Zurück nach Italien! Um uns herum verdichten sich die dicken, dunklen Gewitterwolken, als wir die Zollmole in Umag verlassen. Ein paar Regentropfen bekommen wir schon ab, aber Wind soll erst in ein paar Stunden kommen. Aber wie oft richtet sich der Wind schon exakt nach der Vorhersage?
Eine halbe Stunde später: Mit minimaler Besegelung kämpfen wir uns bei Platzregen, schlechter Sicht und Gegenwind über den Golf von Triest. Richtig unschön wird es, als Wasser nicht nur in unsere Stiefel gelangt, sondern auch ins Schiff. Die Ableitungen, der seit vielen Jahren defekten Klimaanlage, verstopfen und über die Lüftungsschlitze kommt schwallartig Regenwasser ins Innere. Auch wenn wir das Problem rasch in den Griff bekommen ist das ein Bild, das man keinesfalls sehen möchte.

Halb erfroren und durchnässt erreichen wir etwa vier Stunden später die Dalbenstraße vor der Hafeneinfahrt von Grado, als uns ein Boot auffällt: Sie setzen die Genua und bergen sie sogleich wieder, ziehen Kreise zwischen den Dalben. Wir kommen näher und sie rufen uns wegen eines Motorschadens um Hilfe. Nach kurzem Zögern, aufgrund unseres verhältnismäßig leistungsschwachen Motors, bauen wir einen Hahnepot und schleppen die Yacht Pilgrim, eine wirklich hübsche X-442 mit deutscher Crew, langsam durch die Dalbenstraße.

Später erfahren wir, dass die italienische Küstenwache zwar verständigt wurde, dort aber leider niemand deutsch oder englisch spricht. Ich rufe der Crew der Pilgrim über zwei Bootslängen durch den Wind meine Telefonnummer zu und wir besprechen telefonisch einen Ort und ein Anlegemanöver, das wir ein Weilchen später ganz sauber ausführen: Die Pilgrim legt seitlich an einer alten Mole kurz vor Grado an. Eine spontane Einladung zum Essen lehnen wir dankend, weil immer noch durchnässt, ab. Für uns gehts unmittelbar weiter durch die ziemlich beeindruckende, versteckte Einfahrt des Stadthafens von Grado, wo wir uns endlich mit einer heißen Dusche, Tee und Rum aufwärmen dürfen.
Am nächsten Tag legt die Pilgrim mit notdürftig geflicktem Motor (separater Kanister mit externer Dieselleitung) direkt neben uns im sonst ausgestorbenen Stadthafen an. Die ausgesprochen freundliche und dankbare Crew, bestehend aus Dietmar, Günter und Klaus, lädt uns nun erneut zum Abendessen auf ihr Schiff ein. Diesmal nehmen wir an – und würden es nicht bereuen.

Ein paar Stunden später werden alle unsere Erwartungen weit übertroffen: Die Herren des Düsseldorfer Yachtclubs sind absolute Gourmets und fantastische Köche. Es wird uns nach dem Anstoßen auf die Ereignisse der letzten Tage ein viergängiges Menüs serviert. Zu jedem Gericht gib es Hintergrundinfos (z.B.: Dieser Mozzarella ist aus einem Spezialitätenladen in einem kleinen Ort am Gardasee, die Tomate dazu wurde aus 20 Sorten sorgfältig ausgewählt, um möglichst gut mit dem Käse zu harmonieren…) und natürlich jeweils einen dazu passenden Wein. Nach einem Safranrisotto gipfelt das Menü in einer mehrstündig geschmorten zarten Entenbrust. Diese ist nicht nur köstlich, sondern hat den praktischen Nebeneffekt, dass es bei herbstlichem Borawetter im Inneren der Pilgrim wohlig warm ist.

Wir tauschen Seemannsgarn und Lebensgeschichten aus, wobei die Odyssee der Pilgrim, mit ihrem eigenwilligen Motor, eine eigene Erzählung wert wäre – aber das ist schließlich nicht unsere Geschichte. Wohl genährt und gewärmt sind wir gespannt auf den nächsten Tag, an dem das Auskranen in San Giorgio di Nogaro geplant ist.

