Der Ti-Punch, die Gitarre & das Meer

Am Vormittag unseres ersten Tags auf den British Virgin Islands fahren wir nur ein kleines Stück Richtung Süden, um auf der Insel Virgin Gorda die berühmten Baths zu besuchen. Ein Haufen gigantischer, rundgewaschener Steinbrocken auf einem malerisch weißen Sandstrand. Wir schnorcheln an Land, klettern über Felsen und folgen einem versteckten Pfad von Bucht zu Bucht. Eine wirklich wunderschöne Szenerie, mit denen uns unser Sehnsuchtsort willkommen heißt. Nachdem wir mit Jimi einen richtig guten und gut ausgestatteten Fotografen mithaben, will ich mal keine weiteren Worte verlieren: 

The Baths, Virgin Gorda

Nach diesem wunderschönen Einstand schippern wir gleich am selben Tag noch weiter an die Westspitze der Hauptinsel Tortola (was für ein piratiger Name!) in die Soper’s Hole. Unsere kommenden Tage, sowie folglich unsere gesamte Törnplanung, sollten geprägt sein von der Suche nach einer Tauchbasis, die unsere, mal wieder sehr diversen Ansprüche erfüllen kann: Jimi als professioneller Divemaster, der eh schon alles gesehen hat, Bernhard, der sich gerade wieder in der Materie einlebt und ich, die sich nach Tauchgang Nummer 1 gleich zum Open Water Diver ausbilden lassen möchte.

Soper’s Hole, Tortola

In der Hoffnung, eine schnuckelige Tauchbasis auf der westlich gelegenen Insel Jost van Dyke gefunden zu haben, brechen wir frühmorgens dorthin auf. Nach dem Ankern folgt mit der Frau im Tauchshop das wahrscheinlich mühsamste Gespräch meines Lebens: Wie Open Water Diver?? Ein Boot kann sie mir anbieten für 710 US-Dollar pro Tag. Mindestens zwei Tage wären notwendig, um den Schein abzuschließen. Wie Anfängerin? Nein, nein ich muss schon alle Voraussetzungen erfüllt haben bevor sie mich abzocken. Ob mir klar sei, dass ich ein 250 Seiten Skript zu lesen habe?? Die zwei anderen Typen mit ihren absurden Wünschen (Tauchen!?) bringen sie dann vollkommen aus dem Konzept. Als wir verwirrt von Dannen ziehen wollen, erfahren wir vom Chef noch telefonisch, dass unsere Vorstellungen an diesem Ort nicht verwirklichbar sind. Immerhin Klarheit.

Wir verbringen also den restlichen Tag damit, das Internet umzudrehen, um eine andere Schule zu finden, die einen kompletten Anfängerkurs anbietet. Nach einer Koffeinüberdosis aus dem nächstbesten Café wanken wir als zitternde Zombies in die berühmte Foxy Bar, um das Koffein mit Rumpunsch auszugleichen. Mäßig erfolgreich: Cocktails überteuert, das Personal lahm, Wifi schlecht – das Ambiente ist allerdings einmalig und der Ortswechsel war es, jedenfalls für einen Drink, wert. Und wir finden schließlich mit den Blue Water Divers in Nanny Cay auf Tortola eine Tauchschule, die mich ausbilden will und unterdessen Jimi und Bernhard mit ein paar Tauchgängen bespaßen kann. In zwei Tagen gehts los! 

Jost van Dyke

Um die Wartezeit zu überbrücken zeigt uns Jimi die Welt des Ti-Punch: Man schneide ein Stück Limette in kleine Stückchen, gebe diese gemeinsam mit einem Teelöffel Rohrzucker in ein Glas und gieße es mit braunem Rum (vorzugsweise Mount Gay) auf. So verbringen wir von nun an die eine oder andere tatenlose Stunde. 

Unsere Tauchpläne lassen noch Zeit für einen Abstecher nach Norman Island in die riesige Bucht The Bight. Hier liegt das berühmt-berüchtigte Partyschiff Willy T vor Anker – ein unwahrscheinlicher Ort. Zwei Minuten Dinghyfahrt entfernt von Mêlée werden wir in eine andere Welt gezogen. Mitten am Wasser hat man hier Wiener Gürtelflair. Wir nippen ein paar Caribs, probieren Conch Fritters, tanzen zu Musik der 2000er und Jimi und Bernhard springen schließlich vom ersten Stock des Boots ins Wasser. Der Vergleich mit Wien wirkt nach dieser Auflistung etwas weit hergeholt, das Ambiente des Willy-T trifft es aber genau. Der Rest des Abends verschwimmt zwischen Tarpons und Ti-Punches. Szenenwechsel.

Norman Island

Nachdem in der Nähe der Tauchbasis in Nanny Cay leider nicht geankert werden kann, verbringen wir früher als erwartet wieder zwei Tage in der Marina. Diese ist jedoch mit warmen Duschen, Pool, Café, Restaurant und letztendlich der Tauchschule so gut ausgestattet, dass sie ihr Geld tatsächlich wert ist. Beim Anlegen werden werde ich mit positivem Sexismus (A lady on the wheel!? I can‘t believe it!!) und nützlicher Hilfestellung vom Steg begrüßt. Wir stellen uns im Tauchshop vor und zur Abendgestaltung kocht Jimi uns einen unvergesslichen kreolischen Eintopf mit smoked herring und selbstgemachten Dumplings. Kaum zu glauben, dass ich das in Zusammenhang mit geräuchertem Fisch sage – es war köstlich! 

Nanny Cay mit smoked herring und Virgin Cocktails

Morgen beginnt meine Ausbildung zur Taucherin! Als Musterschülerin geh ich zeitig ins Bett (meine Crew nutzt auch gleich die Gelegenheit für einen ausgiebigen Schönheitsschlag). Was mich wohl erwartet? Die Schulbank drücken mit Theorie? Übungen im Marinapool? Hibbel Hibbel. Gute Nacht.