Für die Ereignisse, die sich in der thematisierten Nacht in Marsh Harbour auf Great Abaco Island abspielen, fehlen mir fast die Worte, obwohl wir uns mittlerweile als geübte Blogger bezeichnen könnten.
Leichter Südwind und Abendstimmung in der dicht beankerten Bucht – wir sind gerade fertig mit dem Abendessen. Bernhard hat uns mal wieder eine köstliche Lasagne zubereitet. Beim Wegräumen und Abwaschen beginnt es zu nieseln und wir freuen uns, dass wir uns gerade schon unter Deck eingemummelt haben. 20 Minuten später um 21:20 Uhr krängen wir. Krängen ist die Schräglage des Segelschiffs bei Halb- oder Am Windfahrt. Vor Anker passiert das üblicherweise nicht. Und doch legt es uns jetzt so schief, dass Gegenstände aus den Regalen fallen und vom Tisch rutschen. Was passiert denn hier? Ich vermute, dass wir im Sand stecken und uns eine Böe umkippen will. Dann krängen wir auf die andere Seite. Der Tiefenmesser zeigt 3,5 m – definitiv keine Grundberührung. Inzwischen Starkregen. Wir kippen wieder zurück nach backbord. Gegenstände festhaltend und einsammelnd versuchen wir selbst nicht umzufallen und herauszufinden, in welcher Lage wir uns befinden.
Über uns zieht ein Gewittersturm, wie wir ihn noch nie erlebt haben. Dichtester Regen, dass man nicht den eigenen Bug sehen kann, Blitze und 50 kn Wind – das ist der stärkste Wind, den wir in unseren bisherigen Seglerkarrieren erlebt haben. Shit. Als Sicherheitsmaßnahme drehen wir den Motor auf, dann können wir nur hoffen, dass der Anker hält und dem Funk lauschen: Anyone dragging in Marsh Harbour? Scheinbar halten alle Anker der rund 30 Mitstreiter gegen den Sturm. Da der Wind aber die ganze Nacht über um 360° und in den ersten 20 Minuten um über 180° dreht, kommt es zu Annäherungen zwischen verschiedenen Schiffen, die sich über Funk organisieren und teils mit hoher Drehzahl in oder gegen ihre Ankerketten dampfen. Am Funkgerät vernehmen wir nach einer knappen Stunde auch den aufmunternden Funkspruch: I think, this is starting to end. Unglaublicherweise sind wir aus allem fein raus: Der Anker hält, keine Schiffe und kein Flachwasser in unserem Radius. Etwa eine Stunde fürchten wir uns unter Deck mit laufendem Motor, machen Kontrollblicke durch den dichten Regen und tracken dabei einen perfekten Kreis.
Um bereit zu sein für weitere Ausbrüche dieser Art – das Wetterradar gibt mehrdeutige Informationen – richten wir uns zwei Kojen im Salon her und finden dann gegen Mitternacht, bei nur noch rund 20 kn Wind, Schlaf.




Marsh Harbour, Great Abaco Island
Die restliche Nacht verläuft jedoch ruhig und der Morgen verhöhnt uns mit spiegelglattem Wasser und leichtem Südwind. Das Gefühl dieses nächtlich einsetzenden Starkwinds begleitet uns noch eine Weile.
Am nächsten Tag sind wir aber gut beschäftigt mit Wäsche waschen, Gas füllen, Wasser um 60 $ kaufen etc. Vor unserer anstehenden 700 sm Passage nach Bermuda gönnen wir uns aber noch einen Tag Auszeit:
Im nahegelegenen Mermaid Reef, einem scheinbar künstlich angelegten Riff, treffen wir die frechsten Fische, die uns je begegnet sind. Rasch fühlen wir uns gestalkt und drehen nach einer kleinen Runde wieder um.








Mermaid Reef, Great Abaco Island
Mit Blick auf den malerischen Leuchtturm in Hope Town auf Elbow Cay verbringen wir dann einen ausgesprochen gemütlichen Abend.




vor Hope Town, Elbow Cay
Vor der tatsächlichen Abfahrt gönnen wir uns noch eine Nacht in der Harbour View Marina wieder in Marsh Harbour, was das Befüllen diverser Tanks und Verstauen diverser Utensilien um einiges erleichtert. Zum Abschluss ein Captain’s Dinner. Leichter Südwind – unsere Zeit in der Karibik beginnt zu enden.




Abschlussabend in der Harbour View Marina, Marsh Harbour
