Noch beeinträchtigt vom Rumpunsch des Vortags lassen wir Dominika in unserem Kielwasser und motoren bei vollkommener Flaute gen Norden. Spiegelglattes Wasser und eine 0,0 auf der Windanzeige – ein Anblick der sich erstmals seit dem Mittelmeer darbietet. Unser Tagesziel sind die Îlets de Saintes, eine kleine Inselgruppe, die dem französischen Guadeloupe vorgelagert ist. Wir ankern vor dem Hafen und können bei Dosennudeln einen wunderbaren Sonnenuntergang genießen. Zum Glück haben wir immer einen ganzen Haufen Notfallfutter mit dabei – vorrangig für schwierige Überfahrten, nützlich aber auch bei Kater und fehlendem Lieferando.
Den nächsten Morgen verbringen wir an Land des kleinen, touristischen Ortes Terre de Haut bei einem petit dejeuner mit Galettes und Expresso. Nach Proviantieren, Strandeln und Einklarieren verlassen wir unseren Ankerplatz, um eine der anderen Saints-Inseln aufzusuchen und in unserer auserkoren Bucht dürfen wir ein Hafenkinospektakel der Extraklasse bestaunen.






Îlets de Saintes
Zunächst das Phänomen Hafenkino: Wenn jemand auf einem Boot sich ungeschickt oder unseemännisch anstellt sind die Crews aller umliegenden Boote angehalten das Szenario schamlos zu beobachten und halblaut zu kommentieren. Ein echtes Hafenkino ist es aber meiner Meinung nach nur, wenn die Crew im Mittelpunkt des Geschehens lautstark herumbrüllt. Da ich mittlerweile selbst schon an vielen dummen Situationen beteiligt war oder zumindest Verständnis für viele Lagen habe, hat das Hafenkino etwas an Reiz verloren. Die zwei Katamarane, um die es hier gehen soll, sind aber eine Liga für sich.
Als wir in die Bucht einfahren, liegen sie ankernd am Päckchen. Wir sind noch auf der Suche nach einem passenden Platz, als sie den Anker aufholen und scheinbar vergessen, dass sie noch miteinander vertäut sind. Unter lautem Knacken und Krachen stoßen die Hecks der Katamarane zusammen und die Crews lösen erst dann die verbliebene Leine. Sie fahren weiter in die Bucht und einer der Katamarane versucht dann erneut zu ankern, diesmal Bug an Bug mit einem bis dahin unbeteiligten Boot. Der Anker hält nicht, sie holen ihn wieder auf und ziehen, wenig überraschend, den Anker des armen Unbeteiligten nach oben. Alle an Bord des Kats versuchen kopfkratzend und stilecht mit Zigarre im Mund ihren Anker wieder von der fremden Kette zu befreien. Wo kam die denn her!? Die Katamarane ankern daraufhin, wieder am Päckchen, deutlich weiter außen in der Bucht und wir beobachten die Leidtragenden, wie sie noch eine halbe Stunde später keinen gut haltenden Ankerplatz mehr mehr finden. Unterdessen ankern wir uns in die beste Position in der Bucht uns fragen uns wie wir es geschafft haben, nicht Teil dieses Chaos zu werden.
Nun aber weiter nach Guadeloupe. Die Insel besteht aus zwei Hauptinseln, der kleineren Grand Terre (ja, tatsächlich) und der größeren Basse Terre, die zueinander angeordnet sind wie zwei Lungenflügel (sie selbst nennen es Schmetterling). Unser Plan sieht vor von Süden ins Brustbein, also in die Mitte der beiden Inseln zu fahren und dann entlang der Westküste nach Norden zu segeln.
Am nächsten Morgen erreichen wir nach 5 Stunden wunderbaren Segelns, inklusive einer hierorts sehr selten gebrauchten Wende und Navigation durchs Riff, Point à Pitre, die größte Stadt der Insel. Effiziente Segeltage mit einer kleinen Herausforderung machen immer noch mehr Spaß als alles andere! Von unserer ziemlich privaten Bucht aus, die vom Nachbarboot mittels Rottweiler beschützt wird, besuchen wir die Stadt. Eine herbe Enttäuschung. Alles, alles hat geschlossen um 16 Uhr, menschenleer und abgeranzt. Wir holen uns ein Eis und sind raus hier. Am nächsten Tag wird in der Stadt demonstriert, vielleicht hängt es ja damit zusammen.






Point à Pitre
Vorbei am imposanten Museum für Sklaverei und Sklavenhandel fahren wir nur ein kleines Stück Richtung Süden, wo wir eine Nacht an der Boje gegenüber der Marina verbringen. Die Marina bietet ein ganz anderes Bild. Ein eigenes schnuckeliges Dorf mit Shops und Restaurants.
Eine weitere Minietappe führt uns raus aus dem Riff vor die winzige, unbewohnte Insel Gosier – ein besonders idyllischer Sandhaufen mit Leuchtturm. Am späten Nachmittag ziehen hier die Landtouristen ab und Segelcrews machen es sich mit Sechsertragerl gemütlich. Wir spazieren die Insel einmal auf und ab, erklimmen den Leuchtturm, sammeln hübsche Korallen und entdecken unsere Zuneigung zu Einsiedlerkrebsen.









Îlet du Gosier
Diese niedlichen Miniversionen von Davy Jones müssen sich verlassene Schneckenhäuser oder Muschelschalen suchen um ihre verwundbar weichen Popos zu schützen. Zwei ihrer fünf Beinpaare sind speziell dazu ausgebildet ihre Behausung festzuhalten. Eine bestimmt Art von Einsiedlerkrebsen bildet Kollektive aus bis zu 20 Tieren, die dann wie auf einem Basar reihum ihr zu klein gewordenes Haus gegen ein größeres tauschen. Was für soziale und possierliche Krabbelviecher.






Am nächsten Morgen brechen wir bei recht viel Wind und Welle auf Richtung Westküste. Unser erstes Ziel ist die Hauptstadt Basse Terre.

Îlets de Saintes
