Wir ankern also wie geplant drei Nächte mit zahlreichen anderen Booten in der Tyrell Bay in Carriacou. Die Versorgung in den kleinen Supermärkten ist gewöhnungsbe- bis dürftig. Wir staunen über die amerikanisch anmutende Produktauswahl, die wir nur aus US-Serien kennen: Rainbow Sugar Sprinkles, Pancake Syrup, etliche verschiedene Marken Peanut Butter, Corned Beef und vieles mehr. Die Preise, besonders von importierten Markenprodukten, aber auch für Standardprodukte wie Wasser oder Gemüse sind ungewöhnlich hoch. Die Käseauswahl ist traurig – es gibt Cheddar. Immerhin, aber das ist ja wohl das mindeste, gibt es eine riesige Auswahl an Rum in verschiedenen Farben und Konzentrationen. Rum bis 70 % Alkohol und aufwärts ist für den Inlandsgebrauch üblich. Meist wird er aber auf 69 % verdünnt, um ihn im Flugzeug transportieren zu dürfen. Wir kaufen nur das Nötigste und hoffen auf bessere Versorgung drei Inseln weiter nördlich, nämlich auf Martinique, das Frankreich und damit der EU angehört.
Wir lassen die drei Tage vor Anker eher ruhig angehen und machen keine großen Sprünge, auch dank eines nicht voll funktionsfähigen linken Sprunggelenks. Wir flitzen aber viel mit dem Dingi durch die Bucht und treffen auf bekannte Boote mit bekannten Gesichtern (Polly, Zola).




Tyrell Bay, Carriacou
Dann klarieren wir aus und machen uns auf nach Martinique, eine Etappe, die unangenehm werden wird, da Wind, Welle und Strömung gegen uns laufen. Wir planen konservativ 30 Stunden für die 135 sm, doch selbst das sollte sich als überambitioniert herausstellen. Nach ein paar Stunden Amwindkurs mit gereffter Genua dreht der Wind immer ungünstiger, unter Sturmfock gegen Welle und Strömung segeln wir schließlich sehr langsam und ungemütlich Richtung Norden. Nach einer durchkämpften Nacht entscheiden wir uns für einen Zwischenstopp in Saint Lucia, um nicht erst in der Dunkelheit in Martinique einlaufen zu müssen. So verbringen wir eine Nacht vor Anker in Rodney Bay, wo wir immerhin geschützt genug liegen, um wieder dem liebgewonnenen Prozedere aus Anker werfen und Griller anheizen nachgehen zu können.





Die restliche Etappe nach Fort de France, Martiniques Hauptstadt, legen wir in 6 Stunden unter recht guten, aber böigen Bedingungen zurück und werfen erneut den Anker direkt vor dem namensgebenden Fort. Plötzlich ist alles anders, fast vertraut. Wir haben Internet dank EU-Roaming, zahlen mit Euro, die Supermärkte haben ein großes, gewohntes Sortiment und normale Preise. Brot und Käse (Emmentaler, Camembert, Brie, Frischkäse, Geheimratskäse, Edamer, Gouda etc. etc.) sind frisch und köstlich. Einziger Nachteil für uns: Es wird Französisch statt Englisch gesprochen. Der Babbel-Account wird reaktiviert, um Notfallkommunikation sicherzustellen. Bisher kommen wir aber mit Englisch sehr gut durch.






Fort de France, Martinique
Nach einer eher unruhigen ersten Nacht wird die zweite durch eine Reihe klitzekleiner Ärgernisse nochmal etwas ungemütlicher. Eskalationsstufe 1: Gelsen – zu Weihnachten. Während wir noch beschäftigt sind Abwehrmechanismen zu installieren, werden wir schon aufgefressen und versuchen unsere Stiche zu kühlen. Stufe 2: Regen. Es regnet hier ständig. Üblicherweise aber nur ganz wenig und ganz kurz. Nach der Gelsenphase beschäftigen wir uns also mit Fenster auf, Fenster zu, Fenster auf, Fenster zu. Eskalationsstufe 3: Ein vorweihnachtliches Livekonzert. Start der Musik 4:00 Uhr Früh. Bis 7:30 wird die Bucht mit dröhnenden Bässen in bemerkenswerter Lautstärke beschallt. Eigentlich ein cooles Konzert, aber was soll diese Uhrzeit!? Pünktlich zu Konzertende startet Phase 4: Die Fähre. Im 30-Minutentakt rast sie zwischen Fort de France und Trois Îlets hin und her und schüttelt uns mit ihrem Schwell durch. Nix wie raus hier. Und es ergibt sich schön, dass wir der Fähre an ihr Ziel folgen.
Da die Marinas über Weihnachten ziemlich ausgebucht sind, ist es ein Glücksgriff, dass wir kurzfristig in der kleinen Marina Trois Îlets (um welche drei Inseln es sich bei diesem Namen handeln soll bleibt ungeklärt) 3 sm südlich von Fort de France ein Plätzchen für drei Tage bekommen. Ein verstecktes und außergewöhnlich windgeschütztes Plätzchen mit guter touristischer Infrastruktur.





Trois Îlets, Martinique
Am Abend des 24. Dezember drehen wir frevelhaft im Hafen unser Ankerlicht auf, um unseren lang erwarteten Gästen mit Kevin vong Bethlehem den Weg zu leuchten. Wir begrüßen Andi und Benni zum nunmehr dritten Mal auf der Mêlée – stilecht mit Rumpunsch am Steg. Bei einem gemeinsamen Weihnachtsessen bei 25°C dürfen wir uns im Cockpit unserer dekorierten und beleuchteten Mêlée über allerhand Grüße von Daheim freuen.




Da der Wind bis Jahresende nicht wirklich nachlassen soll, planen wir zu viert noch eine Weile Martinique zu erkunden.

Wir sind mobile Palmen.
