Der letzte Chartertörn ist gleichzeitig die erste Bootsbesichtigung. Nachdem uns unsere bis dato erste Wahl, eine Bavaria 38 Ocean, vor der Nase weggeschnappt wurde, starten wir nach ein paar schönen Urlaubstagen zwischen Pula und Zadar eine Besichtigungstour: Eine Bavaria Lagoon 39 in Izola (für Bernhard zu niedrig, zu schlechter Zustand), eine Sunbeam 40 in Fano (baugleich, aber zu schlechter Zustand) und zuletzt unsere Mêlée (damals noch Lady Laura) in Genua.


Der italienische Makler schickt uns einen Bekannten als Vertretung, um uns das Schiff zu zeigen. Auf unsere diversen Fragen zur technischen Ausstattung und Vorgeschichte des Boots antwortet dieser fröhlich lachend: I don’t know.
Einige Fragen lassen sich dann doch telefonisch mit dem eigentlichen Makler klären und so unterschreiben wir nach einer 12-stündigen Autofahrt zurück nach Wien gleich am nächsten Tag einen Vorvertrag. Sehr aufregend!

Ein Monat später befinden wir uns wieder in Genua und treffen uns auf genuesische Focaccia mit unserem italientisch-deutschen Gutachter Olaf. Er ist ein Segen: Ein absoluter Profi und die optimale Schnittstelle zwischen uns und den italienischen Verkäufern. Nachdem er das Boot bei 38°C Außentemperatur detailliert untersucht, drückt er den Kaufpreis für uns um ziemlich genau sein Honorar. Für uns war von Anfang an klar – nicht ohne Gutachten, und die Entscheidung war goldrichtig.

Nach dem Gutachten ist vor dem Kauf und hier kommt es zum nächsten Mikroabenteuer – das italienische Behördenwesen. Man kann in Italien – wohl nicht nur als Ausländer – nicht direkt mit Behörden kommunizieren. Dafür gibt es eigene Agenturen, die das übernehmen und sich dafür ganz anständig bezahlen lassen – immerhin Arbeitsplatzbeschaffung. Wir stürzen uns also mit unserer überteuerten Agentur Hals über Kopf in den Kaufprozess und erhalten Einblicke in die italienische Bürokratie.
Dazu ein Beispiel: Nach der Abmeldung des Schiffs in Italien durch den italienischen Verkäufer ist eine gesetzliche Wartezeit von vier Wochen vorgeschrieben, um eventuellen Krediten, Schulden etc., die auf dem Schiff liegen, nachzugehen. Klingt soweit noch einigermaßen vernünftig. Will man aber nicht vier Wochen warten, so kann man diese Frist auch mit einer Pönalzahlung umgehen. Bei der Logik müssen sogar unsere italienischen Makler schmunzeln.

Nachdem von Seiten des italienischen Verkäufers alles erledigt ist beginnt der ganze Spaß noch einmal als Anmeldeprozess in Österreich, wobei uns die Wiener Behörden auf einmal sehr transparent und kooperativ vorkommen. Und, ja, es gibt eine Seefahrtsbehörde in Wien.
Mit der Ausstellung des Seebriefes am 9. August 2021 dürfen wir uns also Bootseigner nennen.
