Die kanarischen Inseln: Unendliche Steine, Vulkane, Meer. Drei der sieben bewohnten Inseln besuchen wir. Zwischen Flauten im Süden der Inseln und Beschleunigungszonen zwischen den Inseln ein abwechslungsreiches Segelrevier mit sommerlichen Temperaturen im Herbst.
- 05.10.2022 – 05.11.2022
- La Linea, Spanien – Las Palmas, Gran Canaria
- 809 sm
- Mit dabei: Fabian, Felix
- 130 gebunkerte Konserven
-
123 Stunden Atlantik
Read
Tag 1 – Raus aus dem Nebel?
Die Marina in Gibraltar ist nur wenige Gehminuten von einem McDonald’s entfernt. Nachdem wir die beiden letzten Abende an Land noch zivilisiert essen waren (stilecht mit Fish & Chips in Gibraltar und fein in La Linea am Strand) decken wir uns kurz vor der Abfahrt nach Lanzarote noch mit Cheeseburgern ein, die wir bei der Fahrt aus der Bucht mampfen. Als Unterhaltungsprogramm zum Essen: Delfine. Die mit Abstand größte Schule die wir je gesehen haben. Ich versuch nicht zu übertreiben, aber würde schätzen es waren an die hundert sogenannte gewöhnliche Delfine. Ein irritierender Name, weil diese zweifarbigen Exemplare hab ich noch nie gesehen. Nach einem netten Einstieg wird es vor Tarifa ruppig mit über 30 Knoten Wind. Das Reffen schaffen wir gerade noch und dann ist mit dem Wind von hinten alles halb so wild. Fast schon schön. Wir fahren nördlich des Verkehrstrennungsgebiets – backbords eine Unmenge an Frachtschiffen.
Die erste Nacht ist – fast schon Tradition – nicht so gemütlich. Kalt, viel Wind, viel Welle, schwierig zu steuern. Immerhin macht sich der Windgenerator mal bewährt, wir sind mit wenig Segelfläche richtig schnell und immerhin keine Flaute! Als der Mond untergeht verlier ich kurzfristig die Orientierung und versteuere mich. Bernhard eilt in Pyjama und Rettungsweste heraus um mit mir gemeinsam unsere beiliegende Lage wieder in eine Fahrt umzuwandeln. Klappt gut und unsere Sicherheitsmechanismen (Preventer für den Großbaum) werden einem Härtetest unterzogen und bestehen.





Tag 2 – Kurs auf Madeira
Diesig ist es noch immer, aber es wird heller. Wind und Welle drehen nicht wie angesagt auf Nordost und wir fahren immer noch nicht Richting Süden, dafür haben wir Kurs auf Madeira – ein Abstecher? Um die Stimmung hoch zu halten setzen wir auf comfort food – heute: (spanische) Erdbeeren mit Vanillejoghurt. Wir unterhalten uns mit Büchern, Hörbüchern, Essen, Schlafen. Alles in allem sind wir an Tag 2 etwas langsamer als an Tag 1, aber der Kurs passt dann letztlich.
Die zweite Nacht ist durchwachsen, aber wahrscheinlich etwas gemütlicher als die erste. Beeindruckende Wellenberge schieben uns voran, bis eine kleine freche Welle dann rüberhüpft und mich unter Deck ein Weilchen mit Aufwischen beschäftigt. Ab sofort bleibt die Schott geschlossen. Noch etwas mehr Klettern und Potential für blaue Flecken.
Tag 3 – Schmetterling
Wir nutzen die ersten Sonnenstrahlen um die Genua mit Spibaum zu setzen und zwar auf der anderen Seite als das Großsegel (Schmetterling), da Wind und Welle jetzt genau von hinten kommen. Sonnenstrahlen ist dabei ein Euphemismus, denn es ist immer noch diesig. Wir taumeln in den Wellen durch den Tag, dafür sind wir schnell. Am frühen Nachmittag besuchen uns winzige, pfeilschnelle Delfine. Außerdem sehen wir in der Ferne zwei andere Segelboote. Buch, Hörbuch, Spaghetti.
Durch den exzessiven Einsatz des Autopiloten, der einen ganz überragend guten Job macht, sind unsere Batterien am Limit und wir drehen den Motor zum Laden auf. Motorgebrummel und Wellengeschaukel – Edelkombi. Und kalt ist es nachts. Wir tragen lange Unterwäsche, Hose und Pulli und darüber das warme Ölzeug. Durch den kurzen Motoreinsatz haben wir dann immerhin auch heißes Wasser zum Duschen.



Tag 4 – Es geht nichts über ein gutes Frühstück
Bei Striezel und Kaffee vergessen wir rasch die anstrengende Nacht. Tagsüber ist es mit einer Lage langer Kleidung angenehm. Am Nachmittag lässt der Wind nach und wir reffen aus. Wir sind nicht mehr ganz so schnell, dafür lässt langsam, ganz ganz langsam, die Welle nach. Über das Satellitentelefon laden wir einen neuen Wetterbericht herunter: Der Wind soll jetzt so angenehm bleiben und die Ankunft in La Graciosa wäre mitten in der Nacht. Der neue Plan ist es daher gleich in den Süden von Lanzarote zu segeln und dort Montag Nachmittag anzukommen. Inzwischen perfektionieren wir es, uns selbst im Cockpit so zu vertäuen, dass wir ohne Anstrengung ein Weilchen sitzen oder liegen können. Und so verbringen wir den Tag mit dem Herr der Ringe I Hörbuch.
Die Nacht ist wieder gemischt: Während wir um Mitternacht herum bei viel Wind vermutlich Geschwindigkeitsrekorde aufstellen, wird es in der Früh fast flautig.
Tag 5 – Endspurt
Die Welle wird wieder ungemütlicher, der Wind dafür etwas mehr, sodass wir schnell bleiben. Die Sonne versteckt sich heute nicht hinter dem üblichen Dunstschleier, sondern hinter dicken Wolken. Zum Wahltag sind wir besonders österreichisch und den Wellen zum Trotz gibts zu Mittag Schwammerlsauce mit Semmelknödel – köstlich! Am Nachmittag kommt die Sonne heraus und der Wind lässt nach, sodass wir die Besegelung etwas umbauen.
Gemächlich geht es durch die Nacht. In unsere drei Schichten gehüllt erzählt Bernhard, dass es in unserer Zielmarina ein Pool gibt. Ob es am Endspurt liegt oder an der nachlassenden Welle – wir schlafen besser denn je während unserer off-duty.


Tag 6 – Land(zarote) in Sicht
Kurz vor 5 Uhr erblicke ich das erste Mal Land. Mit richtig gemütlichem Rückenwind lassen wir unsere erste Langfahrt entlang der Ostküste von Lanzarote ausklingen. Kurz vor 15 Uhr haben wir wieder festen Boden unter den Füßen. Wir organisieren noch ein paar Wartungstermine für die nächsten Tage, nehmen einen Anlegerschluck und versinken dann gegen 18 Uhr in einen traumlosen, 13-stündigen Tiefschlaf. Weil es uns hier gefällt, wir einiges abarbeiten können und Bernhard nostalgische Kindheitserinnerungen hat beschließen wir bis nächste Woche auf Lanzarote zu bleiben.


Fazit zur Fahrzeit
Wir waren schnell! Schneller als wir es zu hoffen gewagt hätten. Phasen mit richtig Wind waren immer genau so lang, dass es nicht zu anstrengen geworden ist, aber wir gut Fahrt gemacht haben. Keine Flauten. Die Welle war durchgehend nervig, aber daran gewöhnt man sich. Während wir bei dieser Investition bisher noch gezögert haben, werden wir die Servicebatterien nun definitiv tauschen. Seekrankheit war glücklicherweise gar kein Thema. Die verkürzte Schlafzeit hat uns wesentlich weniger zugesetzt als erwartet. Die Nächte waren viel kälter als gedacht, tagsüber dafür angenehm. Drei mal Delfine in 5 Tagen! Währen wir auf Lanzarote ankommen, entkommen unsere Hobbitfreunde gerade dem Dunkelwald.
-
Alea iacta est
Read
… soll Cäsar verlautbart haben, als er den Rubikon überquerte. Ganz so dramatisch ist unsere Lage hier in der riesigen Marina Rubicón in Playa Blanca im Süden von Lanzarote nicht, aber zurück wollen wir auch nicht mehr. Wenn fünf Tage Atlantik hinhauen, dann wohl auch drei Wochen. Abhängig ist das jedoch unter anderem vom Rigger, der erst am Dienstag zu uns an Bord kommen und Mast, Stagen, Wanten* etc. inspizieren wird – das ist nicht nur für unsere Sicherheit, sondern auch für die Versicherung relevant. Derzeit geht es deshalb für uns auch nicht voran und so bleiben wir einfach ein paar Tage genau da wo wir sind. Trotz der clickbait-Einleitung wird das ein recht unspektakulärer Blogbeitrag, aber besser mal zu Papier bringen bevor sich die Ereignisse am Ende wieder überschlagen…
Wir sind schon die ganze Woche im Urlaubsmodus auf Lanzarote (nein Vesselfinder steckt nicht fest, nein es ist nichts passiert). Einfach richtig urlaubig. Am Donnerstag haben wir einen Elektriker an Bord, der uns zum Umbau unseres Batteriesystems berät. Die Batterien sind jedoch auf dieser Insel nicht lagernd und die Lieferung per Schiff dauert 15 Tage – geht sich nicht aus, damit ist dieser Handlungsstrang auch vorerst schon wieder abgeschlossen.
Wir erledigen ein paar Kleinigkeiten, wie alles mit rutschfesten Unterlagen und Luftpolsterfolie auszukleiden. Das Scheppern unseres gesamten Hab und Guts war eins der nervigsten Dinge auf der Überfahrt und lässt sich so künftig hoffentlich verhindern. Bernhard baut in einem Anflug von Genialität unsere Duschbilgenpumpe** so um, dass wir sie künftig sowohl als Duschbilgenpumpe als auch als Bilgepumpe nutzen können. Schlaue Idee, schlaues System, hoffentlich bleibt alles dicht.








Alle paar Mahlzeiten gehen wir essen und lassen es uns gut gehen. Dazu gibt es hier auch viele Möglichkeiten – vom Inder, über Italiener (dafür sind wir noch nicht wieder bereit) über ein argentinisches Restaurant, in dem die Größe der Hauptspeisen einer halben Kuh entspricht, bis hin zur Haute Cuisine. Jedenfalls schieben wir eine ruhige Kugel und als Abendprogramm mal ein paar flottere, auf der nahegelegenen Bowlingbahn. Dort gibt uns der Mitarbeiter schließlich für ein Spiel die Ehre, weil wir seine letzten Gäste sind. Generell muss man zu dem kleinen Urlaubsort sagen, dass um 23 Uhr die Gehsteige hochgeklappt werden. Tagsüber gönnen wir uns eine Massage im 5-Sterne-Hotel und machen einen Ausflug in die Vulkanlandschaft. In der Bustour durch den Nationalpark Timanfaya mit hunderten Kratern und Lavastein soweit das Auge reicht lässt sich die Dimension der Ausbrüche von 1730 erahnen.









Timanfaya Nationalpark
Im Industriegebiet des Hauptorts Arrecife schaffen wir uns nach monatelangem Ringen und Überlegen zwei (unelektrische) Tretroller an. Unsere Officegänge und Chandleryerledigungen legen wir jetzt rollend zurück. Eine neue Art des Cruisinglebens. Unser erster Rollerausflug führt uns ans Ende des Wellenbrechers.


Nach dem Riggcheck planen wir einen kurzen Abstecher nach Teneriffa, bevor wir schließlich Gran Canaria erreichen werden, wo zwei Wochen lang Seminare und Feierlichkeiten im Rahmen der ARC stattfinden.
*Stagen… halten den Mast nach vorn und hinten; Wanten… halten den Mast auf beiden Seiten; gemeinsam mit dem Mast und diversen anderen Teilen heißt das dann stehendes Gut – das wird beim Riggcheck kontrolliert
**Die Bilge ist der tiefste Punkt im Schiff. Hier sammelt sich früher oder später immer Wasser – nicht nur von einem Wassereinbruch, sondern auch Regenwasser, Spritzwasser, Kondenswasser etc. Es braucht also eine Möglichkeit diesen Bereich zu lenzen, in unserem Fall ab Werft eine manuelle Pumpe, die vom Cockpit aus bedienbar ist. Die Duschbilge andererseits ist quasi die Duschtasse, aus der das Duschwasser mittels elektrischer Pumpe abgepumpt werden kann – einfach abrinnen lassen wäre ja blöd nachdem unter uns Wasser ist. Neu ist jetzt die Möglichkeit die Schläuche der elektrischen Pumpe mittels Ventilen so umzulenken, dass sowohl Dusche, als auch Bilge ohne Muskelkraft (und schneller!) abgepumpt werden können.
-
Drei Inseln
Read
Was für eine lange und abwechslungsreiche Woche. Es fühlt sich an, als hätten wir Lanzarote schon vor Wochen hinter uns gelassen, dabei sind es erst vier Tage.
Zum Wochenbeginn merken wir, dass es uns langsam reicht mit dieser Marina, diesen Restaurants, dem Steg. Unserem freundlichen, gut gelaunten Stegnachbarn Ray, der uns jeden Tag fragt ob wir schon unsere neuen Batterien haben. Wir teilen ihm dann mit, dass Valentino, der Batteriemann, wohl verschollen ist und auch die Werft ihn nicht mehr erreicht, worauf er seufzend antwortet: That’s not good – und dann links und rechts mit Nachbarn plaudernd den Steg entlangspaziert. Jeden Tag aufs neue. Lagerkoller wäre übertrieben, aber nahe dran.
Aber wir warten ja auf den Rigger, der Dienstag Vormittag mit nur einer knappen Stunde Verspätung auftaucht. Ergebnis des Riggchecks: Wir sollten mal einen ordentlichen Riggcheck machen. Herrje!! Der offizielle Prüfbericht vom Riggerboss fällt schriftlich auch nicht deutlicher aus. Eventuell sollten wir zwei etwa 10 cm lange Befestigungen austauschen. Oder doch alles? Oder nur alle Befestigungen? Wir telefonieren mit Werften auf Teneriffa und Gran Canaria. Keine klaren Ansagen. Nach Tagen schaffen wir es aber einen Fix(?)termin für Gran Canaria auszumachen, die sich alles nochmal ansehen und auch innerhalb von zwei Wochen einen kompletten Riggtausch vornehmen könnten, wenn notwendig. Ob notwendig, weiß keiner. Fürs Erste bleibt uns mal nichts übrig, als guter Dinge zu sein.
Etwas abgezockt und verwirrt haben wir jetzt erst recht einen Grund, Lanzarote rasch hinter uns zu lassen. An unserem Abschlussabend gesellen sich Vera und Josef, die ab Dienstag die Insel erkunden, zu uns. Solang man mit keiner Schiffswerft zu tun haben muss, jedenfalls ein schönes Urlaubsziel. Bei Sangria, gutem Essen und netter Gesellschaft lassen wir die Woche ausklingen um am nächsten Tag gleich wieder eine längere Etappe zu starten. Eine gute Gelegenheit uns wieder die schönen Seiten des Segelns in Erinnerung zu rufen – nämlich ziemlich alles außer mit Werften zu tun zu haben.

Die Überfahrt nach Teneriffa dauert etwas mehr als einen Tag und bietet, wie der Vortag, die gesamte Gefühlspalette. Halbwind – traumhaft! Die Wellen sind lang und hoch, schütteln uns aber nicht wie verrückt durch. Und wir sind wieder deutlich schneller als gedacht. Überraschend: Erstmals nach fast vier Monaten leiden wir unter Seekrankheit. Nicht stark, aber doch so, dass wir die guten Bedingungen nicht wirklich genießen können. Waren wir zu lange an Land? Oder doch der Sangria? Jedenfalls verbringen wir den Großteil des Tages in therapeutischer Horizontalposition. Spätestens bei der Ankunft in Santa Cruz geht es uns aber wieder gut und wir starten den oben beschriebenen Telefonmarathon mit diversen Mechanikern auf Gran Canaria.





Santa Cruz, Teneriffa
Am nächsten Tag starten wir vormittags mit dem Bus Richtung Santiago del Teide im Westen der Insel, wo wir meine Großeltern besuchen. Die Anreise per Schiff hätte uns leider zu viel Zeit gekostet, da wir allerspätestens am Dienstag schon in Gran Canaria sein müssen. Zum Abendessen gibts Schnitzel. Und zwar authentisches Schnitzel ohne Tunke, da es im Ort ein österreichisches Lokal gibt. Dazu burgenländischen Grünen Veltliner. Würde man ja sonst im Urlaub nicht machen, aber nach dieser Zeit hat das schon was. Danach wollen wir noch auf einen Absacker in die Bar des großen Hotels nebenan, was wir vor 10 Jahren schon einmal gemacht haben. Diesmal jedoch werden wir von einem Securitymann mit Schlagstock und Handschellen (beides kommt nicht zum Einsatz) hinausgeleitet. Darf man wohl nicht mehr. Dann verkrümeln wir uns eben ins Hostel und verbringen unsere insgesamt dritte Nacht der Reise an Land. Nach chillen am Pool, einem english breakfast zum Mittagessen und einem Kaffee gehts leider schon am nächsten Tag mit dem Bus wieder zwei Stunden zurück nach Santa Cruz, wo unsere Mêlée auf uns wartet.







Playa de la Arena, Santiago del Teide, Teneriffa
Nach ein paar flautigen Tagen läuft die Überfahrt nach Gran Canaria besser als erwartet – ein stabiler Am-Wind-Kurs. Lediglich der digitale Kompass scheint verwirrt zu sein, da er unseren Ostkurs als Südkurs anzeigt. Spannend, aber nicht tragisch. Viel aufregender ist, dass wir kurz nach der Abfahrt von Santa Cruz zum erstem Mal von unserem Schiff aus einen Wal sehen. Ein einsamer Pilotwal. Und zur Draufgabe begleitet uns ein paar Stunden später für ca 15 Minuten eine größere Delfinschule mit mehreren Jungtieren. Wir erreichen Las Palmas auf Gran Canaria erst nachts und dürfen noch gespannt sein, wie es hier aussieht und was die Insel zu bieten hat. Neben Reparaturen und Vorbereitungen haben jetzt zwei Wochen Zeit, die Insel zu erkunden.



-
Mit Mann & Maus, ohne Rigg & Reling
Read
Noch eine Woche bis zum Start Richtung Kap Verden. Wir waren fleißig mit unseren to-dos hier in der Marina Las Palmas auf Gran Canaria. Nach etlichen Scooterfahrten zu diversen Bootsbedarfs- und anderen Läden sind wir mit allen relevanten Bastelarbeiten fertig. Langweilig wird uns jetzt trotzdem nicht. Warum?? Weil es weiter geht mit Wäsche waschen, Proviantisieren, Seminare besuchen, Tanken etc. etc. Für die Werft gibt es allerdings noch einiges zu tun. Auf dem Plan stehen:
- Riggtausch
- Reling und Solarpaneele umbauen
- Batterien tauschen
- Motorservice
- Verwirrten Autopilot zurechtrücken
Der Riggtausch (1) lässt sich bisher zusammenfassen mit guter Start – stark nachgelassen. Warum?? Nach Durchsicht des Berichts aus Lanzarote spricht der Rigger in Las Palmas endlich Klartext – ein neues Rigg muss her. Warum?? Weil beim letzten Tausch vor acht Jahren in Italien wohl richtig schlecht gearbeitet wurde. Am nächsten Tag bekommen wir die Kosten präsentiert, am übernächsten beginnen die Arbeiten. Nach zwei Tagen Intensivarbeit folgt dann eine unangekündigte Pause, die inzwischen drei Tage andauert.
Am Dienstag stoßen Fabian und sein zweieinhalbjähriger Felix zu unserer Crew. Kind an Bord – eine Premiere. Sie haben sich aber gut vorbereitet und Felix erscheint in schicker Schwimmweste. Um es den beiden möglichst schwer zu machen, entfernen wir nicht nur zwei Relingstützen (2), sondern drehen auch auf Wunsch der Rigger das Boot um (1). Wie-rum?? 180°, mit dem Mast als Drehachse. Warum?? Sie können dadurch leichter am Vorstag arbeiten. Eine zweite Premiere, denn mit Bug Richtung Steg haben wir noch nie angelegt. In Nord- und Ostsee ein Klassiker, im Mittelmeer kaum praktiziert. Warum?? Keine Ahnung, eigentlich. Leider sollte das unsere einzige (kaum den Namen verdienende) Ausfahrt bleiben. Warum?? Weil das Rigg bis zur Abreise unserer Gäste in einem unfertigen Arbeitszustand bleibt. Das Manöver (Anlegen mit Bug Richtung Steg) läuft zwar ganz gut, das Borden ist ab jetzt aber wesentlich komplizierter und erfordert regelmäßige Kletterpartien und das Übergeben von Waren und Kindern. Warum?? Mêlée ist für diese Art des Dockings nicht ausgerüstet. Uns fehlt eine Leiter am Bug. Zu hoch, unpraktisch, mühsam.
Die Relingstützen entfernen wir, da diese in der Werkstatt für eine sinnvollere Montage der Solarpaneele (2) vorbereitet werden. Oder wie Fabian es ausdrückt: Dass die Väter dieser Welt immer was zu tun haben. Unser Mittelcockpit bewährt sich hier, da es nicht nur uns Schutz auf hoher See, sondern auch Felix beim Spielen genügend Abstand zum Wasser bietet.





Inzwischen startet das Rahmenprogramm der ARC+ und wir finden uns mit den Crews der anderen 92 (!) Boote bei gemeinsamen Sundownern und Welcome Drinks ein. Den Freitag Vormittag verbringen wir damit, Bäume in den Bergen von Gran Canaria zu pflanzen. Warum?? Nachdem einst rund 50 % der Insel bewaldet waren, liegt dieser Anteil derzeit bei nur 1 %. Eine Organisation, die schon seit Jahren mit der ARC zusammenarbeitet, bietet nun Touristen wie uns die Möglichkeit einen kleinen Beitrag zur Wiederbewaldung zu leisten. Anstrengender, aber auch lustiger als erwartet.








ARC Forest, Gran Canaria
Der Umbau unserer Batterien (3) soll am Dienstag beginnen, das Motorservice (4) hoffentlich auch nächste Woche und zum Thema Autopilot (5) wissen wir noch gar nichts, obwohl der entsprechende Techniker Partner der ARC ist. Ein bisschen Glück brauchen wir schon, dass noch alles fertig wird. Warum?? Auch wenn hier alles etwas professioneller läuft, Werften gonna be Werften…
Eine aufregende Woche jedenfalls – Umbauarbeiten mit Kind an Bord. Schwer zu sagen, welche Fraktion der größere Wirbelsturm ist. Letztlich läuft aber alles sehr entspannt. Die Arbeiter waren zuerst selbstständig superfleißig und freundlich und dann verschwunden. Fabian und Felix können sich wunderbar selbst unterhalten und versorgen, geben uns aber dann doch die Ehre auf eine große Fischplatte (Lieblingsessen von Felix) zu gehen und bekochen uns sogar an einem Abend. Im direkten Vergleich muss man aber fairerweise sagen, dass die Arbeiter ein bisschen weniger oft fragen: Warum??

-
Auf den letzten Drücker
Read
Eine spannende Vorbereitungsphase in Las Palmas liegt hinter uns. Neben den Umbauarbeiten, die (Spoileralarm!) alle auf den letzten Drücker fertig werden, besuchen wir Seminare, basteln selbst an kleinen Projekten, proviantieren (einkaufen, verstauen, einkochen) und trinken das ein oder andere Bier mit unseren Stegnachbarinnen und -nachbarn, die uns von beiden Seiten bei unseren Projekten anfeuern. Damit alle, die das hier lesen den gleichen Wissensstand haben, sei festgehalten, dass uns unsere nächste Etappe nur auf die Kapverden führt. Die tatsächliche Atlantiküberquerung startet Mitte November. Also alles easy. Die kommende Etappe wird ähnlich wie Gibraltar – Lanzarote, nur etwas länger und durch den etwas weniger angesagten Wind wohl noch etwas länger.




Proviantieren und Seminieren
Ein kurzes Update was unsere externen to-dos betrifft.
- Riggtausch
- Reling und Solarpanele umbauen
- Batterien tauschen
- Motorservice
- Verwirrten Autopilot zurechtrücken
1. Der Riggtausch ist tatsächlich zu unserer vollsten Zufriedenheit abgeschlossen. Insgesamt 6 Tage hat es gedauert, kleine Verzögerungen eingeschlossen. Doch nun glänzen die neuen Stagen mit den Wanten um die Wette. Ein gutes Gefühl, mit generalsaniertem Rigg aufzubrechen. Und mit Versicherung, denn der Riggtausch war die Bedingung dafür.
2. Die neue Konstruktion, bestehend aus einem Stück fester Reling mit 360° verstellbaren Solarpanelen, kann man als Kunstwerk bezeichnen. Sunny, der begnadete Mechaniker mit Spezialgebiet Niro-Stahl, hat uns mit seiner akribischen und feinen Arbeit wirklich beeindruckt. Seine umgebaute Relingsstütze bezeichnet er selbst unbescheiden als piece of art. Von seiner Frau, die mit ihm arbeitet, erfahren wir, dass er selbst bereits einmal alleine um die Welt gesegelt ist, mit dem Ziel, die Oper in Sidney zu sehen. Der restliche Weg von Australien nach Hause war dann nur die Heimreise. Danach wurde er sesshaft im übertragenen Sinne. Mit Kind und Frau verlässt er mit seiner modifizierten Segelyacht Bulgarien, um auf die Kanaren zu ziehen. Also nicht nur passioniert in seiner Arbeit, sondern höchst authentisch und sehr freundlich. Das Ärgerliche an dem Solarpanelprojekt ist nur, dass es eigentlich das Ausbessern der schlechten Arbeit der Werft in San Giorgio ist.
3. Wir haben erfolgreich auf eine Lithiumbatterie umgerüstet, die uns nun doppelt so lange Strom liefern soll wie die alten Bleibatterien. Gleichzeitig konnte der Elektriker einiges an Spaghetti, wie er den Kabelsalat nennt, vereinfachen und auf einen aktuellen Stand bringen. Zweiteres bedeutete aber auch, dass er deutlich mehr Arbeitszeit gebraucht hat als erwartet und wir somit in Bezug auf alle eigenen to-dos unter Deck blockiert waren, da wieder einmal tagelanges Arbeitschaos herrschte. Als uns Javier nach Tagen verlassen hat, fühlte es sich fast so an, als würden wir ein Crewmitglied verabschieden.
4. Die Yanmar-Partnerfirma, die uns versichert hatte, dass sie das Service machen, kündigte uns am letzten möglichen Tag dann an, dass sie derzeit nicht einmal auf Gran Canaria sind und es sich somit nicht ausgeht. Um die Lichtmaschine und den Keilriemen hat sich jedoch Javier gekümmert – Öl nachfüllen schaffen wir gerade noch selbst.
5. Zwei Raymarine-Techniker konnten das Problem in einer halben Stunde lösen (ein unerwartetes Systemreset, aber nichts kaputt) und das auch noch gratis im Rahmen einer Promoaktion der ARC. Am Samstag machen wir unsere erste kurze Ausfahrt seit Tagen, um die Kalibrierung abzuschließen. Im Hafenbecken drehen wir ein paar Kreise und fahren im Zickzack. Der Autopilot scheint sich nun wieder auszukennen.




Alles neu macht der November
Am Tag vor dem Start besuchen wir das Skippers Briefing, in dem die Startmodalitäten erklärt werden, wir ein ausführliches Wetterupdate erhalten und einiges über Route und Ankunft erfahren. Die ARC ist im Grunde eine freundschaftliche Regatta (Wettfahrt) – dazu ein kurzer Exkurs ohne fundiertes, einschlägiges Wissen: Regatten mit unterschiedlichen Bootstypen funktionieren über Handicaps, das heißt, jedes Schiff wird im Vorhinein bewertet. Das wichtigste Maß ist dabei die Länge der Wasserlinie, also wie viel Rumpf im Wasser ist (Länge läuft!). Weitere Faktoren wie Anzahl und Größe der Segel kommen hinzu und… lange Rede kurzer Sinn: Unser Handicap ist ganz gewaltig und wir gehen als Vorletzter gewertet ins Rennen. Also viel Luft nach oben und wir können nur gewinnen! In Wahrheit ist es für uns aber ein Rennen gegen die Zeit, denn wer vor nächstem Sonntag 17 Uhr noch nicht auf den Kapverden ist, fliegt aus der offiziellen Wertung. Eine Ankunft vor Sonntag Abend ist aber eher fraglich, Montag oder Dienstag scheint realistischer. Es wird kein Sprint, sondern ein Marathon – genau genommen 38 Marathons.
Am letzten Tag gibts für uns noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen und dazwischen bleibt sogar ein bisschen Zeit, um nervös zu werden und fein zu dinnieren. Wir haben es zwar nicht so eilig von hier wegzukommen wie zuvor von Lanzarote, aber freuen uns jetzt doch schon sehr auf ein paar friedliche Segeltage.




Festliche Stimmung in Las Palmas
Die ARC hat uns mit GPS-Trackern ausgestattet, die alle vier Stunden ein Signal senden. Hier könnt ihr uns also ab jetzt noch genauer verfolgen (gratis App erforderlich für mobile Geräte). Außerdem werden wir wieder ein bis zwei kleine Updates von hoher See auf facebook posten. Baba, bis in 7 bis 9 Tagen!

