müssen sich verlassene Schneckenhäuser oder Muschelschalen suchen um ihre verwundbar weichen Popos zu schützen. Zwei ihrer fünf Beinpaare sind speziell dazu ausgebildet ihre Behausung festzuhalten. Eine bestimmt Art von Einsiedlerkrebsen bildet Kollektive aus bis zu 20 Tieren, die dann wie auf einem Basar reihum ihr zu klein gewordenes Haus gegen ein größeres tauschen. Was für soziale und possierliche Krabbelviecher.

Am nächsten Morgen brechen wir bei recht viel Wind und Welle auf Richtung Westküste. Unser erstes Ziel ist die Hauptstadt Basse Terre.

Îlets de Saintes

Dominiiica!

Dominica hat mit der Dominikanischen Republik so viel gemeinsam wie Österreich mit Kängurus. Deshalb ist den Einwohnern die richtige Aussprache bzw. Betonung wichtig, nämlich wie in der Überschrift. Die Insel liegt zwischen den französischen Karibikinseln Guadeloupe im Norden und Martinique im Süden, ist ein eigenes Land und gehört dem Commonwealth of Nations an. Sie wird von Seglern gerne ausgelassen, da die nautische Infrastruktur im Vergleich zu den Nachbarinseln praktisch nicht vorhanden ist. Genau genommen gibt es nicht einen einzigen für die Freizeitschifffahrt geeigneten Hafen im ganzen Land. Trotzdem (oder gerade deswegen?) haben wir uns entschieden, die relativ unberührte und wenig besuchte Insel näher zu erkunden.

Das Land ist, wie die meisten der eigenständigen karibischen Inseln, eher arm, hat eine hohe Arbeitslosigkeit und lebt hauptsächlich von Landwirtschaft und Tourismus. Es gibt (noch) keinen großen Flughafen, der von internationalen Airlines genutzt wird. In der Hauptstadt Roseau können immerhin zwei Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig andocken – wir haben während unseres Aufenthaltes drei Exemplare an- und ablegen gesehen. Wie sehr die Insel versucht, für Segeltouristen wie uns attraktiv zu erscheinen, erkennt man auch an der Tatsache (nicht verifiziert), dass auf den Diebstahl eines Jacht-Beiboots 9 Jahre Gefängnis stehen. Das ist viermal so lange wie für Diebstahl eines lokalen Fischerbootes. Hurricanes sind in der Sommerzeit leider keine Seltenheit – sie verwüsten alle paar Jahre die Küstenstädte, zuletzt Maria im Jahr 2017. Wir hören Geschichten von Häusern, Hotels und Stegen, die regelmäßig zerstört und neu gebaut werden müssen und von Einheimischen, die das als Teil ihres Lebens akzeptieren.

Erster Blick auf Dominica

Dominica beeindruckt uns schon aus der Ferne durch surreal leuchtendes Grün, denn drei Viertel der Fläche sind von Regenwald bedeckt. Wir schnappen uns als erste Anlaufstation eine Boje in einer unschmucken Bucht in der Nähe von Roseau, wo wir zwei Nächte verbringen. Der Fußweg in die Stadt zum Einklarieren ist anstrengend, der Verkehr schnell, laut und links, die Straße schlecht und fußgängerfeindlich. Da das einzige Bootsfachgeschäft schon geschlossen hat, kaufen wir am Straßenrand eine billige Touristen-Dominica-Flagge und setzen sie als Gastlandflagge. Für nur vier Tage Aufenthalt eigentlich die perfekte Lösung. 

Erstmals seit wir in der Karibik unterwegs sind, sehen wir mehr von einem Land als die unmittelbare Küstenregion. Und zwar in einer sechsstündigen Tour gemeinsam mit Guide Dr. Jones und Jim & Marianne vom knallorangenen kalifornischen Katamaran Alani. Dr. Jones bringt uns in seinem Kleinbus zunächst zu den Middleham Falls. Der Besuch des Wasserfalls erfordert eine einstündige, matschige und ausgesprochen anspruchsvolle Wanderung über Stock und Stein und den ein oder anderen Fluss durch den Regenwald. Der Weg ist das eigentliche Highlight – Wasserfälle kennen wir schon, Regenwald ist für uns neu. Pia hat Tage später noch Muskelkater. 

Middleham Falls

Zweites Ziel unseres Ausflugs ist Titou Gorge, ein kleiner Wasserfall am Ende einer Regenwaldschlucht, der nur schwimmend erreicht werden kann. Zur Abwechslung steigen wir also in frisches Süßwasser und erschwimmen den kurzen Fluss entlang der beeindruckenden Felswände. Einer von 365 Flüssen der Insel – einer für jeden Tag des Jahres. Nachdem vor uns eine wasserscheue Gruppe mit ihrem panischen Guide endlich das Feld räumt, plantschen wir unter dem Wasserfall und lassen uns anschließend mit der Strömung wieder hinaustreiben. Die Schlucht ist ein Drehort von Fluch der Karibik 2 – da wo sie in den Käfigen runterfallen und dann im Wasser landen. Orlando Bloom ist hier geschwommen! 

Titou Gorge

Beim späten Mittagessen unterhalten wir uns mit Jim & Marianne, die beide Zahnärzte sind und seit Jahren im Monatswechsel arbeiten und die Karibik besegeln. Netter Lifestyle. Sie versorgen uns mit persönlichen Empfehlungen und etwas Lektüre zu den Virgin Islands, die für Februar & März auf unserer Liste stehen. Tagesziel 3, die Trafalgar Falls, erfordern zum Glück für unsere Oberschenkel nur einen kurzen Fußweg. Wir dürfen sie mit Regenbogen bestaunen. 

Trafalgar Falls

Nach zwei Nächten im Süden begeben wir uns in den Norden der Insel, wo wir in Portsmouth noch einmal zwei Nächte an der Boje in einer viel hübscheren Bucht mit zahllosen anderen Segelbooten verbringen. Boatboy Avin, seines Zeichens auch zertifizierter Island Tour Guide, empfängt uns herzlich und wir arrangieren eine Tour auf dem Indian River für den Folgetag. Die Flussmündung ist nur wenige Minuten von unserer Boje entfernt. In Avins Holzboot erkunden wir im strömenden Regen einen anderen Drehort aus Fluch der Karibik 2, nämlich Calypsos Hütte mitten im Sumpf. Nicht nur als Fans der Filmreihe sind wir beeindruckt. Johnny Depp ist hier Boot geschwommen! Bei einer anschließenden kurzen Wanderung durch die Mangroven bekommen wir noch ein paar Sonnenstrahlen ab.   

Indian River

An unserem Abschlussabend auf Dominica nehmen wir an der berühmten sonntäglichen Strandgrillerei teil, die von den Verwaltern des Bojenfelds organisiert wird. Mit gegrilltem Huhn und all-you-can-drink-Rumpunsch lassen wir es uns gutgehen. Von letzterem haben wir uns allerdings zwei Tage später noch nicht erholt. Wir treffen die ARC-Teilnehmer Antonia und Joaquin, ein chilenisches Paar, das mit ihrem Flughörnchen Clara an Bord ihres Segelboots Tokerau reist. Wie bitte? Ja – wir können später auf deren Boot selbst miterleben, wie das handtellergroße, zahme, aber sehr flinke Tier mit den riesigen Augen beinahe ausbüxt, eine Runde um das Boot schwimmt, von Antonia wieder eingefangen wird und zur Strafe den Rest des Abends in seinem Käfig verbringen muss. 

Danke Dominica, morgen geht es wieder zurück in französische Gewässer. Guadeloupe im Norden und seine vorgelagerten Inseln warten schon auf uns.

Gedanken zu Unterwasser

Wildes Gewusel um 8 Uhr morgens des 5. Jänners in der Tauchbasis in Trois Îlets. Obwohl jeder irgendwas am Schiff vergisst und nochmal zurückgeht, schaffen wir es pünktlich mit dem Dingi auf dem wackeligen, öffentlichen Schwimmsteg anzulegen und mitzuwuseln. Wobei, dadurch, dass wir am Vortag schon alles anprobieren konnten läuft es für uns eigentlich ganz entspannt. Jedenfalls für mich, denn ich muss mich als komplette Anfängerin um nix kümmern. Während sich Andi, Benni und Bernhard darüber den Kopf zerbrechen, welchen Schlauch man wo anstecken muss um nicht zu sterben, übernimmt das für mich die sehr freundliche Tauchlehrerin Maggie, die mir dann eine kurze Einschulung über die wichtigsten Schritte und Handzeichen gibt. Knapp, aber präzise und übersichtlich erklärt, fühl ich mich ganz zuversichtlich. Eine rasante Fahrt mit dem Tauchboot und ein paar gebrüllt Erklärungen der Lehrerin später wurschteln wir uns mit den 11 anderen Leuten an Bord in unsere  Neoprenanzüge, Westen, Tauchflaschen und Flossen. 

Frohen Mutes am Vorbereiten

Als besonders heterogene Gruppe haben wir uns überlegt unsere unterschiedlichen Erfahrungen dieses Tauchabenteuers einzeln festzuhalten. Klick einfach auf das entsprechende Foto, scroll unsere Erlebnisse durch von Anfänger bis Fortgeschritten oder benutz die Fotos als Lesezeichen, denn der Text ist eventuell etwas lang geworden.

Pia

Andi

Bernhard

Benni

Pia, Newbie in Therapie

Da steh ich also am Heck des Tauchboots. Der Einstieg ins Tauchvergnügen ist eher würdelos. Ausrüstung, die gefühlt schwerer ist als ich, Flossen, mit denen die Fortbewegung am Schiff naturgemäß entig ausschaut, Maske schon mal auf, Atemschlauch im Mund. Dann mit der flachen Hand ins Gesicht drücken, Blick zum Horizont und der große Schritt nach vorn. 

Nachdem ich mühelos auf der Wasseroberfläche treibe, schätze ich, dass ich richtig angezogen worden bin. Gleich schnappt mich der Tauchlehrer und lässt mich mit dem Kopf unter Wasser ein paar Atemzüge ausprobieren. Überraschend einfach, nachdem das Atmen durch den Schnorchel mir vor kurzem noch alles abgerungen hat. Kopf wieder hoch und schon lässt der Lehrer die Luft aus meiner Weste und wir tauchen ab. Gefühlt bin ich schon mehrere hundert Meter abgesunken, tatsächlich sind wir nur sehr langsam unterwegs und ich kann die Wasseroberfläche noch fast berühren. Trotzdem bin ich überrascht, plötzlich unter Wasser zu sein. Hätt mir mal wer im Vorhinein sagen können, dass das beim Tauchen passieren kann. 

So, atmen klappt, dann Druckausgleich. Der Lehrer will, dass ich durch die Nase ausatme. Kommt dann nicht Wasser in die Brille? Nein, gerade nochmal gut gegangen. Der Tauchlehrer zieht mich an der Hand ein bisschen durch die Gegend und zeigt hie und da auf einen Fisch. Was denn noch alles? Atmen, Flossen, Ohren und Fische anschauen? Womöglich soll ich das Ganze auch noch genießen? Wenige Minuten später tauchen meine drei Buddies (so nennt man Freunde unter Wasser) und Maggie auf. Vermutlich sind sie von oben gekommen. Der Lehrer schubst mich Richtung Gruppe. Zur Sicherheit schnapp ich mit die nächstbeste Hand – danke Andi. Gruppenfotoooo! Lachen? Besser nicht! Lieber Atmen, Ohren, Flossen und Festhalten. Dann schnappt mich die Lehrerin und gefolgt von der kleinen Buddyllion tauchen wir an einem Riff entlang. Sicher richtig beeindruckend, aber es fällt mir noch recht schwer, die bunten Farben der Pflanzen und unzähligen Fische zu bewundern. Dann entdecken wir Maggies Lieblingsfisch, was sie uns mit improvisierter Zeichensprache erklärt. Daraufhin merk ich erst, dass das hier alles gar kein ernsthafter Überlebenskampf ist und und ich beginn mich langsam wohler zu fühlen. Durch Ausatmen (Maggie gibt mir immer wieder das Zeichen dafür) kann ich tiefer nach unten schweben. Dann Einatmen und Druckausgleich. Das ist im Grunde die ganze Prozedur und ringt mir doch eine ganze Menge Aufmerksamkeit ab. 

Nach einer Weile lässt Maggie mich eigenständig herumschwimmen. Ich bleib in ihrer Griffweite. Sie schwimmt die meiste Zeit verkehrt herum und kann so die ganze Gruppe im Auge behalten. Als alle immer wieder 👌 machen versteh ich erst, dass man das auch als Antwort benutzen kann und nicht nur als Frage. Mein erster Versuch mit 👍 zu antworten ist mir selber falsch vorgekommen, das war ja schließlich das Zeichen für nach oben… Nicken war scheinbar auch falsch. Dann eben 👌. Und nachdem alle wirklich andauernd 👌👌👌 zeigen, glaub ich es ihnen langsam und beginn mich in dieser fantastischen Unterwasserwelt umzuschauen. Es ist wie eine kleine Fantasywelt, über die man hinwegschwebt. Beim Schnorcheln haben wir schon einige Fische gesehen, aber hier sind alle auf einmal in einer unglaublichen Anzahl. Ich stups einen Schwamm an und wenig später sehen wir noch eine Muräne, mein Alptraum! Die anderen bleiben aber entspannt und dann tu ich es ihnen eben gleich. Außerdem schaff ich es eh nicht, rückwärts zu schwimmen, also schau ich mir eben aus nächster Nähe an wie sie uns wütend anzubrüllen scheint. Irgendwann schaffe ich es mich von meinem sturen Blick nach vorn zu lösen und einen Rundumblick zu machen. Daraufhin bin ich sicher, dass Bernhard weg ist, aber auch jetzt bleiben alle entspannt – wird schon seine Richtigkeit haben. 

Kurz vor dem Auftauchen ist es in meinem kurzärmligen Tauchanzug schon richtig kalt und ich bin ein bisschen erleichtert, als mich die Lehrerin schnappt und wir durch etwas Luft in die Weste rasch in Richtung der mittlerweile 7 m entfernten Oberfläche schweben. Meine Buddies tauchen neben mir auf und alle scheinen ganz zufrieden mit dem Tauchgang und mir als Anfängerin. 

Den zweiten Tauchgang auf 12 m darf ich dann aber nicht mehr mitmachen. Nachdem ich ziemlich durchgefroren bin zieht es mich aber auch gar nicht nochmal ins Wasser. Die Eindrücke dieser ersten 50 Minuten unter Wasser reichen fürs Erste auch völlig aus. Am nächsten Spot bleib ich also im Nieselregen allein am Tauchschiff zurück und schau mir die hübsche Choreographie an, die die anderen beim Abtauchen vollführen. 50 Minuten später und eine Beule auf dem Kopf reicher, weil ein anderer Taucher seine Trinkflasche auf meinen Kopf fallen lässt (es geht schon, nix passiert…) tauchen die drei kühnen Tiefseeforscher wieder auf und wir düsen mit dem Boot zurück zur Basis. Danke liebe Buddies, dass ihr mich mitgenommen habt! Meine größte Sorge, dass meine Ohren da nicht mitspielen, hat sich bisher nicht bewahrheitet und ich freu mich schon aufs nächste Mal! Sagts das mal bitte wer der Pia von vor einem halben Jahr.

Andi, angstfrei in Ausbildung

Konzentration… nach vorne schauen… ein großer Schritt… *platsch* .

Jetzt noch cool den linken Arm heben, um die Pia zu verwirren, und abtauchen. Wow, es funktioniert. Ich sinke! Ganz ohne Hilfe! Und schon gehts los. Die Flossen ganz langsam bewegen. Langsam… nicht mit den Armen wacheln! Das schaut komisch aus, außerdem drehe ich mich unkontrolliert herum. Gut, es klappt, ich komme voran. Immer der Pia und der Tauchlehrerin hinterher. Wieso schaut die Pia jetzt eigentlich schon aus wie eine Profitaucherin?

Und Moment… wo sind die anderen? Ah, Benni schwimmt irgendwo hinter mir und schaut sich einen Fisch an. Bernhard? Links von mir, ok, weiter gehts. Vielleicht sollte ich mir auch einmal die Fische anschauen. So schön bunt und so viele Farben. Leider werde ich sie mir niemals alle merken. Oh, da vorne stoppen Pia und die Tauchlehrerin und alle zeigen auf irgendetwas! Eine Muräne! Hallo, Muräne! Jetzt bloß nicht unkontrolliert absinken und ihr zu nahe kommen!

Wie war das nochmal in der Tauchschule? Immer brav die Luft in der Flasche kontrollieren. Der Zeiger ist weit oben. Gut, wird schon passen.

Das Riff schaut aus wie eine kleine Unterwasserstadt. Und die Korallen leuchten total arg. Oh cool, da vorne greift Pia einen Schwamm an, da mach ich gleich mit.

Hmmm, was deutet die Tauchlehrerin da? Ah, sie will ein Foto machen. Oh verdammt, Bernhard schwimmt vor mir herum, wie soll ich da vorbeikommen? Wartet auf mich! Und CHEESE! Oder eher Blubber Blubber…

Weiter gehts! Oh, da ist ein roter Fisch! Den hab ich schon einmal im Fischlexikon gesehen. Andi, merk dir den! Wieso sind alle plötzlich so weit weg? Und warum fühlen sich meine Flossen so komisch an? Verdammt, ich bin ja ganz an der Oberfläche! Die Tauchlehrerin deutet auch schon irgendetwas in meine Richtung. Schnell wieder abtauchen! Wie war das noch einmal? Wie schnell darf man wieder auftauchen…? Naja, wird schon nicht so schlimm sein.

Was ist das? Kleine bunte Christbäume auf Steinen. Die schauen ja richtig cool aus! Sind das Pflanzen? Das will ich dem Benni zeigen. Wieso schwimmt der schon wieder so schnell weg? Ah, jetzt hat er mich bemerkt! Da, schau, Miniunterwasserchristbäume! Er schaut nur verständnislos. Da, genau da! Fragezeichen in seinen Augen. Ist der blind? Na gut, dann halt nicht.

Schön langsam gehts wieder an die Oberfläche. Langsam sollte es zumindest sein. Ich steige auf wie ein Luftballon. Und da ist schon mein Kopf aus dem Wasser. Juhu, wieder richtige Luft atmen! Ich habe überlebt!

Bernhard, der Wiedereintaucher

Tauchen ist wie Fahrradfahren, hat die nette Dame in der Tauchbasis gesagt. Meine Tauchscheine haben den Zusatz „Junior“ und mein letzter Tauchgang ist immerhin gut 14 Jahre her. Aber schon beim Herrichten der Ausrüstung fühlt sich alles vertraut an und ich denke, sie hat wohl recht. Die intensivste Erinnerung, die mir ins Gedächtnis schießt, ist aus irgendeinem Grund das mühsame Gefühl, sich für einen zweiten Tauchgang erneut in einen nassen Neoprenanzug hineinzuzwängen.

Einmal im Wasser, spiele ich mit dem Tarierjacket und stelle mit Erstaunen fest, dass ich auch ohne Bleigewichte absinke – das wird also mein erster Tauchgang ohne Blei. An das Austarieren nur mit der Atmung, ohne Jacket und Gewichte, kann ich mich von früher nicht erinnern, doch es funktioniert. Ich konzentriere mich anfangs darauf, meine Hände verschränkt zu halten, um nicht herumzufuchteln wie Stan™ beim Versuch, Schiffe oder Grabsteine zu verkaufen. 

Ich beobachte Pia, die bei ihrem allerersten Tauchgang ruhig und interessiert (oder etwa in Schockstarre?) umherschwebt, anfangs geführt durch unsere Guidelady, später allein. So tauchen wir zu fünft Riffe mit Flora und Fauna in allen erdenklichen Neonfarben ab, und irgendwann, als mir schon zu frösteln beginnt, ist der erste Tauchgang beendet. Wir brausen in Gleitfahrt zu dem nächsten Spot und versuchen inzwischen, uns aufzuwärmen, was dank Starkwind und intermittierendem Nieselregen nicht so einfach ist. Schon geht es wieder ins Wasser, Pia bleibt diesmal zurück. Sie hat ihre Tauch-Taufe erfolgreich abgeschlossen und bewacht nun das Schiff. Während oben wettermäßig die Welt untergeht, haben Andi, Benni und ich eine ruhige Zeit auf bis zu 15 m Tiefe. Auch eine Seegras fressende Schildkröte sehen wir diesmal. Die kann uns natürlich nicht mehr besonders beeindrucken, da wir beim Schnorcheln bereits ca. 100 Exemplare gesehen haben. 45 Minuten farbenfrohe Eindrücke später war es das dann auch schon wieder. Nach der Rückfahrt, dem Spülen des Equipments und Herunterladen der zahlreichen Fotos heißt es jetzt, im Marine picto life all die Fische und Pflanzen zu finden und zu benennen, die wir gesichtet haben. Ich freu mich auf die nächste Tauchgelegenheit – vielleicht auf Guadeloupe – soll ja auch sehr schön sein.

Erster Tauchgang

I dived with Benni and survived

Luft? Check. Brille? Check. Jacket aufblasen und Sprung. Bldjdbdjdndbl und wieder auftauchen. Endlich wieder tauchen. So dann ab gehts hinunter, hoffentlich wird mir nicht kalt nur mit Shorty. So wo sind denn die anderen, aja Bernhard mit Sturmfrisur, Andi neben mir und Pia mit Tauchlehrer da vorne. Voll cool, ihr erstes Mal tauchen und ihr Gesicht schaut gar nicht nach maximaler Panik aus. Ah, Maggie sagt wir sollen ein Gruppenfoto machen… na toll der Bernhard schwimmt mir genau vors Gesicht, nagut dann geh ich halt auf die andere Seite. Einmal lächeln – oder halt nicht, auch egal. 

So, läuft soweit ganz gut und das Wasser ist so klar. So viele Fische. Kenn ich die schon aus Pias Buch? Den schon, den da auch, glaub ich. Ah, den Trompetenfisch erkenn ich aber sicher. So auf meiner Wishlist stehen Schildkröte, Rochen, Muräne, Krebse. Aber eigentlich ist alles interessant hier unten. Wie tief wir wohl schon sind, echt nervig, dass wir keinen Tiefenmesser bei uns haben. 

Ah, tauchen ist schon cool. Man hört nur seine Atemgeräusche und kann sich voll auf das Gesehene konzentrieren. Uh, hallo wer bist du denn? So schöne Korallen hier mit lauter Fischen. Wahnsinn. Maggie sagt wir sollen den Schwamm angreifen. Ja, fühlt sich schwammig an. Wo ist eigentlich der Bernhard schon wieder? Ah dort hinten, was macht der dort? Ist dort was cooles? 

Naja egal, ich beobachte mal den Boden genauer. He, eine Muschel, die ist sogar noch ganz! Die hol ich mir, sind ja nur – was wird das sein – 2 Meter ca.? Uuuund meins! So, jetzt nur nicht mehr fallen lassen, ich hab keine Ahnung wo hier Taschen sind. He, die Pia ist ja schon ganz selbstständig unterwegs. Wow. Ich glaub ihr machts Spaß.

Naja im zweiten Tauchgang sind wir immerhin mal in die andere Richtung gestartet. Wo ist schon wieder Mister Sturmfrisur? Ah, über mir. Nagut weiter gehts, ich will alles sehen was es hier gibt. Da drüben macht die andere Gruppe grade Fotos… uh, eine Muräne! Komische Dinger. Hä, was will die Andi von mir? Deutet auf einen Stein. Aber wo soll da ein Fisch sein? Hab ich ihn verpasst? Sie zeigt immer noch auf den Stein. Versteh ich nicht. Naja okay, muss sie mir später erklären. 

SCHILDKRÖTEEEEE. Maggie sagt nur mit Bernhard gemeinsam runter – und gibt mir die GoPro mit. Oh, Andi darf leider nicht die paar Meter hinunter zur Schildkröte. Nadann nur Bernhard und ich. Selfietime ✌️

So jetzt gehts eh wieder Richtung Boot, hab nur noch 80 Bar Luft. So viele Fische, die muss ich mir fürs Logbuch merken. Aber Rochen hab ich noch keinen gesehen. Da ist ja auch schon das Boot, schön langsam auftauchen und die letzten Meter unter dem Meer genießen. 

Ah zurück an der Oberfläche, leider schon wieder vorbei.

Zweiter Tauchgang

Au revoir, Martinique

Da sind wir also wieder allein. Die Marina Z’Abricots ist ein guter Ort für unsere gewohnte Routine aus dem Mittelmeer: Putzen, einkaufen, Wäsche waschen. Dazu kommt noch das Abdichten mehrerer Stellen an Deck, an denen wir leichten Regenwassereintritt vermuten. Testen können wir unsere Arbeit bisher nicht, denn seit Andi und Benni abgereist sind, regnet es kaum noch. Die Marina ist mitten in einem Industrie- / Neubaugebiet gelegen und schaut im Grunde aus wie die Donaustadt. Trotzdem gar nicht so schlecht hier.

Einen Tag später fahren wir nochmal eine kurze Etappe Richtung Süden. Die als ganz wunderbar beschriebene Anse Noire (Anse = Bucht) geht uns als Ziel noch ab und ist sich in den letzten zwei Wochen nicht ausgegangen. Leider kriegen wir dort keinen Platz und ankern somit in der unmittelbar angrenzenden Anse Dufour. Schon beim ersten Schorcheln entdecken wir die Ausläufer eines Riffs mit unzähligen bunten Fischen und Pflanzen, das dann in eine Sandfläche übergeht, auf der sich gewaltige Schwärme silbriger Fische in verschiedenen Größen tummeln. Highlights des Tages sind eine grasende Schildkröte und eine (wie immer) wütende Muräne.

Am nächsten Tag schnorcheln wir dann einen Großteil des Riffs entlang, das die Anse Noire und die Anse Dufour voneinander trennt. Ohne Aufwand und Kosten können wir hier fast die selbe Farbenpracht und Vielfalt bestaunen wie bei unserem Tauchgang. Riffe sind cool!!

Anse Dufour / Anse Noire

Danach starten wir wieder zu einer kurzen Etappe Richtung Norden, zu dem angeblich sehenswerten Ort Case Pilote. Dort angekommen können wir uns nicht recht für einen Ankerplatz entscheiden – Schwell, Böen, Felsen, naja… Endlich ringen wir uns zu einer Entscheidung durch, sind selbst nicht ganz mit der Position zufrieden und werden prompt von einem Fischerboot verscheucht. Sie wollen uns sogar einen Alternativplatz anbieten, der jedoch in viel zu seichtem Wasser und viel zu nah an den Felsen liegt. Wir geben ihnen zu verstehen, dass wir den Platz nicht wollen, woraufhin sie uns mit unhöflichen Gesten verabschieden. Nix wie weg hier – so schön hat der Ort eh nicht ausgeschaut. Am Weg Richtung Norden zu unserem Alternativziel Saint Pierre entdecken wir die weitläufige, wildromantische Bucht Fond Bouchant, in die wir sogleich abbiegen. Kaum mit der Nasenspitze in der Bucht fällt der starke, böige Wind auf Null Knoten – scheint gut geschützt zu sein. Auch ankern klappt wunderbar. Leider hält uns ein ungemütlicher Schwell die Nacht über wach. Als Notlösung können wir uns aber kaum beschweren. Am frühen Vormittag holen wir also rasch den Anker auf um – diesmal wirklich – nach Saint Pierre zu düsen. Oder eher dümpeln, mit Motor, denn seit Wochen haben wir das erste Mal zu wenig Wind zum Segeln.

Auch in Saint Pierre fällt es uns schwer, den richtigen Ankerplatz auszuwählen. Bevor wir jedoch zu tief ankern stellen wir uns lieber frech in die Poleposition direkt vor dem Dingidock. Saint Pierre liegt malerisch am Fuße des Vulkans Mount Pelée und an einer über und über grün bewucherten Steilwand. Gleich nach dem Ort beginnt tiefer Dschungel. Die Geschichte von St. Pierre ist keine fröhliche. 1658 haben europäische Besiedler den letzten karibischen Bewohner ausgelöscht. Und dann gibt es eben auch noch den Vulkan…

Mount Pelée ist im Mai 1902 das letzte Mal ausgebrochen. Der Vulkan gab bereits im April Vorwarnungen, aus logistischen und wirtschaftlichen Gründen sowie einer (vermutlich politisch motivierten) falschen Einschätzung der Gefahr wurde die Stadt jedoch nicht geräumt. Am 8. Mai 1902 starben alle der fast 30.000 Einwohner (heute leben hier nur noch knappe 6.000 Menschen) Saint Pierres innerhalb von Sekunden, außer zwei – ein Schuster und ein verurteiler Mörder, der im Gefängnis nichts vom Ausbruch mitbekam. Im Hafen sanken hunderte Schiffe. Zwölf der Wracke, darunter ein Dreimaster, sind heute beliebte Tauchziele. 

Auf den Ruinen von 1902 wurden zum Teil neue Gebäude errichtet, sie werden als Begrenzungsmauern integriert oder sind als Monumente frei zugänglich. Wir besuchen die Ruine des Gefängnisses und des Theaters. 

Saint Pierre

Tags darauf wagen wir einen Dingiausflug zu einer 2004 als Attraktion versenkten Statue einer Meerjungfrau. Wir finden den Spot und machen Sightseeing unter Wasser. Eine nette Idee, aber überraschend unspektakulär im Vergleich zu den Riffen, die wir bewundern durften. Dafür tummeln sich hier ein Haufen der neugierigen, handgroßen Fische Sergeant Major, die ich irgendwie liebgewonnen hab. 

Am nächsten Morgen stehen wir nach einer sehr erholsamen Nacht zeitig auf und segeln Richtung Dominica, die Insel gleich nördlich von Martinique. Nicht verwandt oder verschwägert mit der Dominikanischen Republik. Amtssprache ist Englisch, die Sicherheitslage ist gut. Wir planen dort ein paar wenige Tage mit Landausflügen, denn seglerisch halten sich die Optionen in Grenzen.

Neues Jahr – neue Abenteuer

Ein Gastbeitrag:

Liebes Schiffstagebuch!

Hier sind Andi und Benni!

Die zweite Woche unserer Karibikreise ist angebrochen. Wir wachen am 2. Jänner bei Sonnenschein zwischen den beiden Pitons in St. Lucia auf. Das herrliche Wetter kann nur eins bedeuten – Schnorcheln! Gemeinsam tauchen wir in ein wundeschönes Riff ab und entdecken allerhand bunte Fische. Eine richtige kleine Unterwasserwelt! Benni kann sogar einen Mann beim Speerfischen beobachten. Gestört wird die Idylle nur durch zwei Ereignisse: 

1. Ein schnelles motorisiertes Dingi düst auf uns zu. Darauf zu sehen sind fünf stehende Männer. Bei genauem Hinschauen erkennen wir, dass zwei davon mit Schnorchel und Badehose ausgerüstet sind. Sie springen sogleich vom fahrenden Boot, tauchen kurz ab, nur um 30 Sekunden später wieder aufs Boot zu steigen und weiterzurasen. Ein seltsames Spektakel, dessen Sinn sich nicht ausmachen lässt. 

2. Mitten während des Schnorchelgangs – alle vier sind im Wasser – rast ein weiteres Dingi auf unser Schiff zu. Darauf sitzt Jules, der uns bereits bekannte boat boy, und möchte uns einen fünf Kilo Sack Eiswürfel verkaufen. Bernhards Augen beginnen zu strahlen und zum Glück lässt sich Jules auf eine Bezahlung in Euro ein, denn die letzten EC haben die Ranger bekommen.

Zu Mittag beschließen wir unser Lager abzubrechen und wieder Richtung Norden der Insel zu fahren. Unser Ziel ist die wunderschöne Marigot Bay, eine kleine und gut geschützte Bucht mitten im Dschungel. Rings um uns befinden sich Mangroven (und Luxusyachten) und wenn nicht gerade eines der lauten Partyboote anlegt, um ein paar Betrunkene abzuladen, kann man sogar den Dschungelgeräuschen lauschen. 

Den Abend möchten wir bei karibischem Essen in einem Lokal direkt am Wasser in den Mangroven ausklingen lassen. Die 2,5 Stunden, die wir auf unser köstliches Mahl warten müssen, lassen sich durch die gut gemischten Cocktails sehr leicht überbrücken.

Marigot Bay, St. Lucia

Beim Frühstück am nächsten Tag haben wir allerdings kein Glück. Im Marinalokal will man uns ein english breakfast für 42 US-Dollar andrehen! Nicht mit uns! Da verhandeln hier nicht funktioniert, wechseln wir ins Nachbarcafe und werden dort prompt von der gleichen Kellnerin, aber wesentlich unfreundlicher bedient.

Schon befinden wir uns auch wieder auf dem Rückweg nach Martinique. Die Rückfahrt verläuft wesentlich schneller als erwartet und nach mehreren Versuchen klappt es auch, den Anker zu legen – wie wir es aus Martinique gewohnt sind bei strömendem Regen und starkem Wind. Belohnt werden wir in der Les Anses d‘Arlet dafür mit einem malerischen Sonnenuntergang und einem Ausblick auf den netten Ort. Am nächsten Tag finden wir wunderschön klares Wasser vor, das wir natürlich gleich wieder mit unseren Flossen aufwirbeln. Auf gehts zur nächsten erfolgreichen Schnorchelrunde. Uns begegnen gleich mehrere Schildkröten und sogar ein Kraken!

Les Anses d’Arlet, Martinique

Angespornt von unseren bisherigen Ausflügen in die Unterwasserwelt beschließen wir, vor unserer Abreise noch einen richtigen Tauchgang zu unternehmen. In der Anse Mitan finden wir eine Tauchschule, die unseren vielfältigen Anforderungen entspricht. Am 5. Jänner wagen wir gemeinsam dieses Abenteuer und werden nicht enttäuscht. Dazu später mehr.

Am Abend des selben Tags finden wir uns in einem Lokal in der Marina Troit Îlets wieder. Wo ist die Zeit hin? Gerade erst haben wir unsere Reise auf diesem Steg bei einem weihnachtlichen Rumpunsch begonnen. Gemeinsam genießen wir jetzt unser Abschiedsfestmahl, das an Qualität und Service kaum zu überbieten ist.

Am nächsten Tag wartet eigentlich nur mehr die Abreise auf uns. Wir wollen den Weg zum Flughafen verkürzen und Bernhard und Pia möchten ihr Boot in einer Marina wieder auf Vordermann bringen. Nichts einfacher als das! Bernhard ergattert uns einen Platz in der nahegelegenen Marina Z’Abricots – und los gehts. Ernüchtert müssen wir vor Ort jedoch feststellen, dass man von unserer Reservierung nichts weiß. Um das Missverständnis zu klären, düsen Bernhard und Pia sogleich mit dem Dingi ins Marinabüro, während wir an der Boje warten. Zehn Minuten später erhalten wir auch noch die Nachricht, dass sie den Schlüssel für das Dingischloss an Bord vergessen haben und jetzt an Land festsitzen. Während ich langsam nervös werde (unser Flieger wartet!), beobachtet Benni seelenruhig durch das Fernglas ein Feuer, das offensichtlich an Land ausgebrochen ist. Schließlich löst sich aber doch noch alles in Wohlgefallen auf. Bernhard und Pia werden zum Boot chauffiert, erhalten einen Marinaplatz und sogar ein Abschiedsbier geht sich in der Marina noch aus. Ob oder was abgefackelt ist werden wir nie erfahren. 

Mittlerweile sitzen Benni und ich um einige Erinnerungen, ca. 1.200 Fotos und ein paar französische Vokabel reicher am Flughafen in Paris. Es war bereits unsere vierte Woche als Teil der Crew auf der Mêlée. Gemeinsam haben wir vier verschiedene Länder bereist und drei unterschiedliche Crewshirts ergattert. Wir sind schon gespannt, was uns in Zukunft noch erwartet. Nehmt euch in Acht, Bernhard und Pia, das war noch nicht das Ende!

Schiff Ahoi!

Andi und Benni

Prosit 2023

Unser Silvestertag beginnt in der Rodney Bay auf Saint Lucia mit einem ausgiebigen Sektbrunch – unter Deck, denn es regnet mal wieder. Für den restlichen Tag sollten wir allerdings von weiteren Schauern verschont bleiben und der Tisch im Salon kann eh mehr Speis und Trank tragen als der kleine Cockpittisch. 

Nach dem Brunch planen wir einen dezemberlichen Strandausflug, der jedoch ein paar Abenteuer für uns bereithalten sollte. Das Anlanden mit dem Dingi in Strandnähe stellt sich bereits als fordernd heraus. Wir heben es auf dem scharfkantigen Betondock an Land, um es vor Reibung zu schützen. Alles verstaut bemerken wir erst die Schilder No Trespassing. Aber für wo gelten diese Schilder? Sind wir drinnen oder draußen? Nach weiteren hitzigen Diskussionen, ob das kleine Beiboot hier in der Auslage für Diebe steht oder wir gar eine Anzeige wegen Landfriedensbruch erhalten, beschließen wir, dass schon alles passen wird, lassen das Dingi hier geparkt und machen uns auf den Weg Richtung Strand. 

Doch wo gehts hier zum Strand? Links, rechts, über den Berg? Rechts – Ok. Nach wenigen Metern werden wir von mehreren Personen herangewunken. Oder doch verscheucht? Herangewunken – Ok. Ein aufgeregter Mann schwatzt uns sogleich ein super Sonderangebot für vier Liegen und zwei Sonnenschirme auf. Er begleitet uns ans andere Ende des Strandabschnitts, um dann festzustellen, dass wir von East Caribbean Dollar und er von US-Dollar gesprochen hat. Letztlich können wir unseren ersten Erfolg im Feilschen feiern: Statt für 40 US-Dollar bekommen wir letztlich zwei Liegen und einen Schirm für 30 EC-Dollar (ca. 10 €). Der aufgeregte Mann zeigt uns auch den besten Schnorchelspot des Strands: Einen Stein. Das aufregendste, das wir schließlich schnorchelnd entdecken ist eine tote Krabbe. Wir lassen also Schnorchel Schnorchel sein, plantschen in den Wellen und wälzen uns im weißen, weichen Sand. Dunkle Wolken ziehen auf, doch es bleibt trocken. 

Zurück zum Dingiparkplatz geht es über einen matschigen Pfad, um dann festzustellen – das Dingi ist noch da! Es hat auch keinen Strafzettel und keiner hindert uns daran es wieder zu Wasser zu lassen und damit davonzubrausen. Alles überraschend gut gegangen bei unserem ersten silvesterlichen Strandausflug. 

Nach einem kurzen Dip in den kleinen Marinapool beginnen wir Ö3 zu streamen und uns anzuhören, was wir das letzte halbe Jahr an Hits und musikalischen Meisterwerken verpasst haben. Nach dem Streamen von Dinner for One beginnt der Countdown 5 – 4 – 3 – 2 – 1 – 19 Uhr! Wir lassen die Korken knallen und legen eine Mischung aus Walzer und Ausdruckstanz auf den Steg. Unsere holländischen Stegnachbarn sind wenig beeindruckt bis genervt und nehmen Reißaus. Generell zieht es die Leute eher in die Lokale, als dass sie Boots- oder Stegpartys feiern. Naja, mehr Steg für uns. 

Wir kochen und verschmausen Chili – das Racletteset hat es nicht mit aufs Boot geschafft – und spielen Spiele. Eh alles wie daheim. Nur eben mit Meeresbrise. Und dann nähert sich die Uhr Mitternacht. Andi räumt noch schnell die hängende Wäsche von der Reling in den Salon – gerade noch rechtzeitig. 5 – 4 – die Party nebenan läutet bereits das neue Jahr ein – 3 – 2 – 1 – nichts. Kein Feuerwerk auf dieser Insel!? Doch, aber wie die meisten Dinge hier läuft alles etwas gemütlicher. Wenige Minuten später können wir farbenfrohe Lichtexplosionen aus allen Himmelrichtungen beobachten. Wir prositen mit Rumpunsch.

Dann beginnt Bernhard das Schiff neu zu vermessen – eine Silvestertradition unter Seglern. Zumindest auf der Mêlée, ab sofort. Spannenderweise haben wir jetzt ein deutlich größeres Schiff! Vor der nächsten guten Idee verputzen wir sicherheitshalber das restliche Chili. 

Wir dürfen auf ein wunderbares und aufregendes halbes Jahr zurückblicken. Das Gefühl aus dem Mittelmeer, nur einen langen Urlaub zu machen ist spätestens im Atlantik in unserem Kielwasser ertrunken. Die langen Etappen waren fordernde Abenteuer – anstrengend, aber eine Erfahrung, auf die wir nicht verzichten würden. Und hier in der Karibik ist alles nochmal anders. Fremd, spannend und (meistens) wunderschön. 

In den 175 Tagen unserer Reise im Jahr 2022 haben wir 6.875 Seemeilen (12.733 Kilometer) zurückgelegt. Die meisten der Nächte am Schiff haben wir in Häfen verbracht, ca. 20 % in Fahrt, knapp 30 % vor Anker oder an der Boje und 3 Nächte an Land. Wir konnten 20 mal Delfine beobachten und hatten zwei Walsichtungen (aber in der Karibik sind Schildkröten die neuen Delfine). Wir durften 18 Freunde und Familienmitglieder als unsere Crew an Bord begrüßen. Während unserer Reise haben wir bisher 10 Länder besucht und auf 31 Inseln Fuß gesetzt. 

Ähnlich wie nach dem Lesen einer Statistikinterpretation geht es uns am nächsten Morgen. Trotzdem schaffen wir es, unsere sieben Sachen zusammenzukramen und klar Schiff zu machen. Umringt von dunklen Wolken starten wir Richtung Süden. Die beiden Pitons Gros Piton und Petit Piton, die spitzen Berge, die auch auf der Flagge von St. Lucia abgebildet sind und uns beim ersten Vorbeifahren schon beeindruckt haben, sind das Ziel unserer Tagesetappe. Ein paar Regengüsse später passt uns Jules (Name von der Redaktion geändert), ein boat boy mit seinem Dingi ab, um uns zu einer Boje zu geleiten. Es fühlt sich wie eine Art Schutzgeld an, das man den boat boys zahlt, denn offizielle Mitarbeiter sind sie nicht. Die Offiziellen in der Pitonbucht aka Sugar Beach heißen nämlich Ranger und sie knöpfen uns auch offiziell noch Geld ab für die Benutzung der Boje im Marineschutzgebiet. 

Das Glück ist uns hold an diesem Neujahrstag, denn kurz nach dem Anlegen verziehen sich die Wolken für eine kurze Zeit und wir können die über und über grünen und am Fuße mit Palmen gesäumten gewaltigen Berge zu unserer Linken und Rechten bestaunen und den Griller anwerfen. Pünktlich zum Essen regnet es dann wieder und wir bauen uns aus Handtüchern eine Kuchenbude (vgl. Zelt). Als wir später am Abend bemerken, dass der Schwimmkörper unserer Boje gerade davon treibt, entdecken wir an der Wasseroberfläche einige Hornhechte, die mit ihren spitzen Nasen angeblich Schwimmer durchbohren können, es aber nur ungern tun. Im Regen mummeln wir uns schließlich unter Deck ein und lassen den Neujahrsabend gemütlich ausklingen.

Piton Bay, St. Lucia

Von Regenbögen und Schildkröten

Das ist die Geschichte von vier Haudegen: Andi die Angstfreie, Benni der Bärtige, Bernhard der Belastbare (außer sein Sprunggelenk) und Pia die Panische. 

Unsere vier Helden beginnen sich gerade nach einem schnieken Weihnachtsbrunch im Cockpit der Melee in der Marina Trois-Îlets auf Martinique im fresskomatösen Zustand zurückzuziehen, als Pia zu brüllen beginnt. Doch was sollte die drei müden und überfressenen Freunde erwarten? Andi und Bernhard kommen zurück und sehen, was Pia sieht: Ein wilder Iguana! Zu deutsch ein grüner Leguan, wissenschaftlich ein Iguana Iguana. Auf gut Deutsch eine gewaltige Eidechse. Das von Schnauze bis Analöffnung rund 1 m lange Exemplar spaziert in aller Seelenruhe über den Steg und lässt sich von allen Seiten fotografieren und filmen. Auch Benni kann schließlich der Faszination nicht mehr widerstehen und schließt sich der Gruppe an. 

Ein Regenguss. 

In der nächsten Trockenphase begeben sich die vier Reisenden frohen Mutes zum nächstgelegenen Strand – ein windgeschützter Bilderbuchstrand mit Palmen, weißem Sand und Badewannenwasser. Danach machen sie sich auf zum Strandeln nach den besten Souvenirs in diesem touristischen Örtchen, einem Cocktailzwischenstopp und einem Besuch der Pizzeria im Marinagelände.

Ein Regenguss.

Trois-Îlets, Martinique

Am Montag, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, machen sich die vier Musketiere auf, um ihren sicheren Hafen Richtung Süden der Insel zu verlassen. Dafür nehmen sie eine rund einstündige Motorfahrt gegen den Wind in Kauf. Doch was sie in der Bucht Grand Anse d’Arlet erwartet, ist unvorstellbar: Beim ersten Schnorchelgang entdecken Benni und Andi eine riesige Schildkröte. Ein Wesen, das von manchen unserer Protagonisten bisher für ein mystisches Fabelwesen gehalten wurde. Es sollten in den nächsten 24 Stunden noch viele weitere folgen. Endlich kann auch Pia die Panische (oder Skeptische?) von der Existenz dieser wundersamen Lebewesen überzeugt werden. Nach der ungefähr zehnten Sichtung sind sich unsere Helden jedoch immer noch nicht über die Schildkrötenart einig – Grüne Meeresschildkröte oder doch Suppenschildkröte?

Ein Regenguss.

Grand Anse d’Arlet, Martinique

Zur Feier der meeresbiologischen Entdeckungen (es folgen noch Goldflecken-Schlangenaale, diverse kleine tropische Fische und gefleckte Adlerrochen) gönnen sich die fantastischen Vier eine schmackhafte Bootsgrillerei und den einen oder anderen Rumpunsch.

Weitere Regengüsse.

Nach einem schmerzhaften Abschied von den neuen Meeresfreunden zieht das trimagische Quartett weiter Richtung Süden, um vor St. Anne unter dem Regenbogen ihren Anker zu werfen – insgesamt drei Versuche braucht es. Benni verliert kurz die Hoffnung, wirft sich danach aber heldenhaft ins Wasser um die sichere Lage des Ankers zu überprüfen. Zwischen den schier endlosen Segelbooten, die in dieser Bucht ankern, bahnen sich die vier Durchnässten mit ihrem Dingi einen Weg Richtung Land. Doch was ist hier passiert? Entsetzt stellen sie fest, dass mittwochs Ruhetag ist und nahezu alle Lokale geschlossen sind. Zum Glück findet Spürnase Benni in einer gut versteckten Gasse ein kleines, vollständig ausgestorbenes Lokal. Mutig und vom Hunger angetrieben trauen sich die vier knurrenden Mägen hinein und ihr Heldenmut wird mit einem unerwartet köstlichen Mahl honoriert.

Viele nächtliche Regengüsse.

St. Anne, Martinique

Bevor die Abenteurer die Weiterreise nach Le Marin antreten können, vertreiben sich die vier Zauberschüler sich den verregneten Vormittag mit Harry Potter unter Deck. Einzig das Dingi ist mit der Wetterlage höchst unzufrieden und versucht davonzufliegen – gerade noch rechtzeitig kann es von Bernhard und seinen tapferen Mitstreitern gerettet werden.

Starker Wind und Regenguss.

Guter Dinge machen sich die vier Frohgemüter schließlich auf den Weg zu ihrem 1 Seemeile entfernten Ziel. Sie erwarten eine ruhige Fahrt unter Motor zwischen ein paar Riffs hindurch. Doch was sie wirklich erleben sind starke Böen, viele Regenschauer und – was ist das? Seltsame schmale Holzsegelboote mit rechteckigen Segeln und mindestens 15 Menschen an Bord kreuzen im Affenzahn mehrmals ihren Weg. Offenbar wollen diese Gefährte unsere Einfahrt in den Hafen verhindern. Mühevoll steuert Pia mit Hilfe weiterer Augenpaare die Mêlée zwischen den Hindernissen hindurch und durchnässt schaffen es die vier Leichtmatrosen doch noch relativ unkompliziert an einer Boje anzulegen. Gefeiert wird die Ankunft mit reichlich Cocktails in der Happy Hour eines Marinalokals und einer deftigen, spätabends zubereiteten Lasagne an Bord.

Le Marin, Martinique

Ein Regenguss.

Am Freitagmorgen beschließen die vier Furchtlosen, das stürmische Wetter auf Martinique hinter sich zu lassen und fahren mit vorsichtiger Besegelung Richtung Rodney Bay auf der Insel St. Lucia. Die meterhohen Wellen beeindrucken vor allem Benni den Bartträger und Andi die Angstfreie, die dann doch ein paar vorsichtige Hilfeschreie am Steuer nicht unterdrücken kann. Passend zur bisherigen Reise werden wir in Rodney Bay begrüßt mit…

…einem heftigen Regenguss.

In der Marina Rodney Bay beginnt das Drittel Dutzend den Silvestertag zu planen. Eine penible Vorbereitung ist gefragt, denn nach einem Brunch muss noch zwei Mal gefeiert werden: Um 19 Uhr mit Wien und um 0 Uhr mit dem Rest der Insel.

Dunkle Wolken ziehen auf.

Trois Îlets

Wir ankern also wie geplant drei Nächte mit zahlreichen anderen Booten in der Tyrell Bay in Carriacou. Die Versorgung in den kleinen Supermärkten ist gewöhnungsbe- bis dürftig. Wir staunen über die amerikanisch anmutende Produktauswahl, die wir nur aus US-Serien kennen: Rainbow Sugar Sprinkles, Pancake Syrup, etliche verschiedene Marken Peanut Butter, Corned Beef und vieles mehr. Die Preise, besonders von importierten Markenprodukten, aber auch für Standardprodukte wie Wasser oder Gemüse sind ungewöhnlich hoch. Die Käseauswahl ist traurig – es gibt Cheddar. Immerhin, aber das ist ja wohl das mindeste, gibt es eine riesige Auswahl an Rum in verschiedenen Farben und Konzentrationen. Rum bis 70 % Alkohol und aufwärts ist für den Inlandsgebrauch üblich. Meist wird er aber auf 69 % verdünnt, um ihn im Flugzeug transportieren zu dürfen. Wir kaufen nur das Nötigste und hoffen auf bessere Versorgung drei Inseln weiter nördlich, nämlich auf Martinique, das Frankreich und damit der EU angehört.

Wir lassen die drei Tage vor Anker eher ruhig angehen und machen keine großen Sprünge, auch dank eines nicht voll funktionsfähigen linken Sprunggelenks. Wir flitzen aber viel mit dem Dingi durch die Bucht und treffen auf bekannte Boote mit bekannten Gesichtern (Polly, Zola).

Tyrell Bay, Carriacou

Dann klarieren wir aus und machen uns auf nach Martinique, eine Etappe, die unangenehm werden wird, da Wind, Welle und Strömung gegen uns laufen. Wir planen konservativ 30 Stunden für die 135 sm, doch selbst das sollte sich als überambitioniert herausstellen. Nach ein paar Stunden Amwindkurs mit gereffter Genua dreht der Wind immer ungünstiger, unter Sturmfock gegen Welle und Strömung segeln wir schließlich sehr langsam und ungemütlich Richtung Norden. Nach einer durchkämpften Nacht entscheiden wir uns für einen Zwischenstopp in Saint Lucia, um nicht erst in der Dunkelheit in Martinique einlaufen zu müssen. So verbringen wir eine Nacht vor Anker in Rodney Bay, wo wir immerhin geschützt genug liegen, um wieder dem liebgewonnenen Prozedere aus Anker werfen und Griller anheizen nachgehen zu können. 

Die restliche Etappe nach Fort de France, Martiniques Hauptstadt, legen wir in 6 Stunden unter recht guten, aber böigen Bedingungen zurück und werfen erneut den Anker direkt vor dem namensgebenden Fort. Plötzlich ist alles anders, fast vertraut. Wir haben Internet dank EU-Roaming, zahlen mit Euro, die Supermärkte haben ein großes, gewohntes Sortiment und normale Preise. Brot und Käse (Emmentaler, Camembert, Brie, Frischkäse, Geheimratskäse, Edamer, Gouda etc. etc.) sind frisch und köstlich. Einziger Nachteil für uns: Es wird Französisch statt Englisch gesprochen. Der Babbel-Account wird reaktiviert, um Notfallkommunikation sicherzustellen. Bisher kommen wir aber mit Englisch sehr gut durch. 

Fort de France, Martinique

Nach einer eher unruhigen ersten Nacht wird die zweite durch eine Reihe klitzekleiner Ärgernisse nochmal etwas ungemütlicher. Eskalationsstufe 1: Gelsen – zu Weihnachten. Während wir noch beschäftigt sind Abwehrmechanismen zu installieren, werden wir schon aufgefressen und versuchen unsere Stiche zu kühlen. Stufe 2: Regen. Es regnet hier ständig. Üblicherweise aber nur ganz wenig und ganz kurz. Nach der Gelsenphase beschäftigen wir uns also mit Fenster auf, Fenster zu, Fenster auf, Fenster zu. Eskalationsstufe 3: Ein vorweihnachtliches Livekonzert. Start der Musik 4:00 Uhr Früh. Bis 7:30 wird die Bucht mit dröhnenden Bässen in bemerkenswerter Lautstärke beschallt. Eigentlich ein cooles Konzert, aber was soll diese Uhrzeit!? Pünktlich zu Konzertende startet Phase 4: Die Fähre. Im 30-Minutentakt rast sie zwischen Fort de France und Trois Îlets hin und her und schüttelt uns mit ihrem Schwell durch. Nix wie raus hier. Und es ergibt sich schön, dass wir der Fähre an ihr Ziel folgen. 

Da die Marinas über Weihnachten ziemlich ausgebucht sind, ist es ein Glücksgriff, dass wir kurzfristig in der kleinen Marina Trois Îlets (um welche drei Inseln es sich bei diesem Namen handeln soll bleibt ungeklärt) 3 sm südlich von Fort de France ein Plätzchen für drei Tage bekommen. Ein verstecktes und außergewöhnlich windgeschütztes Plätzchen mit guter touristischer Infrastruktur. 

Trois Îlets, Martinique

Am Abend des 24. Dezember drehen wir frevelhaft im Hafen unser Ankerlicht auf, um unseren lang erwarteten Gästen mit Kevin vong Bethlehem den Weg zu leuchten. Wir begrüßen Andi und Benni zum nunmehr dritten Mal auf der Mêlée – stilecht mit Rumpunsch am Steg. Bei einem gemeinsamen Weihnachtsessen bei 25°C dürfen wir uns im Cockpit unserer dekorierten und beleuchteten Mêlée über allerhand Grüße von Daheim freuen.

Da der Wind bis Jahresende nicht wirklich nachlassen soll, planen wir zu viert noch eine Weile Martinique zu erkunden. 

Wir sind mobile Palmen.

Spice Island Grenada

Genug der Nacherzählungen und Aufarbeitungen. Wir versuchen unsere Erlebnisse und Eindrücke wieder einigermaßen aktuell zum Besten zu geben.

Am Samstag, den 10. Dezember verlassen wir also die Port Louis Marina St. Georges und damit den geschützten Rahmen der ARC und begeben uns Richtung Süden. Als erstes Boot der Pier-Q-Gang, bestehend aus Polly, Griselda, Zola und Mêlée, machen wir uns auf den Weg – doch es ist ein sehr kurzer. Aufgrund unseres recht späten Aufbruchs (noch Einkaufen, noch Geld abheben etc.) wechseln wir nur in das Bojenfeld außerhalb der Hafenbucht. Aufgrund eines hier untypischen Nordwestwindes wird es eine Nacht mit ungemütlichem Schwell.

Im Vergleich zum Winter in Europa verläuft die Sonne hier in einer steileren Bahn. Das heißt von Dämmerung bis zur absoluten Dunkelheit vergehen nur wenige Minuten. Der Tag-Nacht-Rhythmus lässt sich jedoch ungefähr mit daheim vergleichen – um 7 Uhr wird es hell, um 18:00 Uhr ist es stockfinster. Ein ungewohntes Gefühl bei nächtlichen Temperaturen von 24°C.

Der nächste Tag bringt zwei Stunden gemütliches Segeln und wir ankern schließlich in der gut geschützten Woburn Bay an der grenadinischen Südküste. Vor einer sehr grünen, von Mangroven überwucherten Küste sehen wir auch viele andere ARC-Boote wieder. Wir sind nicht zufällig hier gelandet, denn eine kurze Dinghifahrt durch eine Riffpassage entfernt liegt das versteckte, sehr karibisch anmutende Restaurant Island Fever. Von diesem haben wir einen Gutschein bei der Siegerehrung gewonnen, und einem geschenkten Gaul… Wir speisen vorzüglich und genießen einen Rumpunsch mit Aussicht auf Palmenstrand und Schildkröten, die regelmäßig ihren Kopf aus dem Wasser strecken (Pia ist Schildkrötenskeptikerin und zweifelt bis heute deren Existanz an). Ein perfekter Abend – wäre ich nicht beim Verlassen des Restaurants umgeknöchelt, was die nächsten Tage durch Spitalsbesuch, Knöchelschiene und Medikamente etwas durcheinanderbringen sollte. Mehr zu diesem Thema zu schreiben wird aber hoffentlich nicht nötig sein, deshalb weiter im Programm.

Eine immerhin wettertechnisch ruhige Nacht später begeben wir uns nur ein paar hundert Meter weiter in die Clarke‘s Court Marina, wo wir ein länger aufgeschobenes Ruderservice durchführen lassen. Eine Arbeit, die überraschenderweise keine weiteren Probleme aufdeckt. Beim Frühstück tags darauf erleben wir einen ersten sturzbachartigen Regenguss, den wir abwettern, bevor wir uns zwei Buchten weiter in die Mt. Hartman Bay verholen. 

Zwischen den Buchten ist genaue Navigation erforderlich, da etliche Felsen und Riffe bis knapp unter die Wasseroberfläche reichen. Dank elektronischer Hilfe und deutlich erkennbar brechender Wellen an diesen Stellen aber kein Problem. Die Crew der Griselda, die wenige Meter von unserem Ankerplatz entfernt in der Marina liegt, lädt uns zu abendlichen Drinks auf deren Schiff ein. Am nächsten Morgen treffen wir uns auf english und carribean breakfast in der Secret Harbour Marina. Zweiteres beinhaltet unter anderem eingesalzenen Fisch, Kokosbrot und gebratene Plantains (Kochbananen). Es nieselt immer noch, ein Wetterumschwung steht bevor. Für die nächsten (mindestens) 7 Tage ist schönes Wetter mit starkem Nordost- bis Ostwind angekündigt.

Nach dem Frühstück verlassen wir die Südküste von Grenada – jetzt geht es nordwärts. Nach drei Stunden, in denen Wind und Seegang aus vorhergesagter Richtung bereits spürbar sind, machen wir einen Ankerstopp in der Black Bay. Ich erahne schon von Weitem, dass wir das einzige andere ankernde Schiff dort an der Küste kennen und tatsächlich treffen wir zufällig die Crew der Zola. Nachdem sie uns in St. Georges zu Kuchen eingeladen haben, dürfen wir uns jetzt mit selbst gemixtem Rumpunsch revanchieren. Ein wunderbarer Abend vor malerischer Kulisse mit Steilküste und Mangroven, bei dem auch noch mein Knöchel professionell osteopathisch behandelt wird. 

Frühmorgens geht es weiter Richtung Norden und die nächste Etappe wird ein Kampf. Großteils gegen 25 kn Wind und Welle, teils segelnd, teils motorend, stampfen wir nach Tyrell Bay auf der Nachbarinsel Carriacou, die Grenada zugehörig ist. Wir kommen erst in der Dunkelheit an und in kurzer Folge werfen wir zuerst den Anker und dann den Griller an.

In der riesigen Tyrell Bay ankern etwa 200 Boote, viele davon Bekannte und gute Bekannte (Polly und Zola machen auch hier Stopp am Weg nach Martinique). Die Küste bietet einen gut ausgestatteten Marine Store (brauchen wir immer), zwei größere Supermärkte und den Paradise Beach mit Ausblick auf Sandy Island – ein Sandhaufen mit Palmen.

Beim Ausflug dorthin bestaunen wir einmal mehr das großartige grenadinische Bussystem. Private Personen mit 8-Sitzern, die Platz für mindestens 20 Fahrgäste bieten, fahren entlang von 9 fixen Routen. Die Haltestellen sind variabel. Um einzusteigen winkt man einem Bus, wird vom Fahrer angehupt oder vom Anwerber angebrüllt, ob man mitfahren möchte. Um Auszusteigen klopft man auf das Dach oder teilt einem der beiden Offiziellen seinen Haltewunsch mit. Das Ganze wird untermalt von dröhnendem Dancehall und einer Folge von rasenden Fahrtgeschwindigkeiten und abrupten Stopps – zu einem Preis von unter 1 €. Es ist großartig. 

Zurück nach Carriacou. Wir wollen am nächsten Morgen Diesel und Wasser aufzufüllen. Nach einer Tauchaktion an der Tankstelle, weil sich ein Festmacher um den Propeller gewickelt hat (missglückte Kommunikation zwischen Crew und Tankwart), wollen wir uns jetzt einmal drei Tage Pause gönnen, bevor wir die erwartungsgemäß anstrengende etwa 30-stündige Etappe nach Martinique in Angriff nehmen.

Auf Wiedersehen ARC

Die letzten Meilen

Die letzten 200 sm ist es endlich warm, auch nachts. Das Ölzeug ist verstaut, Pulli und lange Hose tragen wir nur noch, weil wir dieser Situation noch nicht ganz trauen können. Die letzten zwei Nächte waren angenehm, die Welle ruhiger. Wir kämpfen noch mit dem perfekten Kurs und regelmäßigen Winddrehern. Die häufiger auftretenden Squalls wirken nicht mehr ganz so bedrohlich wie anfangs. Wir nutzen den damit einhergehenden stärkeren Wind um schneller zu sein. 

Im Leichtwindtrimm balancieren wir im Schneckentempo die letzten 100 sm auf der Zielgeraden. Wir verkochen noch das allerletzte Gemüse – Erdäpfel und Zwiebel. In der vorletzten Nacht erwischen wir den ersten richtigen Regen, wodurch jetzt für die Ankunft immerhin ein bisschen weniger Vogelkacke an Deck klebt. Die letzten 18 Stunden hat der Wind dann keine Lust mehr und wir motoren weite Strecken – immerhin bei glatter See und malerischem Sonnenuntergang. Wir freuen uns auf die Karibik! Nicht zuletzt weil wir unglaublicherweise schon seit zwei Monaten keine Gelegenheit mehr gehabt haben vom Boot aus ins Wasser zu hüpfen. 

Ankunft

Nachdem wir bei Morgendämmerung den unglaublich grünen Süden der Insel Grenada umrunden, liegen vor uns nur noch die Ziellinie und das Konkurrenzboot Lomvi. Doch was macht Lomvi da? Sie biegen nach links ab und entfernen sich vom Ziel. Wir ziehen gegen die Strömung mit knappen 3 kn an ihnen vorbei und überqueren um 7:22 Uhr Ortszeit an Tag 18 auf See die Zielgerade. Wir legen am Wartekai an, wo kurz darauf auch Lomvi anlegt und die Crew von einem norwegischen Empfangskommitee begrüßt wird. Sie waren noch schwimmen. Uns wird von den ARC Organisatoren um kurz vor 8:00 Uhr ein Willkommensrumpunsch in die Hand gedrückt, der es in sich hat. Eine halle Stune späder schibbern wir auf umseren ennüldigen Liegebladz. Unterwegs werde wir von Polly begrüßt, am Steg dann liebevoll von der Marina, den ARC Leuten und den Nachbarn. 

Check-in und Zoll erledigt, erkunden wir die sehr hübsche Marina Port Louis in St. Georges – in kleinen Hütten sind die Offices und Shops untergebracht, auf kleinen Marktständen werden lokale Produkte angeboten. Es fühlt sich an wie ein kleines Festival. 

Die letzten ARC Tage

Eine Willkommensfeier haben wir schon verpasst, bei der nächsten am Dienstag können wir aber mit Rumpunsch und vereint mit unserer Gang der kleinen Boote mitfeiern. Zola und Griselda kommen noch einen bzw. zwei Tage nach uns an – wir jubeln ihnen vom Steg aus zu. 

Die Tage verbringen wir mit aufräumen, putzen, Wäsche waschen, einkaufen und dem einen oder anderen Drink oder Snack in der Victory Bar

Am Donnerstag findet in einer riesigen Bar im Süden der Insel ein rauschendes Abschiedsfest mit Siegerehrung statt. Neben den schnellsten Booten in den jeweiligen Kategorien (Multihull und Monohull I bis IV) werden ein paar Sonderpreise vergeben. Als wir mit sieben anderen Crews dafür geehrt werden, einfach weil wir nur zu zweit (double handed) am Boot waren, sind wir fast ein bisschen gerührt, weil wir definitiv keinen Preis erwartet haben. Wir nennen ihn liebevoll den Preis dafür, dass wir keine Freunde haben. Doch das sollte es noch nicht gewesen sein – wir gewinnen noch eine zweite Kategorie! Aus großen Regatten wissen wir, wie unglaublich knapp oft die Zielgeraden passiert werden, nachdem tage- oder wochenlang geseglt wurde. Wir können mithalten. Nach fast 18 Tagen auf See erreichen wir, dank Lomvis Badeausflug, das Ziel nur 2 Minuten und 16 Sekunden vor ihnen. Für diese Leistung gewinnen wir noch einen Restaurantgutschein.

Am nächsten Abend treffen wir uns noch in kleiner Runde bei Polly und verabreden uns für Jänner auf Martinique. Die ARC hat uns wirklich einen schönen, gut behüteten Rahmen geboten und wir sind uns ziemlich sicher, dieses Angebot auch für die Rückfahrt im Mai wieder in Anspruch zu nehmen. Jetzt wird es allerdings Zeit zuerst die Insel und dann die Karibik auf eigene Faust zu erkunden. Bis bald ARC Team, bis bald neue Freunde. 

ARC+ Collage – vom Crew Supper in Gran Canaria bis zur Siegerehrung in Grenada

Zu guter Letzt haben wir wohl alles erreicht, was man als junge, deutschsprachige Segler erreichen kann – wir und unsere betagte Lady werden in der yacht erwäht. Danke Kristina!

Der Vogel

Hier endlich die lang erwarteten Fotos zu unserer Vogelstory, die wir übrigens dramatisiert, aber durchaus wahrheitsgetreu wiedergegeben haben. Nachforschungen zufolge handelt es sich um einen Schmuckreiher.

Tag 12

Wir haben einen Vogel! Bird is the word! Besser ein Kranich im Cockpit als eine Möwe auf dem Mast! Der frühe Vogel fängt den Fisch! 

Alec „G. Rick“ der Zerhacker, ein Prachtexemplar eines weißen Vogels mit langem Schnabel, hat sich in der Nacht an Bord niedergelassen und unterhält uns seither. Nachdem er das Schiff und alle Luken genau erkundet hat, woraufhin wir rasch alle Luken geschlossen haben, sitzt er nun neben dem Cockpit, wippt hin und her, putzt sich und starrt uns ab und zu in heller Aufregung an. Umgekehrt genauso. Wir wollten dem Vogel Wasser geben, aber Interesse an unserer improvisierten Vogeltränke oder Brotkrümeln hat er bis jetzt nicht gezeigt. Damit hat er uns immerhin noch nicht das Deck vollgestuhlt. Im Vergleich zur Nacht schaut er mittlerweile aber wieder ganz ordentlich und weniger zerzaust aus. Ob wir wohl sein erstes Boot sind? Er wird jedenfalls für immer unser erster Bordvogel sein.

Tag 13

Wir werden von einem Vogel tyrannisiert! Das Cockpit konnten wir nur wenige Stunden verteidigen, die Verteidigungsbarrieren sind gegen 1500 gebrochen. Unter Deck können wir noch verteidigen, aber wir sind eingekesselt. Wir können nicht hinaus. 1700 ein Gegenschlag und wir können das Cockpit zurückerobern. Die Verteidigungslinien sind schwach. Wir fragen ihn, was er eigentlich will, doch er antwortet nicht. Rings um nur krächzen und hacken. Das Vorschiff ist bereits vollgekotet. Der eisige Blick des Vogels verfolgt uns in unsere Träume. Psychologische Kriegsführung. Hinter jeder Luke lauert er und wartet auf den Moment das Schiff ein für alle Mal einzunehmen. 

Szenenwechsel. 2100 Crew und Vogel vereint gegen Sturm und Regen in der hereinbrechenden Nacht. Die Aufmüpfigkeit des Tages ist verflogen und es zeigt sich die schwer vom Ozean gezeichnete, müde und zerrupfte Wahrheit. Auch der Vogel schaut nicht gut aus. Als der Sturm sich legt, verbringt er die Nacht mit dem Schnabel unterm Flügel ruhig und friedlich. Immerhin bleiben am nächsten Morgen die an Bord gehüpfte Fische nicht lange an Deck liegen.

Tote Fische an Deck: 38

Verschmauste Fische: mindestens 2

Tag 14

Wir leben mit einem Vogel! Immer noch wird unser Bordleben vom weiß gefiederten Alec dem Zerhacker dominiert. Die meiste Zeit des Tages sitzt er nun friedlich auf dem Vorschiff, doch hin und wieder versucht er noch gewaltsam in den Salon einzudringen. Wir hören gerade die Schlacht von Helms Klamm – wie passend. Mit Topfhelm, Kochlöffelschwert und Kampfgeschrei gelingt es uns routiniert, das feindliche Vordringen zu verhindern. Als Gegenschlag setzt der Vogel auf eine Guerillataktik: Das gesamte Teakdeck wird sukzessive vollgeschissen. Well played. Wir fragen uns, ob er sich nicht langsam genug ausgeruht hat oder ob wir ihn in für unser Anlegemanöver in Grenada einplanen können.

Pia will inzwischen ein Palatschinkenfrühstück zur Beruhigung der Gemüter zubereiten. Nach Auslösen des Rauchmelders und Verteilen des flüssigen Teigs auf den Salonboden ist das eher ins Gegenteil ausgeartet. Das war Alec dann doch zuviel Aufruhr. Nach ein paar kleinen Probeflugrunden hebt er endgültig ab und fliegt Richtung Horizont. Machs gut gefiedertes Crewmitglied und bitte komm nicht wieder!