Die kurze und auch kurzweilige Überfahrt von Faial nach Pico verbringen wir halb attraktiv segelnd, halb tuckernd mit frisch serviciertem Motor. Die Marina Lajes do Pico (ausgesprochen etwa Laschesch) erweist sich als zweischneidige Pico: Wir legen bei Hochwasser an dem instabilsten Schwimmsteg an, mit dem Mêlée jemals die Ehre hatte – die stegseitigen Klampen drohen auszureißen, alles quietscht und kracht. 6 Stunde später bei Niederwasser: Zuvor versteckte Steine und Stege steigen aus den Tiefen empor und bilden einen natürlichen Wellenbrecher gegen den heranrollenden Schwell.








Marina Laschesch do Pico, Pico
Nachdem wir am nächsten Tag an einen weiter innen liegenden Liegeplatz am Päckchen bei einem Bastlertraum von einem Boot wechseln, beschränkt sich die Hochwasserphase auf ein leichtes Wippen.





Ort Laschesch do Pico, Pico
Die Insel Pico erforschen wir per Bus. Da der Berg Pico, der namensgebende Vulkan der Insel und höchste Berg Portugals, zum einen eine hohe Wanderbereitschaft voraussetzt und zum anderen wolkenverhangen ist, verzichten wir auf dieses Spektakel. Mit den drei Buslinien können wir aber den Großteil der Insel Pico komfortabel in kurzer Zeit in Angriff nehmen. Laschesch ist klein, hübsch und einladend, Madalena hauptsächlich ein Fährdock.

Der Umstiegsort Piedade versprüht Südstaatencharme mit Harleylärm, zahnlosen Alten auf Mobility Scootern und übergewichtigen Truckern. Die USPs der Insel Pico sind Walfang und Weinbau – wir besuchen die jeweils themenbezogenen Museen und fassen unsere Erkenntnisse hier kurz zusammen (Wahrheitsgehalt annähernd 90 %):
Weinanbau:
Einst lebten auf Faial die Reichen. Diese besaßen auf Pico, der benachbarten Proleteninsel, ihre Sommersitze und Weingüter. Während die Topographie sich auf der Insel Pico zwar hervorragend für Weinanbau eignete, mangelte es leider an Erde und so brachten die Reichen den Boden einfach von Faial mit. Mit lokalem Lavagestein wurden sonnendurchlässige und äußerst komplizierte Labyrinthmauern errichtet – immer nach einem bestimmten System: Eine x Meter hohe Außenmauer, kleinere y-förmige Bereiche die wiederum durch z kleinere Muster untergliedert werden.
Darin werden bis heute – sie nennen es Weinstöcke – angepflanzt. Wir würden es eher als Weinpflänzchen bezeichnen. So entsteht der einmalige Pico-Wein mit Vulkangeschmack, der dann auf kleinen Schiffen nach Faial und von dort mit großen Schiffen in die ganze Welt transportiert wurde und wird.




Weinmuseum Madalena, Pico (nicht so traurig wie es klingt)
Walfang:
Der Walfang war auf der Proleteninsel Pico für lange Zeit ein überlebenswichtiger Zuverdienst vieler Familien. Strategisch platzierte Aussichtspunkte in den Bergen wurden genutzt, um die Waljäger auf die Spur vorbeiziehender Pottwalfamilien zu lotsen. Das System erinnert an die freiwillige Feuerwehr. Wurde ein Wal gesichtet, ertönte die Sirene und alle Whaler – vom Bürgermeister bis zum Tormann des örtlichen Fußballvereins – liefen zum Hafen und bestiegen die Boote.
Gejagt wurde auf Ruderbooten mit Gaffelsegel, bewaffnet mit Harpune und Lanzen. Nach teils stundenlangem Kampf wurde ein erlegter Wal schließlich an Land geschleppt, zerlegt und für den weiteren Gebrauch fertig gemacht. Obwohl dieses Prozedur nicht mit der kommerziellen, artengefährdenden Walfangindustrie zu vergleichen ist, fand es aufgrund der internationalen Abkommen 1987 ein Ende. Was bleibt, sind die riesigen Pottwalrampen – wir hielten sie für überdimensionierte Bootslipanlagen – in sämtlichen Häfen, und die jährlichen Regatten mit den originalen, liebevoll gepflegten Booten im Rahmen des Walfangfestivals. Und nicht zuletzt werden die Aussichtspunkte in den Bergen heutzutage genutzt, um Wale für die whalewatchenden Touristen zu erspähen.



Walfangmuseum Lajes do Pico, Pico (so traurig wie es klingt)
Unseren Erlebnissen auf Pico folgt eine starkwindige, schlechtwinkelige und schaukelige Nachtfahrt nach…. Saõ Miguel! Da sind wir wieder. Zermürbt insbesondere von den letzten 10 Stunden unter Motor, durchgehend stampfend mit zu hoher Drehzahl. Unsere neuen Segel sind mit über drei Wochen Verspätung immer noch nicht da. Den Anfang August nach Faial bestellten Ofen lassen wir umleiten nach Santa Maria. Was in zwei Wochen nicht möglich ist (wenn auch versprochen) klappt ja vielleicht innerhalb der nächsten 10 Monate. Pakete auf die Azoren zu schicken ist eine ganz besondere Herausforderung.
In dieser Stimmungslage erwartet uns zum Glück bereits am Empfangssteg ein freundliches Gesicht in Form von Roland. Nach dem obligatorischen Begrüßungs-Peter’s Gin Tonic, einem Pizzadinner und einer kurzen Nacht geht es gleich am nächsten Morgen direkt weiter Richtung Santa Maria, auf das wir uns schon besonders freuen.
Unsere derzeitige Etappe ist pure Wiedergutmachung. Konstanter Halbwind bereits seit mehreren Stunden mit einem selten dagewesenen Phänomen: Die Welle kommt aus der selben Richtung wie der Wind! Roland ist leider nicht ganz so fresh und schläft in Lee. Ich muss mich mit der Luvseite begnügen. Da kommt gerade eine ungünstig getimte Welle und mein iPhone geht über Bo-.,+ü –

