Halbzeit

Tag 8

Zur Feier der Halbzeit (bzw. Halbstrecke) haben wir ein besonderes Schmankerl – hier unser Exklusivinterview zum Nachlesen:

Pia, Bernhard – Danke dass ihr mich heute an Bord willkommen heißt! Wie geht es euch?

B: Gut *schaut fad*

P: Gut. *umklammert ihre Knie und wippt vor und zurück, in völlig anderem Takt als die Wellen es vorgeben*

Na das klingt doch gut! Mal eine leichte Einstiegsfrage: Was ist euer Lieblingsessen an Bord?

P: Grillgemüse mit saftig frischem Brot; Kuchen

B: Segelspaghetti – Pasta mit einer halben Flasche Olivenöl, Knoblauch, Zucchini & Kapern

Das klingt ja köstlich! Und welches ist euer liebster Gegenstand an Bord?

P: Der Genuabaumniederholer *winscht ihn zum zweiten mal seit Beginn des Gesprächs nach*

B: Die Cockpitpölster *steckt sich die Erbse, die er gerade unter zwei Lagen Pölstern gefunden hat in den Mund*

Äh.. ok… Womit beschäftigt ihr euch denn den lieben langen Tag hauptsächlich an Bord?

B: Ausreffen! Und der Bordbatterie beim Laden zuschauen *öffnet unwillkürlich die App auf seinem Handy*

P: Einreffen und Existenzkrisen *eine stumme Träne rinnt die Wange hinab*

Was für ein spannender und abwechslungsreicher Alltag! Und was denkt ihr – welche besonderen Talente könnt ihr ins Bordleben einbringen?

B: Tote Fische von Deck entfernen und fad schauen bei jedem Wetter

P: Hungergetriebenes Kochen bei jedem Seegang und Zerstören von Unterhaltungselektronik *lacht*

Alles klar, darf ich hier mein Aufnahmeequipment ein Stückchen zu Seite schieben? Glaub da ist die Soundqualität besser. Danke. Nun, worauf könntet ihr denn gut und gerne verzichten?

P: Wellen von der Seite, Wind über 20 kn und Wale – letzteres haben wir auf dieser Etappe bisher erfolgreich vermieden

B: Duftenden, frisch gebrühten Kaffee aus der Kanne direkt auf den Salonboden verteilen und natürlich die scheppernden Geräusche den ganzen Tag

Was habt ihr in der letzten Woche dazugelernt?

P: Aufkommende Übelkeit in 5 Minuten zu überwinden und dann mittagessen

B: Mich klein zusammenzurollen *streckt sich hingebungsvoll*

Beeindruckend! Was sagt ihr zu dem unbeschreiblich klaren Sternenhimmel?

P: Ja, sind eh ganz schön viele Sterne.

B: *blinzelt zum Himmel und fühlt sich scheinbar vom Nachthimmel geblendet*

Jaaa, also eine Woche ist geschafft! Gratulation dazu. Was wollt ihr in Woche 2 auf See denn anders machen?

B: Die Kaffeemaschine besser am Herd fixieren

P: Weniger Wind haben

Und zum Abschluss: Habt ihr vielleicht etwas, was ihr unseren Leser:innen gerne mitgeben wollt?

P: Glaub nie einer Wettervorgersage, die du nicht selbst gefälscht hast.

B: Unsere Müllsäcke. Bitte

Wunderbar, danke für das Gespräch! 

Tag 9

Vor uns liegen nun weniger als 1.000 sm. Der Wind hat abgeflaut, so sehr, dass es teils sogar zu wenig ist. In der ganz mühsamen letzten Nacht hatten wir zwischen 7 und 24 kn und stark drehende Richtungen. Damit uns nicht fad wird. Der Seegang ist nach wie vor eine Farce.

Spannend für uns ist, dass wir mitten am Ozean täglich einzelne Vögel sehen – hübsche, weiße mit papageienartigem Schnabel und langem, antennenförmigem Schweifgefieder. Einer davon hat sogar einen Grußschrei ausgestoßen als er nah an uns vorbeigeflogen ist. Vorsicht mit dem Windgenerator, gefiederter Freund. Hobbyornithologin Barbara hat uns verraten, dass es Weißschwanz-Tropikvögel sind. Außerdem sind weite Teile der Meeresoberfläche unserer Route mit grünlichen, runden Büscheln von ca. 20 cm Durchmesser bedeckt, die zumeist in Bahnen auftreten. Was das genau ist, haben wir bisher nicht herausgefunden.

Tag 10

Wir haben Brot gebacken! Die Not, bedingt durch zwei geschimmelte Packungen Toastbrot, treibt uns dazu, diesen lange vor uns hergeschobenen Schritt endlich zu gehen. Wir sind also den Tag über damit beschäftigt Teig zu kneten und das Cockpit mit Mehl zu bestäuben um dann abends zwei frische, durchaus gelungene Leib Weißbrot aus dem Gasofen zu ziehen. Das Glück ist uns hold an diesem ersten Adventsonntag und die Welle beruhigt sich so sehr, dass wir zum ersten mal einen Tisch benutzen können und das Brot feierlich mit Ziegenkäse und Trüffelcreme verschmausen. Man gönnt sich ja sonst nix. 

Nach einer erstmals ruhigen Nacht finden wir am nächsten Tag einen fliegenden Fisch im Salon. Er musste 1,5 m hoch und 1 m weit springen um dann durch die Luke von 10 mal 30 cm um seinen Sterbeort zu erreichen. Zum Lohn verendet er auf Mahagoni, statt auf Teak. 

Gerade läuft alles ganz gut und wir atmen vorsichtig auf. Vor uns noch etwas über 800 Seemeilen, die wir gemäß den Vorhersagen langsamer, aber entspannter als bisher zurücklegen werden. 

Tag 11

Auch das nächste Mittagessen können wir zu Tisch genießen. Und wenn man gerade anfängt vom full english breakfast zu träumen – zack: Squalls. Diese isolierten Schlechtwetterzellen sind ein bekanntes Wetterphänomen am Atlantik. Sie schleichen sich von rechts hinten heran und bringen starken Wind und Regen. Uns erwischen zwar nur zwei kleine Squalls (28 kn und Nieselregen) und doch halten sie uns mit ihren Winddrehern und Böen die Nacht über beschäftigt. Die letzten Tage ist es generell schwierig den richtigen Kurs zu halten. In Kombination mit der Welle können wir unseren Schmetterling (Großsegel auf der anderen Seite als Vorsegel) nicht direkt vor dem Wind, sondern etwa 20° dazu fahren, was mindestens eine Halse am Tag bedingt. Der Anflug von atlantischer Idylle der beiden letzten Tage wird allerdings wieder unter Wellenbergen begraben. Vor uns noch ein Drittel der Strecke.