E58 – Viel Lärm um Stinki

Starkwind, kalter Regen und ein Schwell, dass es nur so stampft, das sind unsere letzten Tage in der Marina in Nassau. Da besagter Schwell aufgrund unseres für diese Bedingungen ungünstigen Liegeplatzes die ganze Nacht ohrenbetäubend gegen den flachen Heckspiegel klatscht, übersiedeln wir für zwei Tage in die Bugkabine – eine Premiere und schön zu wissen, dass es keine Zumutung für unsere Gäste zu sein scheint. Wir verbringen viel Zeit an Land, gewöhnen uns an unsere tägliche Domino’s Pizza mit extra knusprigem Kräuter-Knoblauch-Rand und die tägliche Starbucks-Kaffee-Wifi-Kombi.

Da wir erst am nächsten Tag unsere neu befüllte Gasflasche abholen können, der Liegeplatz aber teuer und vor allem ungemütlich ist, ankern wir anschließend eine Nacht im Eastern Channel gleich vor der Marina. Es ist Freitagmorgen und wir genehmigen uns erstmals seit längerem auszuschlafen und zu entspannen. Das Highlight des verdächtig ruhigen Vormittags ist ein Amerikanischer Stechrochen, der direkt neben dem Boot aus dem Wasser springt – das können die anscheinend! 

Am Nachmittag lassen wir das Dinghi zu Wasser, um die Gasflasche abzuholen und ein paar letzte Einkäufe zu tätigen, doch unser bisher so treuer elektrischer Außenbordmotor streikt. Der Fehlermeldung E58 zufolge hat die Batterie einen ernsthaften Hardwarefehler und ist zu reparieren oder zu ersetzen… cool! Eine kurze Recherche zeigt, dass beides auf den Bahamas und insbesondere kurzfristig ein unmögliches Unterfangen ist.

noch immer Nassau

Wir wissen nicht genau, wie wir das freitags kurz vor Geschäftsschluss tatsächlich geschafft haben, aber eine knappe Stunde später stehen wir schwitzend mit einem brandneuen 3,5 PS Benzin-Zweitakt-Außenborder inklusive Sprit, einer neuen Gasflaschenfüllung und frischen Lebensmitteln an Bord der Mêlée. Noch einmal im Kanal vor Nassau ankern, das bedeutet in der Nacht aufgrund der Tidenströmung wieder die Wellen aufs Heck geklatscht bekommen. Dann heißt es wieder einmal: Nix wie weg hier! Und zwar in den Norden von Rose Island ins Snorkel Reef, das uns die Crew der Apatiki – mit der sich ein Treffen auf ein High Five im Eastern Channel beschränkt – empfohlen hat.

Das Snorkel Reef ist riesig und bietet mehrere Stunden Schnorchelspaß mit einer lebendigen Unterwasserlandschaft und den üblichen bunten Fischen. Wir genießen gleich zwei ruhige Nächte bei bestem Wetter mit Zeit für einen Strandausflug und der Gelegenheit, unser Unterwasserschiff zu reinigen. Wir schrubben und bürsten, bis der Großteil des glitschig-haarigen Bewuchses, alle Seepocken, Krabben und Muscheln entfernt sind und der Rumpf wieder kupfern glänzt – ein Knochenjob gefolgt von Muskelkater.

Snorkel Reef, Rose Island

Die nächsten beiden Wochen wollen wir zum karibischen Abschluss die nördlichen Bahamas erkunden und hoffentlich auch etwas genießen. Von Rose Island segeln wir kurzweilige sieben Stunden im Lee einer Insel- und Riffkette nach Eleuthera Island, wo wir gut geschützt ankern. Lee bedeutet in den Bahamas normalerweise trotzdem Wind, aber keine Welle. Im Verlauf des Abends beobachten wir wie rundherum dunkle Wolken aufziehen, gefolgt von Wetterleuchten und Blitzen in der Ferne. Gegen 21 Uhr zieht dann das Gewitter auch über uns drüber und es wird für kurze Zeit ruppig und regnerisch, immer begleitet von beeindruckenden Blitzen in allen Himmelsrichtungen. Auf eine dann doch ruhige Nacht folgt ein sehr ungemütlicher Morgen, da der Wind um 180° dreht. Wir flüchten in Folge weiter Richtung Norden vor die kleine Insel Russell Island, wo wir flaches, spiegelglattes Wasser vorfinden.

Current Settlement, Eleuthera Island

Als Jungfernfahrt unseres neuen Außenborders flitzen wir nach dem obligatorischen feierlichen Zündkerzenputzen in das nahe Strandrestaurant, schlürfen Cocktails und dinieren überdurchschnittlich gut, für bahamische Verhältnisse. Abgesehen von Lärm, Gestank und Benzin-Öl-Gemisch auf Haut und Haute Couture ein guter Einstand für den Motor. Stinki II stinkt nun mehr denn je.

Sandbar, Russell Island

Nach einer ruhigen Nacht und erneuter erfolgreicher Autopilotkalibrierung – diese stand seit Wochen an – lernen wir 2 sm weiter Brian Dale kennen: Ein kanadischer Seenomade, der mit Gitarre, Mikrofon und beachtlicher Soundtechnik an Bord seines über 50 Jahre alten Segelboots herumreist und die Leute mit seiner Musik begeistert. Nach persönlicher Einladung per Dinghi gibt er für uns und zwei Ankernachbarn ein kleines Privatkonzert auf seiner Farfalla. Den Abschluss des bis dahin wunderbaren Abends bildet dann Strike One des neuen Außenborders. Da er wiederholt abstirbt und der Wind aufgefrischt hat, zieht uns Brian mit seinem Dinghi nach Hause. Gilt das dann als Groupies abschleppen?

Brian Dale vor Spanish Wells, Russell Island