Eine spannende Vorbereitungsphase in Las Palmas liegt hinter uns. Neben den Umbauarbeiten, die (Spoileralarm!) alle auf den letzten Drücker fertig werden, besuchen wir Seminare, basteln selbst an kleinen Projekten, proviantieren (einkaufen, verstauen, einkochen) und trinken das ein oder andere Bier mit unseren Stegnachbarinnen und -nachbarn, die uns von beiden Seiten bei unseren Projekten anfeuern. Damit alle, die das hier lesen den gleichen Wissensstand haben, sei festgehalten, dass uns unsere nächste Etappe nur auf die Kapverden führt. Die tatsächliche Atlantiküberquerung startet Mitte November. Also alles easy. Die kommende Etappe wird ähnlich wie Gibraltar – Lanzarote, nur etwas länger und durch den etwas weniger angesagten Wind wohl noch etwas länger.




Proviantieren und Seminieren
Ein kurzes Update was unsere externen to-dos betrifft.
- Riggtausch
- Reling und Solarpanele umbauen
- Batterien tauschen
- Motorservice
- Verwirrten Autopilot zurechtrücken
1. Der Riggtausch ist tatsächlich zu unserer vollsten Zufriedenheit abgeschlossen. Insgesamt 6 Tage hat es gedauert, kleine Verzögerungen eingeschlossen. Doch nun glänzen die neuen Stagen mit den Wanten um die Wette. Ein gutes Gefühl, mit generalsaniertem Rigg aufzubrechen. Und mit Versicherung, denn der Riggtausch war die Bedingung dafür.
2. Die neue Konstruktion, bestehend aus einem Stück fester Reling mit 360° verstellbaren Solarpanelen, kann man als Kunstwerk bezeichnen. Sunny, der begnadete Mechaniker mit Spezialgebiet Niro-Stahl, hat uns mit seiner akribischen und feinen Arbeit wirklich beeindruckt. Seine umgebaute Relingsstütze bezeichnet er selbst unbescheiden als piece of art. Von seiner Frau, die mit ihm arbeitet, erfahren wir, dass er selbst bereits einmal alleine um die Welt gesegelt ist, mit dem Ziel, die Oper in Sidney zu sehen. Der restliche Weg von Australien nach Hause war dann nur die Heimreise. Danach wurde er sesshaft im übertragenen Sinne. Mit Kind und Frau verlässt er mit seiner modifizierten Segelyacht Bulgarien, um auf die Kanaren zu ziehen. Also nicht nur passioniert in seiner Arbeit, sondern höchst authentisch und sehr freundlich. Das Ärgerliche an dem Solarpanelprojekt ist nur, dass es eigentlich das Ausbessern der schlechten Arbeit der Werft in San Giorgio ist.
3. Wir haben erfolgreich auf eine Lithiumbatterie umgerüstet, die uns nun doppelt so lange Strom liefern soll wie die alten Bleibatterien. Gleichzeitig konnte der Elektriker einiges an Spaghetti, wie er den Kabelsalat nennt, vereinfachen und auf einen aktuellen Stand bringen. Zweiteres bedeutete aber auch, dass er deutlich mehr Arbeitszeit gebraucht hat als erwartet und wir somit in Bezug auf alle eigenen to-dos unter Deck blockiert waren, da wieder einmal tagelanges Arbeitschaos herrschte. Als uns Javier nach Tagen verlassen hat, fühlte es sich fast so an, als würden wir ein Crewmitglied verabschieden.
4. Die Yanmar-Partnerfirma, die uns versichert hatte, dass sie das Service machen, kündigte uns am letzten möglichen Tag dann an, dass sie derzeit nicht einmal auf Gran Canaria sind und es sich somit nicht ausgeht. Um die Lichtmaschine und den Keilriemen hat sich jedoch Javier gekümmert – Öl nachfüllen schaffen wir gerade noch selbst.
5. Zwei Raymarine-Techniker konnten das Problem in einer halben Stunde lösen (ein unerwartetes Systemreset, aber nichts kaputt) und das auch noch gratis im Rahmen einer Promoaktion der ARC. Am Samstag machen wir unsere erste kurze Ausfahrt seit Tagen, um die Kalibrierung abzuschließen. Im Hafenbecken drehen wir ein paar Kreise und fahren im Zickzack. Der Autopilot scheint sich nun wieder auszukennen.




Alles neu macht der November
Am Tag vor dem Start besuchen wir das Skippers Briefing, in dem die Startmodalitäten erklärt werden, wir ein ausführliches Wetterupdate erhalten und einiges über Route und Ankunft erfahren. Die ARC ist im Grunde eine freundschaftliche Regatta (Wettfahrt) – dazu ein kurzer Exkurs ohne fundiertes, einschlägiges Wissen: Regatten mit unterschiedlichen Bootstypen funktionieren über Handicaps, das heißt, jedes Schiff wird im Vorhinein bewertet. Das wichtigste Maß ist dabei die Länge der Wasserlinie, also wie viel Rumpf im Wasser ist (Länge läuft!). Weitere Faktoren wie Anzahl und Größe der Segel kommen hinzu und… lange Rede kurzer Sinn: Unser Handicap ist ganz gewaltig und wir gehen als Vorletzter gewertet ins Rennen. Also viel Luft nach oben und wir können nur gewinnen! In Wahrheit ist es für uns aber ein Rennen gegen die Zeit, denn wer vor nächstem Sonntag 17 Uhr noch nicht auf den Kapverden ist, fliegt aus der offiziellen Wertung. Eine Ankunft vor Sonntag Abend ist aber eher fraglich, Montag oder Dienstag scheint realistischer. Es wird kein Sprint, sondern ein Marathon – genau genommen 38 Marathons.
Am letzten Tag gibts für uns noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen und dazwischen bleibt sogar ein bisschen Zeit, um nervös zu werden und fein zu dinnieren. Wir haben es zwar nicht so eilig von hier wegzukommen wie zuvor von Lanzarote, aber freuen uns jetzt doch schon sehr auf ein paar friedliche Segeltage.




Festliche Stimmung in Las Palmas
Die ARC hat uns mit GPS-Trackern ausgestattet, die alle vier Stunden ein Signal senden. Hier könnt ihr uns also ab jetzt noch genauer verfolgen (gratis App erforderlich für mobile Geräte). Außerdem werden wir wieder ein bis zwei kleine Updates von hoher See auf facebook posten. Baba, bis in 7 bis 9 Tagen!
