Bei vorherrschender Bora 120 sm die Adria zu überqueren (von Brindisi nach Kroatien) würde man nicht als die beste Idee bezeichnen. Doch die Hoffnung auf Wetterbesserung besteht, zumindest bei mir. Den stürmischen Tag nutzen wir zum Sightseeing bei Sonnenschein in Brindisi: Unweit der Marina erkunden wir eine Festung aus dem
16. Jahrhundert sowie ein stillgelegtes Lazarett. Burgi hat nach einem Tag Abwettern keine Hoffnung mehr auf Wetterbesserung, weshalb sie uns verlässt und nach Hause fliegt.

Ich jedenfalls will mir die Möglichkeit der spontanen Adriaüberquerung offenhalten, dazu heißt es Ausklarieren– eine Premiere für uns. Es war jedoch utopisch zu denken, dass bei der immigration & border police, der dafür zuständigen Behörde, jemand englisch spricht – es ist also nicht möglich mit einem Beamten am Telefon zu kommunizieren. Somit folgt der Gang ins Marinabüro, wo mir eine Mitarbeiterin versichert, die border police zu verständigen um die Formalitäten vor dem Ablegen direkt am Steg zu erledigen, wie es in Italien üblich sei. Zwei Stunden später noch keine Spur von den Carabinieri, auf Nachfrage im Büro erfahren wir: Ja, sie würden zu uns an den Steg kommen, allerdings erst kurz vor unserer geplanten Abfahrt gegen Mitternacht. Wunderbar.

Weitere 5 Stunden später: Der Wind ist eher stärker geworden, es herrscht Bora-Stimmung mit klassischer Soundkulisse. Erkenntnis: Wir werden heute nicht mehr losfahren, haben den Liegeplatz ohnehin bereits für zwei Nächte bezahlt. Denkt sich wohl auch die border police, denn keine Spur von dieser. Gute Nacht.

Die Hoffnung auf den Besuch der border police am Steg aufgegeben, legen wir am nächsten Morgen ab und fahren 15 Minuten zur Stadtmole, wo sich ihr Büro befindet. Die Öffnungszeiten konnten wir im Vorfeld nicht in Erfahrung bringen. Bei der capitaneria, dem ersten Gebäude an der Mole, empfangen mich mehrere nautisch-uniformierte Damen und Herren, schauen sich unsere Papiere an, fragen nach der Flagge des Bootes, dem letzten Hafen, der geplanten Route… um dann festzustellen, dass sie nicht zuständig sind. Ich soll doch in das Zollgebäude 100 m weiter gehen – das Büro öffnet aber erst am späten Vormittag… Spätestens jetzt fühlt es sich an wie die Suche nach Passierschein A38.

Obwohl Pia und Franz schon ihre Meinung gefestigt haben, nach Bari zu fahren und die Überfahrt nach Kroatien um drei Wochen zu verschieben, will ich nicht aufgeben. Dann warten wir eben noch zwei Stunden bis das Zollbüro öffnet und gehen in der Zwischenzeit auf einen Kaffee in der Stadt. Franz begibt sich anschließend gleich zurück aufs Boot, Pia und ich gehen noch einkaufen.

10 Minuten später ein Anruf von Franz, wir mögen doch so schnell wie möglich zurück zum Boot kommen (rennen), es gäbe Probleme. Die Situation, die sich uns dort offenbart, ist durchaus spektakulär. Dutzende uniformierte Militärs auf der Straße, coast guards die auf Franz einreden und wildes Treiben in der Hafenbucht: militärische Schlauchboote mit Soldaten und schweren MGs, zwei Kampfhubschrauber kreisen über dem Hafen, zwei schwimmende Panzer düsen vorbei. Haben wir etwa falsch geparkt und ist das die übliche Reaktion darauf? Nein, es handelt sich wohl um eine Übung, und man befiehlt uns sofort abzulegen. Sofort? Nein – Alles auf Standby, und auf das Zeichen des coast guards sollen wir losfahren. Das Zeichen erfolgt…

…fünf Sekunden später. Vollgas in die Vorspring eindampfen und schnell weg hier. Die Helikopter und ein Schlauchboot begleiten uns noch 10 Minuten aus der Bucht, Hollywood-anmutend lehnen Soldaten aus den Hubschraubern. Falls das Ziel war, uns Angst zu machen, so hat es funktioniert. Da wir nun immer noch nicht ausklariert haben, stellt sich die Frage des Fahrtzieles nicht mehr: Brindisi wollte uns wohl so schnell wie möglich loswerden – Italien aber wollte uns nicht gehen lassen. Auf nach Bari.

Auf dem Weg dahin sollten wir noch eine erschreckende nächtliche Begegnung machen, aber doch noch ein versöhnliches Ende dieser Etappe erleben.
